Übersicht einiger Rezensionen der im Miles-Verlag erschienenen Bücher
Christian Gerstner, Unter dem Schwert – 15 Jahre im Kommando Spezialkräfte, Berlin 2023
Eine Auswahl aus zahlreichen Bewertungen auf Amazon.
5,0 von 5 Sternen
Verschlungen in einer Nacht
Rezension aus Deutschland vom 28. Oktober 2023
Verifizierter Kauf
Wer sich ein wenig auskennt, wird dieses Buch lieben. Die Ehrlichkeit und Authentizität machen dieses Buch so attraktiv. Es wird bestimmt Kritiker geben da das Buch konsequent ehrlich ist. Gerade die anfängliche Zeit der Ausbildung war unglaublich anspruchsvoll und durch die damaligen Verhältnisse leider ein Riesen Nadelöhr.15 Jahren voller Höhen und Tiefen in einem aufregenden Soldatenleben. Ich hab oft schmunzeln müssen. Absolute Kauf Empfehlung.
5,0 von 5 Sternen
Ehrlich, ungeschönt und humorvoll!
Rezension aus Deutschland vom 19. Oktober 2023
Große, wirkliche Empfehlung! Christian Gerster nimmt uns mit auf seine Reise vom jungen Wilden zum Operator des Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr. Und ja, es ist so hart, wie wir immer geglaubt haben.
Ehrlich, offen und ohne viel Schnickschnack bekommen wir einen Einblick in die Reise, beginnend mit einer knallharten Ausbildung, über Training, Training und nochmal Training hin zu Einsatzerfahrungen. Und das alles erzählt mit einer herrlich authentischen persönlichen Note!
Für jeden, der Interesse an dieser sonst so exklusiven Einheit hat, die nur wenig Einblicke in ihren Alltag gewährt, eine absolute Empfehlung!
Graf Schweinitz, Notizen im Transit von Krieg und Frieden, Berlin 2020
Kurt Graf v. Schweinitz: Notizen im Transit von Krieg und Frieden,
Berlin 2020, 156 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag,
ISBN 978-3-96776-000-2, Hardcover, Preis: 24,80 Euro
Um es gleich vorwegzunehmen: „Notizen im Transit von Krieg und Frieden“ ist das beste Buch, was ich in den letzten Jahren gelesen habe. Meine Begeisterung darüber ist grenzenlos und ich hoffe, die Gründe dafür in dieser Besprechung angemessen zum Ausdruck bringen zu können. Was ist das Besondere an diesem Werk? Es atmet den Geist des preußischen Generals und Kriegstheoretikers Carl von Clausewitz und seiner dialektischen Denkmethode, es untermauert eigene Erkenntnisse mit passgenauen Zitaten klassischer Autoren, und es ist gleichzeitig so praktisch, dass diejenigen, die mit Fragen von Krieg und Frieden zu tun haben, daraus wertvolle Orientierungen für ihr eigenes Tun ziehen können. Zudem bedient sich der Autor einer Sprache, die mitreißt. Kurze Hauptsätze wechseln sich ab mit Satzgefügen, in denen Nebensätze sich staccatoartig aneinanderreihen. Seine Wörter ist nicht durch Fußnoten beschwert, ironische Zwischentöne lassen den Leser leise lachen, und bei den knappen Beschreibungen im „Bildarchiv“ spulen sich wie von Geisteshand bewegt ganze Szenen vor den Augen des Lesers ab. Auf diese Weise wird der Leser eins mit dem Autor: Er versteht, wie beispielsweise dessen Erlebnisse in der Endphase des II. Weltkrieges, der „Blick in den Abgrund“, sein Maßstab im Leben wurden und ihn die Dinge mit Abstand betrachten ließen, „aber auch zum Hohen hinanschauen“.
Werden wir nun etwas konkreter und gehen mehr ins Detail. Der Autor, Kurt Graf von Schweinitz, fast 90 Jahre alt, General der Bundeswehr a.D., nennt sein Buch „Notizen“. Nun, dies ist feines britisches Understatement, wie es in seiner Wahlheimat London üblich ist. Tatsächlich ist sein Buch eine philosophische Abhandlung über das Verhältnis von Politik und Militär in Krieg und Frieden. Obwohl es als Biografie daherkommt, finden sich darin keine Selbstbetrachtungen. Selbstlob hat hier keinen Platz. Persönliche Erfahrungen dienen Graf Schweinitz nur als Ausgangspunkt für ein tiefes Nachdenken, er will zum Kern der Probleme vordringen. Das gelingt dem Autor ganz überzeugend: Sein Buch bietet uns Einblicke in „Weltbegebenheiten“ und das diese bewegende „Weltgetriebe“. Er wagt sogar Prognosen. Es sind die großen Trends, die er aufspürt, die tektonischen Verschiebungen und die ihnen zugrundliegenden titanischen Kräfte, die er analysiert, um uns einen Ausblick auf die Zukunft zu geben. Dass angesichts dieser Dimensionen Politiker wie Trump oder Putin keine Erwähnung finden, unterstreicht die Bedeutung der Dinge, denen er auf der Spur ist.
Gehen wir kurz auf die Dialektik des Autors ein. Schon im Titel seines Buches scheint diese hervor: Es geht um Krieg und Frieden. Das eine kann nicht ohne das andere gedacht werden. In der Nachfolge Clausewitz´ bestimmt Graf Schweinitz Frieden als obersten politischen Zweck eines Krieges. Ist dies nicht der Fall, wie im II. Weltkrieg und wohl auch in den endlosen (Bürger-)Kriegen der heutigen Zeit, müsse ein Volk nutzlos leiden und ausbluten. Die Kriegsführung würde entsittlicht, die zivilisierte Gesellschaft fiele in sich zusammen. Diese Einsicht entwickelt der Autor vor dem Hintergrund seiner oftmals grausamen Erlebnisse in den Jahren 1944/45, die er mit bewundernswerter Milde schildert. Dass sein Ausblick auf die Zukunft der Menschheit insgesamt eher optimistisch daherkommt, liegt vor allem daran, dass er in all dem Schrecklichen immer noch das Menschliche, das Humane, sucht und findet.
Dialektisch ist auch sein Denken über die moderne Technologie. Durch Massenwirkung und Automatisierung überschreite diese die Grenzen einer angemessenen Gewaltanwendung, wie der schonungslose, gegen die Zivilbevölkerung gerichtete strategische Luftkrieg der Alliierten im II. Weltkrieg oder auch die Bombardierungen der US-Streitkräfte im Vietnam-Krieg gezeigt hätten. Vor allem die in der westlichen Welt weit verbreitete Technikgläubigkeit zerstöre die traditionellen sittlichen Einhegungen zivilisierter Kriegführung. Die „niedersten Triebe, der Wahnsinn in ihm“, erhalte so freien Lauf. Gleichzeitig bricht, so der Autor, selbst aus der technischen Kriegführung die Menschlichkeit immer wieder hervor, das Gute überlebt trotz der apokalyptischen Vernichtung. Im Weltmaßstab betrachtet bringe Technik die Menschen sogar zusammen, sie fördere die „Homogenität der Völker“. Dies könnte die Grundlage für ein gemeinsames Ethos bilden, für einen sittlichen Habitus, der sich positiv auf Krieg und Frieden auswirkt.
Auffällig ist, dass Graf Schweinitz klassische Autoren von Goethe bis Nietzsche oder auch Sätze aus der Bibel zitiert, um die von ihm ermittelten Zusammenhänge zu untermauern. Dabei geht es ihm nicht darum, mit höherer Bildung zu brillieren und so Ehrfurcht beim Leser zu generieren. Vielmehr weist er uns darauf hin, wie viel wir heute von unseren Klassikern wieder lernen könnten und dass unsere Politiker und Generale die Herausforderungen von Krieg und Frieden besser verstünden, wenn sie über eine humanistische Bildung verfügten. Dann würden nicht Digitalisierung und Big Data, sondern der Mensch mit seinen Erkenntnisgrenzen und Fehlern und ganze Völker mit ihrer Moral und ihren Leidenschaften in den Vordergrund treten. Folgerichtig enthält dieses Buch weder Statistiken noch politikwissenschaftliche Theorien. Graf Schweinitz will das Humane und eine darauf zielende Bildung wieder in den Mittelpunkt rücken. Dazu dient ihm auch seine Kritik an der Ausbildungs- und Bildungswirklichkeit in Diplomatie und Militär, die vom Kern der Dinge ablenke. Anschaulich stellt der Autor diese Fehlentwicklungen in dem Kapitel über die Generalstabsausbildung der Bundeswehr dar. Er selbst ist Angehöriger des 6. Generalstabslehrgangs, der Ende der 1960er Jahre stattfand. Nicht zuletzt aufgrund des US-amerikanischen Einflusses in der NATO sei das deutsche Verständnis von der Natur des Krieges und die daraus abgeleitete Führungskunst in den Hintergrund getreten. Die moderne Technik, das Spezialistentum und die Verwissenschaftlichung hätten dazu geführt, dass Entscheidungen in Politik und Militär auf der Grundlage berechenbarer Größen getroffen würden. Dabei seien im Kriege die Dinge nicht nur volatil, sondern von Natur aus unbestimmbar. Schon damals, als Lehrgangsteilnehmer, ist dem Autor schmerzhaft aufgefallen, dass über die Natur des Krieges und das Politische in ihm genauso wenig unterrichtet wurde wie über die neueste Kriegsgeschichte. Kurzum: Clausewitz wurde nicht gelesen.
Dieses Defizit habe unmittelbare Auswirkungen auf den Umgang mit Informationen. Als ehemaliger Leiter des militärischen Nachrichtendienstes weiß Graf Schweinitz aus eigener Erfahrung, dass ein Mehr an Informationen nicht zu mehr Erkenntnis führt, sondern oftmals bloß zu Informationsstaus. Aus der Datenvielfalt würde nur noch das ausgewählt, was die eigenen Vorannahmen und Feindbilder bestätigt. Die Hoffnung, der Datenflut durch Informationstechnologien Herr zu werden, gehe einher mit der Vernachlässigung der Beurteilung der Absicht eines Gegners, seiner moralischen Verfassung und seiner historischen Erfahrungen. Empathie gehe so genauso verloren wie die Einsicht in die elementare Rolle des Zufalls. All dies sei, so Graf Schweinitz, besonders gefährlich, wenn fehlerhafte Lagebeurteilung, unklare Politik und unsichere Diplomatie eine unheilige Allianz bildeten.
