In: Hardhöhenkurier 2011

 

Peter Heinze: Bundeswehr „erobert“ Deutschlands Osten – ein ostdeutscher Reporter im Einsatz, Miles-Verlag Berlin 2010, ISBN 978-3-937885-32-2, 292 Seiten.

Ein ehemals ostdeutscher Journalist hat seine Eindrücke und Berichte über die entstehende Bundeswehr in den neuen Bundesländern zusammengefasst. Dabei beschreibt er die sich schon vor der Wende schrittweise abzeichnende Entspannung, die Lage der Streitkräfte im Zeitraum vor und nach der Einigung, die Entstehung von Bundeswehr-Strukturen in den neuen Bundesländern, Auflösung der NVA und Bundeswehrreform Anfang der neunziger Jahre. Abzug und Reduzierung der Westalliierten und Westgruppe der Truppen, Veränderungen in beiden Teilen Berlins im Bereich militärischer Aspekte, Wehrpflichtige aus den neuen Bundesländern, Konversion und anderes mehr finden in insgesamt zwölf Abschnitten Erwähnung.

Mit seinem Werk ergänzt der Autor bereits veröffentlichte Berichte über die Anfänge und Ausgangslage der Armee der Einheit um das Jahr 1990. Dabei führt er zahlreiche interessante Facetten und Tatbestände auf, die heute nach rund zwanzig Jahren nur noch den älteren unter den Soldaten und Beamten erinnerlich sind und in Vergessenheit zu geraten drohen. Ein lesenswertes Buch der neuen deutschen Militärgeschichte, dem ein breiter Leserkreis zu wünschen ist.

In: Innere Führung 2/2011

 

Auf fast 300 hochinteressanten Seiten, illustriert mit 32 Fotos, beschreibt der Autor Peter Heinze seine Erlebnisse in und um die Bundeswehr in den neuen Bundesländern seit dem Tag der Wiedervereinigung.

 

Als ehemaliger Berichterstatter über die NVA für die Nachrichtenagentur ADN und später als freier Journalist gerät er dabei oftmals ins Staunen: Jeder zweite Offizier der Bundeswehr diente zunächst als Rekrut; an Wochenenden sind die Kasernen leer. Beim Essen sieht er keine Klassenunterschiede. Das war bei der NVA ganz anders: Aluessbesteck für Wehrpflichtige, in allen Einheiten 85 Prozent Anwesenheit an den Wochenenden und „null Bock“ nach der Wehrpflicht länger zu dienen. In elf Kapiteln hat Heinze in Artikeln, Berichten und Reportagen eine Fülle von wissenswerten, bislang unbekannten Einzelheiten zum Zusammenwachsen Deutschlands und zur Rolle der Bundeswehr in diesem Prozess in Schlaglichtern, Anekdoten und Erfahrungsberichten zusammengetragen.

Dabei hat der Autor in den Jahren nach der Wiedervereinigung vor Ort mit Soldaten aller Dienstgrade, Politikern und anderen Menschen im Umfeld der Bundeswehr gesprochen. Der Bogen spannt sich von der Situation in der NVA in den Jahren vor 1990 über die, wie es der Autor nennt, „gesamtdeutschen Streitkräfte ohne feindliche Übernahme“ und die gravierenden Strukturveränderungen innerhalb der Bundeswehr in den neuen Ländern, bis hin zum Abzug der Truppen des Warschauer Paktes von deutschem Boden, der wohl größten Militärbewegung im Nachkriegs-Europa.

Die Bilanz des Autors lautet: Aus ehemaligen Gegnern wurden Kameraden. Die neuen Soldaten in NATO-oliv lernen mit der Inneren Führung den Geist der Parlamentsarmee kennen. Die Angehörigen der nun gesamtdeutschen Bundeswehr genossen im Osten Deutschlands schon lange vor ihrem Einsatz beim Oder-Hochwasser 1997 hohes Ansehen. Peter Heinze trifft die Atmosphäre und die Stimmung in den Streitkräften in der spannenden Epoche nach der Wiedervereinigung wirklich vortrefflich.