Mit spitzer Feder zeigt Graf Schweinitz die Wirkungen eines auf Technologie und Empirie verkürzten Kriegsbildes und Führungsverständnisses auf. Generale im Einsatz seien heute nur noch „Führungsgehilfen ihrer politischen Zentralen“, ihre operative Handlungsfreiheit sei eingeschränkt, die Taktik vor nicht umsetzbare Aufgaben gestellt. Dabei habe die Politik, so ließe sich zwischen den Zeilen lesen, eigentlich keine guten Gründe, die Generale so an die Kandare zu nehmen. Ihr Verlust von Empathie, des Hineindenkens in einen Gegner oder Konkurrenten, führe zu überambitionierten eigenen Zielen und nicht ausreichend bedachten Folgewirkungen. Trotz zahlreicher Kriege bzw. Auslandseinsätze bliebe die Wirtschaft Schwerpunkt ihres Tuns, Krieg sei daher nur ein „Halbding“. Lange Kriege gerieten schnell in Vergessenheit, das Treueverhältnis zwischen Staat und Soldat würde einseitig aufgekündigt. Die Politik sei sogar bereit, Frieden um den Preis einer demütigenden Niederlage zu schließen. Besonders gefährlich wäre es, wenn externe Berater in Spiel kämen, die mit dem Wesen des Krieges unvertraut sind, aber leichtfertig beraten, weil sie nicht über Verantwortung verfügten. All dies belaste die Beziehungen zwischen Politik und Militär.
Praktisch ist Graf Schweinitz auch in seinen Ausführungen zur Menschenführung im Militär. Soldaten bräuchten Vorgesetzte, die mehr „Papa“ sind als Prozessoptimierer, die Vorbilder sein wollen und persönliche Verantwortung übernehmen ohne sich jederzeit nach oben abzusichern, die Tradition und Korpsgeist pflegen und sich nicht in Reorganisationswut verlieren, die geistig beweglich und taktisch frech sind, dabei aber wissen, dass nur das Einfache Erfolg haben wird und der Soldat klare Ansprachen benötigt. Kurzum: Graf Schweinitz fordert eine Rückbesinnung auf das, was komparativer Vorteil deutscher Streitkräfte war: nicht die Masse an Material und Informationen, sondern die Führungskunst mit der Entschlossenheit, sich bietende Chancen selbständig zu nutzen.
Graf Schweinitz´ Buch ist keine Handlungsanweisung. Es sagt dem Leser nicht, was er tun soll. Es hilft ihm allerdings dabei, tiefer und breiter zu denken und sich durch Bildung ein „inneres Licht“ zu erarbeiten, das seinen Charakter stärkt und in der Ungewissheit seinen Weg weist. Es ist damit eine ideale Grundlage für die Selbstbildung des Einzelnen – sei er Politiker, Diplomat oder Soldat.
Uwe Hartmann
Uwe Hartmann, Claus von Rosen (Hrsg.), Jahrbuch Innere Führung 2018
Mit dem Jahrbuch 2018 liegt nunmehr die zehnte Ausgabe in dieser Reihe vor, mithin ein Jubiläumsband. Die Herausgeber Uwe Hartmann und Claus von Rosen blicken daher zu Recht mit Stolz auf den zurückgelegten Weg und zeigen einleitend zu den Beiträgen in einer kleinen Rückschau eindrucksvoll auf, wie diese Jahrbücher in den vergangenen Jahren die Herausforderungen an die Innere Führung teilweise vorausgedacht, Impulse zu deren Weiterentwicklung gesetzt und Raum für kritische Auseinandersetzungen gegeben haben. Anlässe dazu gab es in dieser Zeit reichlich: neue Vorschrift Innere Führung – Kampfeinsatz in Afghanistan – Aussetzung der Wehrpflicht – Revitalisierung der Landes-/Bündnisverteidigung – Weißbuch 2016 – Neufassung Traditionserlaß, um nur einiges zu nennen. Insofern kann man geradezu von einem Kompendium zum Thema „Innere Führung“ sprechen.
Wie stets setzt auch dieses Jahrbuch in einem Untertitel das Leitthema für die Beiträge. Diesmal lautet es: „Innere Führung zwischen Aufbruch, Abbau und Abschaffung: Neues denken, Mitgestaltung fördern, Alternativen wagen“.
Unter diesem Rubrum befassen sich die ersten beiden Aufsätze mit der Frage, wie es um die Integration der Bundeswehr in die Gesellschaft tatsächlich bestellt ist. Das Fazit beider Ausführungen ist ernüchternd, denn abseits punktueller, vermeintlich positiv zu wertender Umfrageergebnisse gibt es offensichtlich unverändert eine tief sitzende Distanziertheit gegenüber dem Militär, die deutlich über das einst vom ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler festgestellte „freundliche Desinteresse“ hinausgeht. Zu diesem Zustand hat nicht unwesentlich die faktische Abschaffung der Wehrpflicht beigetragen, mit der eine wesentliche Klammer zwischen Gesellschaft und Bundeswehr verloren gegangen ist. Die so entstandene Kluft hat dazu geführt, die Soldaten lediglich als „Dienstleister“ zu begreifen und folglich keine unmittelbare Betroffenheit mit deren Aufgabenwahrnehmung zu empfinden.
Während also einerseits die Gesellschaft als „Integrationshafen“ für den Bürger in Uniform eher ausfällt, zeigt Meike Wanner andererseits mit ihren empirischen Befunden auf, daß Bekanntheit und Akzeptanz der Konzeption der Inneren Führung bei den Soldatinnen und Soldaten, gerade bei den jüngeren (!), nicht genügend ausgeprägt ist. Sie konstatiert in ihren Schlußfolgerungen sowohl ein Vermittlungs- als auch ein Relevanzproblem und mahnt – im übrigen im Einklang mit dem Wehrbeauftragten – an, in der Ausbildung nicht nur die Grundsätze der Menschenführung anzusprechen, sondern insbesondere auch die Werteorientierung dieser Konzeption in den Fokus zu stellen.
Gustav Lünenborg setzt seine Gedanken aus dem vorherigen Jahrbuch fort und plädiert erneut vehement für eine neue Begrifflichkeit. Er sieht den Begriff „Innere Führung“ als „irreparabel verschlissen“ und tritt dafür ein, dies durch „Bundeswehr in Staat und Gesellschaft“ sowie „Bürger und Soldat“ zu ersetzen. Unter der ersteren Bezeichnung versteht er die Einfügung der Streitkräfte in den demokratischen Rechtsstaat einschließlich der ethischen Fundamente für das soldatische Handeln, die zweite ist für ihn die Konsequenz aus dem Status als Verfassungsarmee.
In weiteren Beiträgen wird ebenfalls – aus jeweils unterschiedlichen Perspektiven – einer substantiellen Veränderung der Inneren Führung das Wort geredet. So z.B. Gerhard Brugmann mit seiner Betrachtung „Die Innere Führung im Umbruch zur Militärethik“ oder das Plädoyer von Eberhard Birk „…für die Transformation der Inneren Führung in eine europäische Führungsphilosophie. …“ Insgesamt zieht sich so durch alle Ausführungen wie ein roter Faden die Aufforderung, die Baudissinsche Konzeption grundlegend neu zu denken.
In einem weiteren Abschnitt „Militärpolitik und Strategie“ geht Martin Sebaldt sehr hart mit der neuen Konzeption der Bundeswehr ins Gericht und zeigt sechs gravierende Kardinalprobleme auf. Sein Fazit lautet: „…, so wird die neue KdB den zentralen militärpolitischen Herausforderungen nicht gerecht…“.
Claus von Rosen entwickelt Gedanken zu Lehr- und Lernmethoden sowie Lehrinhalten eines Studienfaches Strategie und auch der zweite Herausgeber, Uwe Hartmann, trägt mit seinen Ausführungen zu „Strategie und Denkfehler“ zu curricularen Überlegungen bei. Wobei beide den engen Schulterschluß zu Clausewitz pflegen.
Den Herausgebern ist mit diesem Jahrbuch ein glänzendes Werk zum zehnjährigen Jubiläum dieser Reihe gelungen, die darin enthaltenen Beiträge werden der Diskussion um die Erneuerung der Inneren Führung sicherlich wesentliche und wegweisende Impulse geben.
Dr. D.-Holger Müller, Oberst a.D.
Eberhard Birk, »Auf Euch ruht das Heil meines theuern Württemberg!« Das Gefecht bei Tauberbischofsheim am 24. Juli 1866 im Spiegel der württembergischen Heeresgeschichte des 19. Jahrhunderts, Berlin: Miles 2016, 130 S., EUR 16,80
Eberhard Birk beleuchtet mit der vorliegenden Studie zur Militärgeschichte des
Königreichs Württemberg in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein regional-geschichtliches Desiderat der militärgeschichtlichen Forschung. Ausgehend von der Zäsur des Wiener Kongresses und dem Ende der napoleonischen Ära umreißt er in kurzen, prägnant geschriebenen Kapiteln die deutsche und württembergische Heeresgeschichte sowie das Kriegsbild in der Zeit des Deutschen Bundes, um sich im Hauptteil auf den Krieg von 1866 und hierbei speziell die württembergische Beteiligung am Feldzug in Südwestdeutschland zu konzentrieren. Als Höhe- und »Endpunkt souveräner württembergischer Armeegeschichte« (S. 8) analysiert er abschließend das titelgebende Gefecht bei Tauberbischofsheim und konstatiert dieses als »Kulminationspunkt aller Versäumnisse des Wehrwesens des DeutschenBunde s« (S. 122).
Der gekonnt geschriebene Band bietet keine bahnbrechend neuen Erkenntnisse, will das aber auch gar nicht. Die Fakten zur Militärgeschichte des Deutschen Bundes werden kompakt und gut lesbar dargeboten, stets mit besonderem Blick auf die Eigentümlichkeiten des Königreichs Württemberg. Auch springt geradezu die Beliebigkeit und Austauschbarkeit der deutschen Mittelstaaten im Hinblick auf die Vernachlässigung des Militärwesens im betrachteten Zeitraum ins Auge. Chronische Unterfinanzierung, mangelhafte Ausbildung und veraltete Ausrüstung beförderten einen schleichenden Prozess der Erosion der Kriegstüchtigkeit in den Friedensjahren der nach-napoleonischen Ära, in besonderem Maße im württembergischen Militär. Birk illustriert dies anschaulich an Beispielen. So zogen die Württemberger noch 1866 mit hölzernen Ladestöcken ins Feld (S. 92), ein Relikt, das die Preußen schon zu Zeiten Friedrichs des Großen (1740–1786) durch eiserne ersetzt hatten, und wurden wegen der unvorteilhaften Uniformen selbst von ihren süddeutschen Bundesgenossen als »Wüschtenberger« verspottet (S. 56). In Kombination mit der ganzen Bandbreite persönlicher wie dynastischer
Eitelkeiten wurde dadurch schließlich jeder Ansatz eines koordinierten militärischen Zusammenwirkens der mittel- und kleinstaatlichen Bundeskontingente im Keim erstickt. Insgesamt sei 1866 die »Bankrotterklärung des Wehrwesens der süd(west)deutschen Mittel- und Kleinstaaten des Deutschen Bundes« (S. 95) gewesen, so Birk.
Die Betrachtung des »Einsatzes« der württembergischen Felddivision 1866,
der mehr ein ziel- und planloses Hin- und Hermarschieren als ein koordinierter
Feldzug war, sowie die Analyse des Gefechts vom 24. Juli 1866 bilden den Schwerpunkt der zweiten Hälfte des Buches. Birk sieht generell das Versagen der operativen Führung als Hauptgrund für den mangelnden Einsatzwert der süddeutschen Bundeskorps, und nennt speziell das Versagen der militärischen Führung der württembergischen Felddivision als Ursache für deren Niederlage im Gefecht bei Tauberbischofsheim am 24. Juli 1866. Auch hier stellt er die Fakten in gebotener Kürze heraus und zeichnet ein in militärfachlicher Hinsicht erschreckendes Bild partikularstaatlicher Unfähigkeit, insbesondere in den Reihen des höheren Offizierkorps. Jedoch hinterfragt er die Verantwortung der politischen Führung Württembergs (und der anderen süddeutschen Bundesstaaten) nur unzureichend, die eine kriegsuntüchtige Truppe ohne politisches Gesamtkonzept noch drei Wochen nach der Schlacht von Königgrätz und zwei Tage nach der Unterzeichnung des preußisch-österreichischen Waffenstillstands ins Feuer schickte.
Ein weiterer, von Birk zurecht kritisch hinterfragter Aspekt, bleibt der taktische
Gefechtsverlauf am 24. Juli. Birk analysiert treffend und hinterfragt mit
scharfem Blick für die örtlichen Gegebenheiten die Sinnhaftigkeit der württembergischen Gefechtsführung, die alle für die eigene Absicht eigentlich vorteilhaften Voraussetzungen augenscheinlich negierte. Nachdem die unvorteilhaft positionierte eigene Truppe früh zurückgenommen werden musste, ließ man Bataillon für Bataillon fünf Mal hintereinander ohne jede Aussicht auf Erfolg ins vernichtende Feuer der sich mittlerweile im Zuge der Tauberline verschanzten Preußen eine völlig unbedeutende Brücke angreifen. »Sinn machten die Gegenangriffe nur, wenn sie Tauberbischofsheim wieder in württembergischen Besitz bringen sollten, um von dort aus eine größere Gegenoffensive zu beginnen. Dies war aber nicht die Absicht des VIII. Korps« (S. 96). Die württembergische Führung habe »aufgrund ihrer Überforderung vollkommen kopf- und planlos« (S. 98) agiert, so das vernichtende Fazit zur militärfachlichen Leistung der württembergischen Generalität.
Birk gelingt es, durch die Verknüpfung einer Analyse der Entscheidungs-prozesse auf der politisch-strategische Ebene mit einer operativ-taktischen Analyse der Kriegführung der Kontingente der süddeutschen Bundesstaaten den entscheidenden »Missing Link« im Jahre 1866 aufzuzeigen, der sich, am Beispiel Württembergs anschaulich dargestellt, im Dissens von realitätsfernem politischen Anspruchsdenken und eigener militärischer Leistungsfähigkeit manifestierte. Insofern überrascht seine Bewertung des Feldzuges und insbesondere des Gefechts bei Tauberbischofsheim als »Chiffre für Württembergs [...] zu erwartende und dann auch tatsächlich eingetroffene ›Kulminationskatastrophe‹« (S. 112) wenig. Es erscheint in diesem Licht fast schon ein wenig wie lokalpatriotische Verklärung, wenn Birk den Württembergern abschließend attestiert, die »einzigen Akteure in diesem Koalitionsfeldzug« gewesen zu sein, die sich »auf das Zusammenwirken der einzelnen (Groß‑)Verbände verließen«, »fest am echten Kriegergeiste« hielten und »furchtlos und treu« waren (S. 112 f.) – unterstreicht dies doch nur ein weiteres Mal die politisch wie militärfachlich kaum zu überbietende Naivität und Unfähigkeit der württembergischen Führungselite 1866.
Bleibt abschließend noch ein Blick auf das »Totengedenken« im Anhang.
Ausgehend vom kurz nach 1866 errichteten Denkmal in Tauberbischofsheim
fokussiert Birk den Blick auf einen am 24. Juli 1866 gefallenen Soldaten seiner
Heimatstadt Löwenstein (Emil Hirt, *unbekannt, † 24.7.1866) und unternimmt den »Versuch einer orts- und heimatgeschichtlichen Annäherung« (S. 114). Er bedient sich, wie schon in seinem Bändchen »Im Schatten der Burg zu Löwenstein. Historisch wahre Fiktionen« (2014), der historischen Fiktion, um mögliche Lebenswege des Emil Hirt zu »rekonstruieren«. Birk will damit »in Ermangelung belastbarer Quellen [...] das Individuelle [...] mit den größeren strukturellen Bedingtheiten und Handlungen in ein stimmiges Ganzes bringen« (S. 123). Seine fünf fiktiven Lebenswege Hirts zeichnen ein anschauliches Bild gesellschaftlicher Realitäten in der süd(west)deutschen Provinz abseits der »großen Deutungslinien der deutschen (Militär‑)Geschichte« (S. 123) in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Nicht zuletzt dieser unkonventionelle Ansatz hebt Birks lesenswerte Studie aus der Vielfalt der anlässlich des 150-jährigen Jahrestages erschienenen Literatur zu 1866 heraus.
Besprochen von Lars Zacharias: Bydgoszcz, E-Mail: lars.zacharias@jftc.nato.int
In: mgzs-2018-0109
Freudenberg, Dirk: Theorie des Irregulären. Erscheinungen und Abgrenzungen von Partisanen, Guerillas und Terroristen im Modernen Kleinkrieg sowie Entwicklungstendenzen der Reaktion, 3 Bände, Berlin 2017
Der Chamäleoncharakter des Krieges zeigt sich derzeit in einer Art und Weise, die vermutlich weit über das Vorstellungsvermögen des Kriegstheoretikers Clausewitz hinausgeht, der dieses Bild in seinem Werk „Vom Kriege“ bemühte. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Staaten noch die unangefochtenen Herren der Kriege waren und die „Kleinen Kriege“, die es zu allen Zeiten gab, im Schatten der Großen Kriege standen, die zwischen den regulären Streitkräften ausgetragen wurden. Facettenreich wie die Globalisierung selbst zeigt sich inzwischen auch ihre dunkelste Seite, die irreguläre Kriegsführung. Seit dem Ende der Bipolarität greifen zumeist nichtstaatliche, häufig verdeckt operierende Akteure zu immer neuen Formen der kriegerischen Auseinandersetzung und machen den Kleinkrieg zur eigentlichen Form des Kampfes. Ihre hybriden und asymmetrischen Vorgehensweisen stellen nicht nur die herkömmliche Unterscheidung zwischen Krieg und Frieden in Frage, sondern auch die zwischen Gewalt und Gewaltfreiheit, innerer und äußerer Sicherheit, Kriminalität und bewaffnetem Kampf, Sieg und Niederlage. Irreguläre treten auf als Terroristen, Dschihadisten, Insurgenten, Warlords, verdeckt operierende Spezialkräfte, aber auch als Kindersoldaten oder als Hacker im Cyberspace. Da ist es nicht leicht, den Überblick zu behalten, um wirksame Gegenmaßnahmen zu entwickeln.
Dirk Freudenberg hat zu diesem Thema mit der „Theorie des Irregulären“ ein umfangreiches dreibändiges Werk vorgelegt, in dem er den Erscheinungen und Methoden der irregulären Kräfte sowie den Möglichkeiten ihrer Bekämpfung mit wissenschaftlicher Akribie auf den Grund geht.
Ausgehend von den theoretischen Ansätzen der Staats-, Politik- und Militärwissenschaften und des Völkerrechts gelangt er zu einer systematischen Betrachtung der vielgestaltigen Phänomene der Irregularität. Von Macchiavelli bis Münkler kommen die relevanten Quellen aus Klassik und Moderne zu Wort. Insbesondere der schon eingangs erwähnten Kriegstheorie Clausewitz wird einmal mehr bescheinigt, auch für aktuelle Fragestellungen ein nach wie vor hilfreiches Instrumentarium zur Verfügung zu stellen.
Anders als der Titel befürchten lässt, bleibt das Werk keinesfalls in seinen umfangreichen theoretischen Herleitungen stecken, sondern kommt immer wieder zur Praxis. Ausgiebig werden die Möglichkeiten der staatlichen Sicherheitspolitik und ihrer Organe in der Auseinandersetzung erörtert. Besonders breiten Raum nimmt die Analyse des gescheiterten Polizeieinsatzes bei den Olympischen Spielen 1972 in München und Fürstenfeldbruck ein. Der terroristische Angriff hatte einen völlig unvorbereiteten Sicherheitsapparat getroffen.