In: Jahrbuch Innere Führung 2011

 

Hans-Joachim Reeb

Peter Heinze: Bundeswehr „erobert“ Deutschlands Osten. Ein ostdeutscher Reporter im Einsatz. Carola Hartmann Miles-Verlag: Berlin 2010. 292 Seiten. ISBN 978-3-937885-32-2

 

Die aktuellen Debatten um die Bundeswehr thematisieren die eingeleitete Neugestaltung aufgrund der sicherheitspolitischen Veränderungen und finanziellen Möglichkeiten sowie den Wandel im soldatischen Handeln durch die Auslandseinsätze in den Konfliktregionen. Ein wichtiger Meilenstein der über 50 Jahre alten Geschichte der Bundeswehr tritt dabei in der öffentlichen und internen Wahrnehmung zunehmend in den Hintergrund. Die Auflösung der Nationalen Volksarmee (NVA) und die Stationierung von Verbänden der Bundeswehr in den neuen Bundesländern ist heute genauso eine Normalität wie die Aufnahme junger Frauen und Männer aus diesen Landesteilen als nicht erwähnenswerte Selbstverständlichkeit angesehen wird. Durch die große Anzahl von Zeitsoldaten und Wehrdienstleistenden wird auch die Gruppe der „Längerdiener“ kleiner, die den Prozess der Wiedervereinigung und seine Konsequenzen für das deutsche Militär aus eigener Anschauung erlebt haben und diese Eindrücke in Gesprächen weitergeben können.

Daher sind Erinnerungsberichte, neben den nach historischen Methoden systematisch erarbeiteten Studien der Zeitgeschichte, eine wertvolle Quelle, um die damalige Zeit des Aufbaus von Streitkräften und ihre politische Relevanz für die Wiedervereinigung zu verstehen. Peter Heinze liefert einen bedeutsamen Beitrag hierzu bei. Als Journalist der DDR-Nachrichtenagentur ADN (Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst), die nach der Wende privatisiert wurde, gehörte die Militärpolitik zu seinem Aufgabengebiet. Wie kaum ein zweiter Beobachter konnte er, mit seinem Fachwissen ausgestattet, die Übergänge von alter NVA, Bundeswehrkommando Ost und Aufbau der heutigen Bundeswehrstrukturen registrieren und einordnen. Dazu liegen von Heinze präzise, häufig ins Detail gehende Beschreibungen vor, die er in einen Gesamtzusammenhang stellt. Besonders erfreulich ist die korrekte Verwendung der militärtypischen Bezeichnungen und Abkürzungen von Dienstgraden, Dienststellen und Waffensystemen. Hierin unterscheidet sich der Sachkenner Heinze von vielen anderen Journalisten.

Das Werk bietet als Erinnerungsbericht zahlreiche Beschreibungen an, die sich der Leser mit Hilfe des ausführlichen Inhaltsverzeichnisses heraussuchen kann. So verdichten sich die Ausführungen zu den Teilstreitkräften, Dienststellen, Waffensystemen und Standorten zu einem Handbuch des Aufbaus der Bundeswehr Ost. Auch viele Schlüsselereignisse während dieser Phase, an denen der Autor persönlich beiwohnte, werden ausführlich beschrieben. Ebenfalls werden militärpolitische Aspekte, wie der Abzug der sowjetischen Westtruppen oder die Weiterverwendung des Jagdflugzeuges MiG-29 thematisiert. Das Who-Is-Who im militärischen Vereinigungsprozess findet sich im umfangreichen Personenregister wieder. Nebenbei erhält der Leser auch interessante Eindrücke von der offenen und dialogbereiten Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr in der Aufbauphase. Ein Mehrwert des Buches sind die zahlreichen Fotografien aus der damaligen Zeit, die die Berichte des Autors noch lebendiger erscheinen lassen.

Ohne eigene Bewertungen kommt Heinze aber nicht aus. Eindeutig ist seine Begeisterung für den Geist der Bundeswehr, der sich in Offenheit und Zugänglichkeit der Bundeswehr und ihres Führungspersonals zeigt. Den NVA-Generälen stellt er dagegen kein gutes Zeugnis aus, sie werden wohl die Innere Führung nie verstanden haben. Etwas wohlwollend wird den meisten NVA-Offizieren, Fähnrichen und Unteroffizieren ein Umdenken während des demokratischen Erneuerungsprozesses unterstellt. Deshalb ist die versteckte Kritik an den westdeutschen Skeptikern im personellen Übernahmeprozess von 1990 verständlich, wenn auch diskussionswürdig. Die Rolle der „Militärreform in der DDR“ (1989/90) müsste dabei noch heller beleuchtet werden. Darauf geht Heinze nicht weiter ein. Diese Einwände schmälern aber nicht das Gesamturteil über ein Buch, das notwendig ist und von vielen Soldaten und Militärkennern gelesen werden sollte.