Das Debakel von 1972 zog bekanntlich weitreichende organisatorische Maßnahmen nach sich, wie etwa den Aufbau polizeilicher Spezialkräfte auf Bundes- und Länderebene, und es markierte den Beginn einer längeren Phase der staatlichen Auseinandersetzung mit dem internationalen Terrorismus. Dennoch, so Freudenberg, lässt sich bis heute die Neigung der deutschen Politik beobachten, trotz verschärfter Lage und neu gewonnener Souveränität auf überkommenen und völlig unzureichenden Zuständigkeiten, Kompetenzen und Verfahren zu beharren. Beispielhaft sei hier nur erwähnt der mangelnde Wille zu einem umfassenden Comprehensive Approach, das problematische Outsourcing traditionell staatlicher Sicherheitsaufgaben an Private Militär- und Sicherheitsunternehmen oder die bislang erfolglosen Versuche, die schon lange offenkundigen exekutiven Schwächen des bundesrepublikanischen Föderalismus durch eine zeitgemäße und effektive Sicherheitsarchitektur zu überwinden. Am Beispiel der Entführung des Frachters Hansa Stavanger 2009 vor der somalischen Küste konstatiert er nicht nur einen Mangel an politischer Koordinationsfähigkeit, sondern überhaupt die Scheu, sich auf Ernstfälle dieser Art vorzubereiten und, wenn nötig, harte und riskante Entscheidungen zu treffen.
Durch die Kombination von Theorie und Praxis, von Analyse und Vorschlägen, ist hier ein tiefschürfendes Werk mit Handbuchcharakter und mit umfangreichem Anmerkungsapparat und Literaturverzeichnis entstanden. Es wendet sich nicht nur an Entscheider in Politik, Wirtschaft und Justiz, sondern gerade auch an die Akteure auf militärischer, polizeilicher und nachrichtendienstlicher Ebene, die die Auseinandersetzung mit den Irregulären auf absehbare Zeit zu führen haben.
Stefan Geilen
Uwe Hartmann, "Der gute Soldat"
Berlin, 31.05.2018. „Klugheit ist auch für Soldaten die höchste aller Tugenden“, so Uwe Hartmann in seinem Buch „Der gute Soldat“, in dem er Stellung zu den aktuellen Debatten über das Bild des
Soldaten nimmt.
Der Soldat solle mit ganzer Kraft versuchen, Erscheinungsformen des Krieges mit „seinen intellektuellen Fähigkeiten umfassend zu durchdringen“. Sekundärtugenden wie „Disziplin, Härte, Gehorsam und Haltung“ sind laut Hartmann unverzichtbar. Sie seien angemessen in der „militärischen Ausbildung und soldatischen Erziehung“ sowie im „Führungs- und Traditionsverständnis“ zu berücksichtigen.
Aber wie?
Hartmann gibt den Lesern – oder vielmehr den Soldaten – einen Kompass an die Hand, um mehr Orientierung „im weiten Feld der Ideen und Gedanken“ zu schaffen. Die vier Himmelsrichtungen ersetzt
Hartmann durch Platon, Cicero, Machiavelli und Luther. Zum Beispiel weise Ciceros Richtung auf die staatsbürgerliche Verantwortung hin. Soldaten seien ein wichtiger Beschützer der politischen
Ordnung. Wenn sich die Kompassnadel aber beispielsweise in Richtung Luther bewege, trete immer mehr die persönliche Verantwortung des einzelnen Soldaten in Erscheinung.
Doch wann ist ein Soldat in der Praxis ein guter Soldat? Hierzu wirft der Autor einen Blick in die „Vorschriften und Erlasse zur Inneren Führung“ sowie zur „Tradition und Truppenführung“. Die
Sollvorgaben und Wunschbilder vergleicht er mit der Wirklichkeit des soldatischen Dienstes. Hartmann hat seine wesentlichen Erkenntnisse im letzten Kapitel in Thesen zusammengefasst. Sein Ziel
ist es, das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform neu zu begründen. Hartmanns Meinung nach ist dieses Leitbild „nicht nur an den Rändern verschwommen“, sondern auch „im Kern undeutlich“ geworden.
Hartmann spart in seinem Buch nicht mit Kritik. Er selbst ist Offizier im Generalstabsdienst und beteiligt sich seit Jahren mit vielen Veröffentlichungen – im Verlag seiner Frau – an den Debatten
über das Bild des Soldaten.
(Quelle: Redaktion der Bundeswehr - Intranet aktuell, vom 31.05.2018)
Kathrin Orth und Eberhard Kliem, »Wir wurden wie blödsinnig vom Feind beschossen«. Menschen und Schiffe in der Skagerrakschlacht 1916, Berlin: Miles 2016, 248 S., EUR 19,80
Die Jahrhunderterinnerung an den Beginn des Ersten Weltkrieges ist seit Längerem Anlass für eine Fülle von Publikationen. Zu diesen gehören neben voluminösen Gesamtdarstellungen, kurzen Überblickswerken oder spezifische Aspekte behandelnden Einzelstudien auch Editionen zeitgenössischer Quellen. Zu letzteren zählt auch der hier zu besprechende Band. Im Gegensatz zu den Geschehnissen an den verschiedenen Fronten oder in der Heimat, über die sehr viele Zeugnisse unterschiedlichster Provenienz vorliegen, behandelt er den eher weniger bekannten Krieg zur See. Über diesen liegt zwar seit einigen Jahren eine vierbändige Edition, »Die deutsche Seekriegsleitung im Ersten Weltkrieg« (Hrsg. von Gerhard Granier, Koblenz 1999–2004 [= Materialien aus dem Bundesarchiv]), aus der Perspektive der handelnden Akteure vor; der Blick von unten war bisher jedoch ein Desiderat der Forschung. Diese Lücke will die vorliegende Edition wenigstens teilweise schließen. Am Beispiel der Skagerrakschlacht des Jahres 1916 versucht sie dem Leser einen Eindruck von der Realität des Seekrieges aus dem Blickwinkel der Menschen zu vermitteln, die ihn tatsächlich führten und nicht an irgendwelchen Schreibtischen nur planten. Allein diese Absicht verdient großes Lob. Dieses Lob fällt umso größer aus, als es den Herausgebern gelungen ist, neben Offizieren, von denen relativ viele Ego-Dokumente vorliegen, auch andere Angehörige der Besatzungen – Deckoffiziere, Unteroffiziere und Mannschaften – zum »Sprechen« zu bringen. Manche dieser Dokumente sind bekannt, aufgrund entlegener Druckorte aber oft nur schwer auffindbar, andere haben die Herausgeber in einschlägigen Archiven aufgefunden und hier erstmals ediert. Damit der Leser das, was die Dokumente schildern, jedoch auch versteht, beschreiben die Herausgeber in einer kurzen Einleitung zunächst einmal den allgemeinen Hintergrund des Geschehens. Diese Ausführungen über den wilhelminischen Flottenbau vor 1914 sind verständlicherweise sehr gerafft. Fachkundige Leser werden daher manches wichtige Detail vermissen. In diesem Kontext aber mehr zu fordern, wäre jedoch beckmesserisch. Ein Kritikpunkt sei gleichwohl angemerkt. So fällt trotz der verständlichen Beschränkung auf das Wesentliche die Tendenz auf, die offensiven Ziele des Flottenbaus sowie dessen Beitrag zur Verschlechterung des deutsch-britischen Verhältnisses zu relativieren. Mit dieser Deutung, die wichtige Dokumente einfach ausblendet bzw. sich auf inzwischen äußerst umstrittene englische Veröffentlichungen beruft, stehen die Autoren jedoch nicht allein da. Die auf diesen Abschnitt folgenden Ausführungen geben dann einen gerafften, informativen Überblick über »Operationspläne, Schiffe, Besatzungen zu Kriegsbeginn 1914«. Sie machen das grundlegende strategische Dilemma einer Flotte deutlich, die aufgrund der großen zahlenmäßigen britischen Überlegenheit und der vor dem Kriege sträflich vernachlässigten Geografie darauf hoffte, durch glückliche Umstände in eine Position zu gelangen, in der sie dem Gegner Schaden zufügen und so irgendwie ein Kräftegleichgewicht herbeiführen konnte. Versuche, diesen durch offensive Vorstöße gegen die britische Blockadestellung in der nördlichen Nordsee zur Schlacht zu zwingen, waren reiner Selbstmord und schieden daher als Option aus. Mehr als begrenzte Vorstöße gegen die britische Ostküste erschienen daher, zumal nach den Verlusten in der Schlacht bei Helgoland gleich nach Kriegsausbruch, nicht vertretbar. Aber auch diese Vorstöße enthielten erhebliche Risiken wie die Schlacht auf der Doggerbank am 24. Januar 1915 zeigte. Das ganze Jahr 1915 sollte sich die Hochseeflotte daher zurückhalten. Auf die Dauer war dies für die Seeoffiziere unbefriedigend und vor dem Hintergrund des eigenen Selbstverständnisses wie auch den Erwartungen in der Öffentlichkeit immer weniger vertretbar. Wie sollte man die Existenz einer Flotte nach dem Kriege rechtfertigen, wenn diese keinen Beitrag zum Siege geleistet hatte? Im Frühjahr 1916 begann daher die Flotte unter ihrem neuen Flottenchef, Vizeadmiral Reinhard Scheer, Vorstöße gegen die englische Küste und in die nördliche Nordsee durchzuführen. Deren Ziel war aber keineswegs eine große Schlacht. Angesichts der britischen Überlegenheit ging es vielmehr darum, kleinere gegnerische Verbände aus den Häfen zu locken und zu vernichten. Diese Erfolge würden nicht nur die Existenz der Kaiserlichen Flotte rechtfertigen, sondern – vielleicht – auch jenem gewünschten Kräfteausgleich auf See zugunsten des Deutschen Reichs führen, der die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Entscheidungsschlacht war. Umso überraschter waren Scheer und der Führer der Aufklärungsstreitkräfte, Vizeadmiral Maximilian Hipper, als sie nach einem sorgfältig vorbereiteten Vorstoß auf die Grand Fleet trafen. Wer die Schlacht, die sich aus dem Zusammentreffen beider Flotten am 31. Mai 1916 dann entwickelte, gewonnen hat, ist eine Frage der Perspektive. Scheer selbst war diesbezüglich in seinem hier auszugsweise abgedruckten Bericht ehrlich: Angesichts der geografischen Lage und der zahlenmäßigen Überlegenheit Großbritanniens hatte er keinen Zweifel, »dass selbst der glücklichste Ausgang einer Hochseeschlacht Großbritannien in diesem Krieg nicht zum Frieden zwingen wird« (S. 47). Diese nüchterne Erkenntnis des Flottenchefs bedeutet aber nicht, dass sich die Angehörigen der Besatzungen der ihm unterstellten Einheiten nicht doch irgendwie als »Sieger« fühlten. Die hier abgedruckten Berichte, zumeist unmittelbar nach der Schlacht oder wenig später verfasst, machen dies deutlich. Mit »Freude« tranken die Besatzungen angesichts der offenkundig höheren britischen Verluste »Champagner«, als sie die Jade erreichten, wie Scheers Flaggleutnant Ernst von Weizsäcker trotz aller Kritik an der eigenen Flottenführung berichtete (S. 54). Auch ein Maschinenobermaat war Tage später noch fasziniert davon, »wie außerordentlich wir, trotz der vielfachen Überlegenheit unseres Gegners, trotz seiner numerischen Überlegenheit an modernen und modernsten Schlachtkreuzern und Großkampfschiffen, Torpedo- und Unterseebooten, trotzdem noch geschnitten haben [sic]« (S. 127). In Zeugnissen wie diesen liegt die große Stärke der vorliegenden Edition. Selten hat eine Edition einen so plastischen Eindruck des Geschehens, der Gefühle derjenigen, die im Kommando- bzw. im Geschützturm, im Maschinenraum, auf dem Verbandsplatz, nach dem Untergang bzw. nach dem Einlaufen vermittelt. Es ist schon beklemmend zu lesen, wenn ein Maschinenoberheizer über seine »Todesangst«, aber auch über die »Erleichterung« nach Treffern beim Gegner berichtet (S. 112), ein anderer Oberheizer das »Bild der Verwüstung« auf dem Oberdeck der »Wiesbaden« und den anschließenden Versuch, sich auf einem Floß in schwerer See zu retten, beschreibt (S. 135f., 176–181) oder ein Marine-Oberstabsarzt seinen Kampf um das Leben der oft schrecklich entstellten Verwundeten schildert (S. 141–149): »Ein großer Granatsplitter aus der Nackenmuskulatur war unter dem Donner der Schütze sofort zu entfernen. Furchtbare Leiden mußten die Verbrannten ausstehen [...]; alles, was wir hatten an Öl, Salben, Puder, Brandbinden wurde verbraucht, und doch war es noch viel zu wenig; Morphium half kaum gegen die rasenden Schmerzen, dazu die kolossale Hitze und die Durstespein« (S. 144). Dennoch, nicht nur Wilhelm II., dessen schwülstige Siegesrede vom 5. Juni 1916 hier ebenfalls abgedruckt ist (S. 213–215), sondern auch »einfache« Matrosen waren stolz auf das Geleistete. »Ihr könnt mir glauben«, schrieb der Matrose Erwin Lang an seine Eltern, »daß ich Euch heute stolz über unsere herrliche Schlacht schreibe. Ich bin glücklich, solch ein bedeutendes Ereignis hinter mir zu haben. Es gehört so in unser deutsches Leben hinein, um die Heimat doppelt liebzugewinnen. Es war ein fröhliches Siegen« (S. 209). Umso unverständlicher war es dann, dass die Marineführung, wie die Herausgeber in ihrem Schlusskapitel zu Recht betonen, diese Matrosen nur wenig später als Menschen zweiter Klasse behandelte. Die erste Meuterei konnte sie im Sommer 1917 noch gewaltsam niederschlagen, die zweite löste dann im Herbst 1918 den Untergang des Kaiserreiches aus. Alles in allem handelt es sich bei dieser Edition, die auch noch ausführliche Schiffsbiografien enthält, um ein gelungenes Werk. Kleinere editorische Schwächen beeinträchtigen dieses positive Gesamturteil nicht.
Besprochen von Michael Epkenhans: Potsdam,
E-Mail: MichaelEpkenhans@bundeswehr.org
In:mgzs-2017-0110
Siegfried Lautsch Grundzüge des operativen Denkens in der NATO Ein zeitgeschichtlicher Rückblick auf die 1980er-Jahre und Ausblick, Berlin2018.
Siegfried Lautsch machte 2013 mit dem Buch «Kriegsschauplatz Deutschland: Erfahrungen und Erkenntnisse eines NVA-Offiziers» auf sich aufmerksam. Wiederum auf die 1980er Jahre blickt er nun mit «Grundzüge des operativen
Denkens in der NATO».
14 Kapitel und 327 Seiten genügen, um für operatives Denken und Handeln eine Lanze zu brechen und es inhaltlich von Strategie und Taktik zu scheiden.
Indirekt entsteht ferner eine «deutsch-deutsche» Perspektive zur Geschichte der NATO während des Kalten Krieges.
«Durch Strategie können nationale und bündnisweite politische Ziele mit geringstmöglichen Kosten an Menschenleben und Sachwerten erreicht werden. Die operative Kunst setzt diese Zielsetzungen in wirkungsvolle militärische Operationen und Feldzüge um. Mit einer klugen Taktik können Schlachten und
Gefechte gewonnen werden.» (Seite 94) Operatives Denken im oben genannten Sinne sei Mangelware in der damaligen Bundeswehr, so eine Kernthese. Korps in Gefechtsstreifen habe man z.B. wie taktische Elemente geführt oder auch die Synchronisation taktischer Planungen mit operativen bzw. strategischen unterlassen.
Dass die heutige (!) Bundeswehr sich notwendig weiter in eine multinationale
Sicherheitsstruktur integrieren müsse und dass operatives Denken als Amalgam funktionieren könne, unterschiedliche Bündnispartner zu einen,
ist Lautschs zweite Kernthese.
Für wen ist das Buch geeignet, das ja auch ein Zukunftskapitel hat? Soldaten,
die hauptsächlich im Friedensgrundbetrieb arbeiten, kann Auffrischung nicht schaden. Auch für interessierte Laien und jüngere Offiziere ist eine gut lesbare Grundsatzdarstellung im Themenfeld «Strategie, Operation, Taktik» allemal wertvoll. Zur Auseinandersetzung mit den Thesen rufen Verlag und Autor dezidiert auf. Das ist gut so, denn so manches Mal scheint die Sozialisation eines NVA-Offiziers dabei Pate zu stehen, Äpfel mit Birnen zu vergleichen.
Christian J. Grothaus
In: AMSZ 11/2018
Dieter Hanel, "Military Link"
Zeitzeuge und Mitgestalter
Dieter Hanel: Military Link – Sicherheitspolitische Zeitreise eines Offiziers und Rüstungsmanagers; Carola Hartmann Miles-Verlag, Berlin 2018; 400 Seiten; 24,80 €; ISBN 978-3-945861-67-7
Als sicherheitspolitische Zeitreise bezeichnet Dieter Hanel seine Autobiographie. Tatsächlich hat der Autor einen Lebensbericht vorgelegt, der seine besondere Verflechtung mit geschichtlichen Ereignissen, den sicherheitspolitischen Entwicklungen bis heute und sein eigenes Handeln sowie grundlegende Einschätzungen und Bewertungen facetten- und detailreich beschreibt. Seine als Manager der – vorwiegend Panzer bauenden – Industrie abgeleiteten Erfahrungen mit Politikern, Generalität und internationalen Entscheidungsträgern, aber auch mit industrie-internen Prozessen geben dem Leser ein an Hintergrundinformationen reiches Bild, das insbesondere bei der Darstellung „prominenter“ Rüstungsvorhaben sich oft recht differenzierter darstellt, als es üblicherweise medial berichtet wird. Dies gilt besonders für seine Ausführungen zu der Entwicklung in Russland und den USA, zu internationalen Rüstungsprojekten sowie zu seiner Einschätzung der sicherheitspolitischen Lage in Lateinamerika, dem Nahen Osten, Asien und Afrika. Und folgerichtig ist auch seine bedenkliche sicherheitspolitische Bilanz: Da sind einerseits die radikalen geostrategischen Veränderungen und andererseits die deutsche Zurückhaltung, eine tatsächliche sicherheitspolitische Verantwortung zu übernehmen, die Deutschlands politischer Bedeutung entspricht. (hgb)
(Ausgabe 05/2018 der Monatszeitschrift „Europäische Sicherheit & Technik“ (ES&T))
Erinnerungen – ein Beitrag zur Tradition unserer Bundeswehr Buch: Viktor Toyka, Dienst in Zeiten des Wandels, Erinnerungen aus 40 Jahren als Marineoffizier, 1966 – 2006, Berlin 2017, 295 S.
Vierzig Jahre sind historisch ein kurzer Zeitraum – aber sie umreißen ein ganzes Berufsleben.
In einer Zeit, in der immer wieder von der „eigenen Tradition der Bundeswehr“ – in Ab- und Ausgrenzung zur deutschen Militärgeschichte, insbesondere der Wehrmacht – gesprochen wird, ist es bedeutsam und hilfreich, Informationen aus dem inneren Leben und „Erleben“ unserer Bundeswehr in unterschiedlichenEinheiten und Stäben, das Ministerium eingeschlossen, aufnehmen zu können.
Als Marineoffizier war Viktor Toyka vierzig Jahre aktiv Mitwirkender von seiner Ausbildung als Offizieranwärter der Crew IV/66 in Glückstadt im April 1966 bis zur Mitgestaltung der neu eingerichteten Streitkäftebasis Anfang der 2000er Jahre und der Umgestaltung der Ausbildung für den General-/Admiral-stabsdienst an der FüAkBw bis 2006.
Es ist ein persönliches Buch, aber keine Autobiographie. Es ist ein sachliches Buch, aber kein Sachbuch. Fangen Sie einfach an zu lesen und Sie werden weiterlesen. Es ist spannend. Die Umgebung, in der er handelt, wird plastisch erfahrbar. Seine eigene Persönlichkeitsentwicklung vom Offizieranwärter der Crew zum Flottillenadmiral darf man miterleben. Die einzelnen Etappen auf der Gorch Fock, dem Schulschiff Deutschland, an der Marineschule Mürwik und der MUS in Plön sind Erlebnisberichte, in dem auch Licht und Schatten der gelebten Menschenführung in der Heranbildung des Offiziernachwuchses erkennbar werden.
Drei wichtige Themenfelder werden als zentrale Elemente seines Berufslebens auf mehreren Führungsebenen und in unterschiedlichen Funktionen erlebbar und nachvollziehbar.
1. Die taktische und operative Ausbildung, intensives, realistisches Üben im nationalen und multinationalen Rahmen;
2. Der Aufbau und die Weiterentwicklung der maritimen Fähigkeiten der Marine, konzeptionell, strukturell und organisatorisch – immer in einem (zu) engen Budgetrahmen; und insbesondere
3. Die Führung in und von Streitkräften – für den Autor immer getragen von der unauflöslichen Verknüpfung des Beherrschens der Technik mit der gelebten Menschenführung, mit dem Zusammenhalt einer Mannschaft, die sich ihrer professionellen Aufgabe stellt, wobei die klare und offene Kommunikation zwischen allen Ebenen und Bereichen zwingend dazugehören.
Nach den Einsätzen auf verschiedenen U-Booten, über Verwendungen auf Zerstörern, seine Admiralstabsausbildung an der FüAkBw, mehrere Verwendungen im Führungsstab der Marine und beim Generalinspekteur, Admiral Wellershof sowie seinem Einsatz als Kommandeur eines Fregattengeschwaders wurde er ein wesentlicher Träger des Aufbaus des 1995 neu aufgestellten Führungszentrums der Bundeswehr. Nach einer intensiven Zeit als Leiter der Operationsabteilung im Flottenkommando hat er sich im Streitkräfteamt der Aufgabe gestellt, als Teil der „Reform von Grund auf“ am zügigen Aufbau der neuen Streitkräftebasis mitzuwirken. Seine letze Verwendung als stv Kdr der FüAkBw brachte ihn zurück in die Ausbildung, wo er intensiv an der Modernisierung des Generalstabs-/Admiralstabsausbildung mitwirkte, die am 1.10.2004 mit dem Start des ersten Lehrgangs „Generalstabs-/Admiralstabsdienst Streitkräfte“ verwirklicht wurde. Zum Wesen des Vorgesetzten zog er aus eigenem Erleben am Ende den „sicheren“ Schluss: „So sind wir gute Vorgesetzte oder schlechte – einen Mittelweg gibt es nicht“.
Generalleutnant a.D. Klaus Olshausen
In: Europäische Sicherheit & Technik, 10/2017, S. 87f.
Weitere Rezension von "Military Link", Dieter Hanel in:
- "Wehrtechnik", Heft II/ 2018
Übersicht ausgewählter Rezensionen /Annotationen 2016
Politik, Gesellschaft und Militär
Marcel Bohnert, Lukas J. Reitstetter (Hrsg.), Armee im Aufbruch. Zur Gedankenwelt junger Offiziere in den Kampftruppen der Bundeswehr, Berlin 2014.
- Joachim Knoll in "Das Historisch-Politische Buch", 64. Jg (2016), H. 3, S. 313-314
- Pallasch 54 (2016), S. 207
- Zuerst. Deutsches Nachrichtenmagazin, Sonderheft 1/2016, S. 112.
Jéronimo L. S. Barbin, Imperialkriegführung im 21. Jahrhundert. Von Algier nach Bagdad. Die kolonialen Ursprünge der COIN-Doktrin, Berlin 2015.
- Pallasch 54 (2016), S. 207
Marcel Bohnert, Björn Schreiber (Hrsg.), Die unsichtbaren Veteranen. Kriegsheimkehrer in der deutschen Gesellschaft, Berlin 2016.
- Udo Sonnenberger in S+F (34. Jg.), 3/2016, S. 230
- Werner Rahn, Unsichtbare sichtbar machen. In: FAZ vom 9. August 2016, S. 6
- Thomas Spengler in Der Bogenschütze IV/2016, S. 78-79
- Friedrich Jeschonnek in Hardthöhenkurier 5/2016, S. 120
- Deutsche Militärzeitschrift DMZ Nr. 114 (Dezember 2016), S. 81.
- IF. Zeitschrift für Innere Führung 4/2016, S. 52
- Kriegsheimkehrer von Johanna Klauck in KOMPASS 07-08/16, S. 25
- Kameraden, H. 731, Juni 2016, S. 19
Christian Göbel, Glücksgarant Bundeswehr? Ethische Schlaglichter auf einige neuere Studien des ZMSBw im Kontext von Sinn und Glück des Soldatenberufs, Innerer Führung und Einsatz-Ethos, Berlin 2016.
- Tieferer Sinn statt Flachbildschirm von Julia Amberger In: Zur Sache 2/2016, S. 51
Alois Bach, Walter Sauer (Hrsg.), Schützen, Retten, Kämpfen – Dienen für Deutschland, Berlin 2016.
- In Die Bundeswehr, November 2016, S. 82.
- Zugleich. Zeitschrift der Artillerietruppe und der Streitkräftegemeinsamen Taktischen Feuerunterstützung 2/2016, S. 92.
- IF. Zeitschrift für Innere Führung 4/2016, S. 50
- Friedrich Jeschonnek in Hardthöhenkurier 6/2016, S. 131
Dirk Freudenberg Stephan Maninger, Neue Kriege. Sicherheitspolitische Rahmenbedingungen, Mentalitäten, Strategien, Methoden und Instrumente, Berlin 2016.
- Zugleich. Zeitschrift der Artillerietruppe und der Streitkräftegemeinsamen Taktischen Feuerunterstützung 2/2016, S. 94.
- DWJ. Das Magazin für Waffenbesitzer, Nr. 01/17, S. 12
Jahrbuch Innere Führung (seit 2009)
Uwe Hartmann, Claus von Rosen (Hrsg.), Jahrbuch Innere Führung 2015. Neue Denkwege angesichts der Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Krisen, Konflikte und Kriege, Berlin 2015.
- Hubertus Greiner in Der Panzerspähtrupp Nr. 59 (2016), S. 80.
- Quo vadis, Innere Führung? von Kai Samulwitz in Zur Sache, 1/2016, S. 58-59
- IF. Zeitschrift für Innere Führung 3/2016, S. 72
Einsatzerfahrungen
Uwe Hartmann, War without Fighting? The Reintegration of Former Combatants in Afghanistan seen through the Lens of Strategic Thought, Berlin 2014.
- Jochen Maurer in Militärgeschichtliche Zeitschrift MGZ 75/2 (2016), S. 657-659
Rainer Buske, KUNDUZ. Ein Erlebnisbericht über einen militärischen Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan im Jahre 2008, Berlin 22016.
- Pallasch 54 (2016), S. 207
Standpunkte und Orientierungen
Uwe Hartmann (Hrsg.), Lernen von Afghanistan. Innovative Mittel und Wege für Auslandseinsätze, Berlin 2015.
- Pallasch 54 (2016), S. 207
Klaus Beckmann, Treue.Bürgermut.Ungehorsam. Anstöße zur Führungskultur und zum beruflichen Selbstverständnis in der Bundeswehr, Berlin 2015.
- In Behördenspiegel Nr. 154, 11. April 2016, S. 5
- Evangelische Verantwortung 5+6, S. 16
- IF. Zeitschrift für Innere Führung 3/2016, S. 72
- Herman Preßler in: Evangelische Aspekte
Florian Beerenkämper, Marcel Bohnert, Anja Buresch, Sandra Matuszewski, Der innerafghanische Friedens- und Aussöhnungsprozess. Folgerungen für die künftige deutsche Beteiligung an internationalen Operationen zur Krisenbewältigung in fragilen Staaten, Berlin 2016.
- Zugleich. Zeitschrift der Artillerietruppe und der Streitkräftegemeinsamen Taktischen Feuerunterstützung 2/2016, S. 93
Militärgeschichte
Ulrich C. Kleyser, Lazare Carnot. "Le Grand Carnot". Ein Charakterbild, Berlin 2016.
- Reinhart Ostermeyer in Der Panzerspähtrupp Nr. 59 (2016), S. 80.
Eberhard Kliem, Kathrin Orth, "Wir wurden wie blödsinnig vom Feind beschossen". Menschen und Schiffe in der Skagerrakschlacht 1916, Berlin 2016.
- Pallasch. Zeitschrift für Militärgeschichte, Nr. 58 (Okt 2016), S. 215.
Eberhard Birk, "Auf Euch ruht das Heil meines theuern Württemberg!" Das Gefecht bei Tauberbischofsheim am 24. Juli 1866 im Spiegel der württembergischen Heeresgeschichte des 19. Jahrhunderts, Berlin 2016.
- Pallasch. Zeitschrift für Militärgeschichte, Nr. 58 (Okt 2016), S. 215.
Erinnerungen
Adolf Brüggemann, Als Offizier der Bundeswehr im Auswärtigen Dienst. Meine Erinnerungen als Militärattaché in Seoul (Republik Korea) 1978–83 und in Prag (Tschechoslowakei/Tschechien) 1988–1993, Berlin 2015.
- Seoul, Prag von Hans Ehlert in FAZ vom 19.04.2016, S. 6
Rainer Buske, Eine Reise ins Innere der Bundeswehr. Wundersame Geschichten aus einer anderen Welt, Berlin 2016.
- Johanna Klauck in Kompass 12/16, S. 29
- In LOYAL Nr. 7und 8/2016, S. 28.
Heinz Laube, Duell am geteilten Himmel, Berlin 2016.
- In: Die Bundeswehr, November 2016, S. 81
- Klaus-Peter Kobbe in Motorbuch, S. 31
- In: Fliegerwelt Oktober 2016
Schriften zur Geschichte der Deutschen Luftwaffe
Claas Siano, Die Luftwaffe und der Starfighter. Rüstung im Spannungsfeld von Politik, Wirtschaft und Militär, Berlin 2016.
- Aus Kammhubers Wundertüte von Reiner Pommerin in FAZ voim 21.11.2016
- Clausewitz. Das Magazin für Militärgeschichte, 62016, S. 6
- Friedrich Jeschonnek in Hardthöhenkurier 6/2016, S. 131
Auswahl der Rezensionen von von 2010 bis 2015 im Carola Hartmann Miles-Verlag erschienenen Büchern
(Aktualisierung immer zum Jahresende; aktuelle Besprechungen finden Sie unter den Buchtiteln links)
Politik, Gesellschaft und Militär
Hans Joachim Reeb, Sicherheitskultur als kommunikative und pädagogische Herausforderung – Der Umgang in Politik, Medien und Gesellschaft, Berlin 2011.
· Bundeswehr aktuell, 6. Februar 2012, S. 11.
Peter Heinze, Bundeswehr „erobert“ Deutschlands Osten, Berlin 2011.
· Hardthöhen-Kurier, 3/2011, S. 145 (Friedrich Jeschonnek).
· IF. Zeitschrift für Innere Führung, 2/2011, S. 66.
· Bundeswehr aktuell, 4. Oktober 2010, S. 12.
Hans-Christian Beck, Christian Singer (Hrsg.), Entscheiden – Führen – Verantworten. Soldatsein im 21. Jahrhundert, Berlin 2011.
· Die Bundeswehr, 1/2012, S. 87.
· F-Flaage, 4/2011, S. 58.
· Bundeswehr aktuell vom 15. August 2011, S. 13.
Reiner Pommerin (ed.), Clausewitz goes global. Carl von Clausewitz in the 21st Century, Berlin 2011.
· Hardthöhen-Kurier, 2/2012, S. 112 (Friedrich Jeschonnek).
· MGZ 71 (2012), S. 280-283 (Heinz Stübig)
Dieter E. Kilian, Adenauers vergessener Retter – Major Fritz Schliebusch, Berlin 2011.
· KuS, Freitag, 1. Juni 2012, S. 2.
· IF. Zeitschrift für Innere Führung, Nr. 1/2012, S. 60.
· Westdeutsche Zeitung vom 2. April 2012, S. 14.
· Junge Freiheit vom 9. Dezember 2011, S. 20 (Georg Meyer)
Dieter E. Kilian, Politik und Militär in Deutschland, Berlin 2011.
· Kameraden. Unabhängige Zeitschrift für alte und junge Soldaten, H. 682, Juli/August 2011, S. 27.
· KOMPASS. Soldat in Welt und Kirche, 1/2012, S. 25 (Gerd Portugall).
· MGZ 70 (2011), S. 530-532 (Reiner Pommerin)
Ingo Pfeiffer, Gegner wider Willen. Konfrontation von Volksmarine und Bundesmarine auf See, Berlin 2012.
· Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11.2.2013.
· Die Bundeswehr, 2/2013, S. 49.
· Hardthöhen-Kurier, 1/2013, S. 137 (Friedrich Jeschonnek).
· Europäische Sicherheit und Technik, 12/2012, S. 129.
· Leinen Los!, 12/2012, S. 41.
· MarineForum 11/2012, S. 56.
Eberhard Birk, Heiner Möllers, Wolfgang Schmidt (Hrsg.), Die Luftwaffe zwischen Politik und Technik. Schriften zur Geschichte der Deutschen Luftwaffe, Bd. 2, Berlin 2012.
· Bundeswehr aktuell, 4. Februar 2013, S. 9.
· Webpage der Clausewitz-Gesellschaft (Christian E.O. Millotat)
· Neues Deutschland vom 6. Dezember 2013, S. 16 (HansCanjé).
Eberhard Birk, Winfried Heinemann, Sven Lange (Hrsg.), Tradition für die Bundeswehr. Neue Aspekte einer alten Debatte, Berlin 2012.
· Hardthöhen-Kurier, 2/2013, S. 136 (Friedrich Jeschonnek).
· Pallasch. Zeitschrift für Militärgeschichte. Organ der Österreichischen Gesellschaft für Heereskunde, Nr. 50, Juni 2014, S. 289.
· Der Bogenschütze, 11. Jahrgang (2014), H. III, S. 80-81.
Angelika Dörfler-Dierken, Führung in der Bundeswehr, Berlin 2013.
· ZUR SACHE, H.24 (2013), S. 60-61 (Klaus Beckmann)
· IF. Zeitschrift für Innere Führung, Nr. 2/2014, S. 64.
· Die Bundeswehr, 10/2013, S. 88.
· Hardthöhen-Kurier, 5/2013, S. 120 (Friedrich Jeschonnek).
Dieter E. Kilian, Kai-Uwe von Hassel und seine Familie. Zwischen Ostsee und Ostafrika. Militär-biographisches Mosaik, Berlin 2013.
- Hardthöhen-Kurier, 6/2013, S. 136 (Friedrich Jeschonnek).
Torsten Konopka, Afrikanische Wehrsysteme und ihre Entwicklung zwischen 1990/91 und 2011, Berlin 2014.
· IF. Zeitschrift für Innere Führung, Nr. 3/2014, S. 64.
Ingo Pfeiffer, Seestreitkräfte der DDR, Berlin 2014.
· Leinen Los!, H. 6/2014, S. 8-9.
· Marineforum 7/8-2014, S. 55 (Hendrik Born / Gottfried Horch)
· Die Bundeswehr, 1/2015, S. 94.
· Loyal 10/2014, S. 52.
Wolf Graf von Baudissin, Grundwert Frieden in Politik – Strategie – Führung von Streitkräften, hrsg. von Claus von Rosen, Berlin 2014.
· Militärgeschichte. Zeitschrift für historische Bildung, Heft 4/2014, S. 27 (Angelika Dörfler-Dierken).
· Pioniere. Magazin der Pioniertruppe und des Bundes Deutscher Pioniere, Ausgabe 11/Juni 2015, S. 66.
· S+F Sicherheit und Frieden, 32. Jg. (2012), H. 4, S. 277-278 (Rudolf Hamann)
Wolf Graf von Baudissin, Der Widerstand. „… um nie wieder in die auswegslose Lage zu geraten…“, hrsg. von Claus von Rosen, Berlin 2014.
· Bundeswehr aktuell vom 14. Juli 2014, S.9.
Marcel Bohnert, Lukas J. Reitstetter (Hrsg.), Armee im Aufbruch. Zur Gedankenwelt junger Offiziere in den Kampftruppen der Bundeswehr, Berlin 2014.
· Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 25.2.2015: Keiner weiß, wie der Landser tickt von Gerald Wagner http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/bundeswehrstudenten-rechnen-mit-der-oeffentlichkeit-ab-13445907.html
· Auszugsweise Abdruck von Artikeln in Loyal 1-4/2015.
· Frankfurter Rundschau vom 6.03.2015 (Klaus Naumann) http://www.fr- online.de/kultur/bundeswehr-sehnsucht-nach-dem-kaempfer- typ,1472786,30054520.html
· Konkret 4/2015, S. 18-19 (Peer Heinelt)
· Bundeswehr.de (Marc Lindemann)
· ZUR SACHE, 1/2015, S. 70 (Ina Wiesner)
· Politische Studien 462 (Hanns Seidel Stiftung), 66. Jg (2015), S. 83-84 (David Ermes)
· Kameraden. Unabhängige Zeitschrift für alte und junge Soldaten, H. 721, Juni 2015, S. 23.
· Bundeswehr aktuell, Montag, den 24. November 2014, S 9.
· Auftrag 297/298, 1/2-2015, S. 36
Arjan Kozica, Kai Prüter, Hannes Wendroth (Hrsg.), Unternehmen Bundeswehr? Theorie und Praxis (militärischer) Führung, Berlin 2014.
· Die Bundeswehr, 8/2015, S. 79.
· Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26.5.2015 (Reiner Pommerin) http://www.faz.net/aktuell/politik/politische-buecher/unternehmen-bundeswehr-ueber- die-militaerische-fuehrung-13599070.html
Angelika Dörfler-Dierken, Robert Kramer, Innere Führung in Zahlen. Streitkräftebefragung 2013, Berlin 2014.
· Hardthöhen-Kurier, 4/2015, S. 129 (Friedrich Jeschonnek).
Eberhard Birk, Heiner Möllers (Hrsg.), Luftwaffe und Luftkrieg, Berlin 2015.
· Clausewitz. Das Magazin für Militärgeschichte, 4/2015, S. 6.
Phil C. Langer, Gerhard Kümmel (Hrsg.), „Wir sind Bundeswehr.“ Wie viel Vielfalt benötigen/vertragen die Streitkräfte?, Berlin 2015.
· KOMPASS. Soldat in Welt und Kirche, 5/2015, S. 24.
Jéronimo L.S. Barbin, „Imperialkriegführung im 21. Jahrhundert. Von Algier nach Bagdad. Die kolonialen Ursprünge der COIN-Doktrin, Berlin 2015.
· Ekstase. politisch-philosophische Einmischungen, Nr. 2 (2015/2016), S. 90-91.
· Welttrends. Das außenpolitische Journal, Nr. 110, Dezember 2015, S. 64-65.
· Pallasch. Zeitschrift für Militärgeschichte. Organ der Österreichischen Gesellschaft für Heereskunde, Nr. 54, Oktober 2015, S. 207.
Jahrbuch Innere Führung
Helmut R. Hammerich, Uwe Hartmann, Claus von Rosen (Hrsg.), Jahrbuch Innere Führung 2010. Die Grenzen des Militärischen, Berlin 2010.
· Der Panzerspähtrupp, Nr. 48, Oktober 2010, S. 61-62 (Reinhart Ostermeyer).
· bundeswehr-journal, 17. Jg (2011), H. 1, S. 64.
· MGZ 70/2011, S. 256-258 (Klaus-Jürgen Bremm)
· Bundeswehr aktuell vom 6. September 2010, S. 12
Uwe Hartmann, Claus von Rosen, Christian Walther (Hrsg.), Jahrbuch Innere Führung 2011. Ethik als geistige Rüstung für Soldaten, Berlin 2011.
· ZUR SACHE, 21/2012, S. 54-55 (Jochen Bohn)
· Der Panzerspähtrupp,.51, Juli 2012, S. 58-59 (Hubertus Greiner).
· KOMPASS. Soldat in Welt und Kirche, 4/2012, S. 28.
Uwe Hartmann, Claus von Rosen, Christian Walther (Hrsg.), Jahrbuch Innere Führung 2012. Der Soldatenberuf zwischen gesellschaftlicher Integration und suis generis-Ansprüchen, Berlin 2012.
-
Uwe Hartmann, Claus von Rosen (Hrsg.), Jahrbuch Innere Führung 2013. Wissenschaften und ihre Relevanz für die Bundeswehr als Armee im Einsatz, Berlin 2013.
· KOMPASS. Soldat in Welt und Kirche, 1/2013, S. 23.
· Der Panzerspähtrupp, Nr. 54, Oktober 2014, S. 57-59 (Hubertus Greiner).
· Die Bundeswehr, 4/2014, S. 81.
Uwe Hartmann, Claus von Rosen (Hrsg.), Jahrbuch Innere Führung 2014. Drohnen, Roboter und Cyborgs – Der Soldat im Angesicht neuer Militärtechnologien, Berlin 2014.
· ZUR SACHE, 2/2014, S. 51 (Kai Samulowitz)
Einsatzerfahrungen
Sascha Brinkmann, Joachim Hoppe (Hrsg.), Generation Einsatz, Fallschirmjäger berichten ihre Erfahrungen aus Afghanistan, Berlin 2010.
· IF. Zeitschrift für Innere Führung, Nr. 2/2011, S. 69.
· Bundeswehr aktuell, Montag, den 10. Mai 2010, S 13.
· Rotenburger Kreiszeitung, 2.4.2011.
Artur Schwitalla, Afghanistan, jetzt weiß ich erst… Gedanken aus meiner Zeit als Kommandeur des Provincial Reconstruction Team FEYZABAD, Berlin 2010.
· IF. Zeitschrift für Innere Führung, Nr. 1/2011, S. 60.
· bundeswehr-journal, 17. Jg (2011), H. 1, S. 64.
· Der Deutsche Fallschirmjäger, Ausgabe 6/2010, S. 80.
· Die Bundeswehr, 9/2010, S. 25.
Uwe Hartmann, War without Fighting? The Reintegration of Former Combatants in Afghanistan seen through the Lens of Strategic Thought, Berlin 2014.
· US Army War College, Foundation and Alumni News, Fall 2014, S. 9.
· Hardthöhen-Kurier, 6/2014, S. 128 (Friedrich Jeschonnek).
Rainer Buske, KUNDUZ. Ein Erlebnisbericht über einen militärischen Einsatz der Bundeswehr in AFGHANISTAN im Jahre 2008, Berlin 2015.
· Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. August 2015 (Hans-Dieter Wichter) http://www.faz.net/aktuell/politik/politische-buecher/afghanistaneinsatz-umsonst- 13732680.html
· Zugleich. Zeitschrift der Artillerietruppe und der Streitkräftegemeinen Feuerunterstützung, 2/2015, S. 84.
· Pallasch. Zeitschrift für Militärgeschichte. Organ der Österreichischen Gesellschaft für Heereskunde, Nr. 54, Oktober 2015, S. 207.
· Der Panzerspähtrupp, Nr. 57, August 2015, S. 63-64 (Hubertus Greiner).
· Kameraden. Unabhängige Zeitschrift für alte und junge Soldaten, H. 723, September 2015, S. 23.
· Bundeswehr.de (23.09.2015)
Standpunkte und Orientierungen
Daniel Giese, Militärische Führung im Internetzeitalter – Die Bedeutung von Strategischer Kommunikation und Social Media für Entscheidungsprozesse, Organisationsstrukturen und Führerausbildung in der Bundeswehr, Berlin 2014.
· Die Bundeswehr, 6/2014, S. 77.
· Der Panzerspähtrupp, Nr. 55, S. 70.
· Hardthöhen-Kurier, 2/2014, S. 120 (Friedrich Jeschonnek).
Dirk Freudenberg, Auftragstaktik und Innere Führung. Feststellungen und Anmerkungen zur Frage nach Bedeutung und Verhältnis des inneren Gefüges und der Auftragstaktik unter den Bedingungen des Einsatzes der Deutschen Bundeswehr, Berlin 2014.
-
Uwe Hartmann (Hrsg.), Lernen von Afghanistan. Innovative Mittel und Wege für Auslandseinsätze, Berlin 2015.
· Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26.5.2015 (Hans-Dieter Wichter) http://www.faz.net/aktuell/politik/politische-buecher/lernen-von-afghanistan-kleines- buch-grosser-anspruch-13599068.html
· Pallasch. Zeitschrift für Militärgeschichte. Organ der Österreichischen Gesellschaft für Heereskunde, Nr. 54, Oktober 2015, S. 207.
· Hardthöhen-Kurier, 2/2015, S. 136 (Friedrich Jeschonnek).
· Behörden Spiegel Newsletter, Nr. 140, 30. September 2015, S. 9.
· KOMPASS. Soldat in Welt und Kirche, 3/2015, S. 22.
· Auftrag, 55. Jg. (2015), H, 297/298, S. 22.
Fouzieh Melanie Alamir, Vernetzte Sicherheit – Quo Vadis?, Berlin 2015.
· Zugleich. Zeitschrift der Artillerietruppe und der Streitkräftegemeinen Feuerunterstützung, 2/2015, S. 85.
Hartwig von Schubert, Integrative Militärethik. Ethische Urteilsbildung in der militärischen Führung, Berlin 2015.
-
Uwe Hartmann, Hybrider Krieg als neue Bedrohung von Freiheit und Frieden. Zur Relevanz der Inneren Führung in Politik, Gesellschaft und Streitkräften, Berlin 2015.
· S+F Sicherheit und Frieden, 33. Jg. (2015), H. 4, S. 232 (Claus von Rosen)
· Zugleich. Zeitschrift der Artillerietruppe und der Streitkräftegemeinen Feuerunterstützung, 2/2015, S. 83.
· Frankfurter Allgemeine Zeitung, Oktober 2015 (Reiner Pommerin) http://www.faz.net/aktuell/politik/politische-buecher/hybride-kriegfuehrung- konfliktform-der-zukunft-13828310.html
· Hardthöhen-Kurier, 5/2015, S. 120 (Friedrich Jeschonnek).
· Politik im Spiegel vom 13.11.2015; http://politik-im-spiegel.de/permanenter-brgerkrieg/
Klaus Beckmann , Treue. Bürgermut. Ungehorsam. Anstöße zur Führungskultur und zum beruflichen Selbstverständnis in der Bundeswehr.
- http://www.ev- akademiker.de/aktuell/buchbesprechungen/buchbesprechungen-details/artikel/klaus-beckmann-treue-buergermut-ungehorsam/?cHash=8ec86217702bb2a8dedc14030ba22a5e
- http://www.eak-cducsu.de/contentsystem/upload/ev/13_6_2016-12_19_44-ev_5+6_16_web.pdf
- if-Zeitschrift für Innere Führung 3/2016, Seite 72
- Newsletter des Behördenspiegels, April 2016
Erinnerungen
Blue Braun, Erinnerungen an die Marine 1956–1996, Berlin 2012.
· Das historisch-politische Buch, 60. Jg (2012), H. 3, S. 247-248 (Sigund Hess)
· Das historisch-politische Buch, 61. Jg (2013), H. 4, S. 419-423 (Christian Ostersehlte))
· MGZ 71 82012), S. 516-518 (Rüdiger Schiel)
· Bundeswehr aktuell, 16. April 2012, S. 19.
Harald Volkmar Schlieder, Kommando zurück!, Berlin 2012.
· Hardthöhen-Kurier, 6/2012, S. 137 (Friedrich Jeschonnek).
Wulf Beeck, Mit Überschall durch den Kalten Krieg. Mein Leben für die Marine, Berlin 2013.
· MGZ, 73 (2014), S. 260-262 (Heiner Möllers)
· Leinen Los!, 4/2014, S. 49 (Gerd Hamann)
· Hardthöhen-Kurier, 1/2014, S. 128 (Friedrich Jeschonnek).
Jan Becker, Aufgewühltes Wasser, 3 Bde., Berlin 2014.
· Hardthöhen-Kurier, 1/2015, S. 121 (Friedrich Jeschonnek).
Klaus Grot, So war's, damals. Dienstchronik eines Pionieroffiziers im Kalten Krieg 1954–1991, Berlin 2014.
· Pioniere. Magazin der Pioniertruppe und des Bundes Deutscher Pioniere, Ausgabe 11. Juni 2015, S. 65-66.
· FAZ vom 9. Dezember 2014, S. 6. (Hans Ehlert)
http://www.faz.net/aktuell/politik/politische-buecher/so-war-s-damals-als-wehrbauer- im-elbtunnel-13309683.html
Gustav Lünenborg, Bürger und Soldat. Innere Führung hautnah 1956–1993, 1993–2015, Berlin 2015.
· Die Bundeswehr, 6/2015, S. 79.
Hahmann, Stalingrad, Berlin 2015.
· Kameraden. Unabhängige Zeitschrift für alte und junge Soldaten, H. 725, November 2015, S. 21.
Monterey Studies
Donald Abenheim, Soldier and Politics Transformed, Berlin 2007.
· KOMPASS. Soldat in Welt und Kirche, 7-8/2012, S. 27 (Gerd Portugall).
Jochen Wittmann, Auftragstaktik, Berlin 2012.
- Hardthöhen-Kurier, 4/2013, S. 128 (Friedrich Jeschonnek).
Romane
Christoph Karich, Bewährung im Grünen Meer, Berlin 2009.
· KOMPASS. Soldat in Welt und Kirche, 4/2010, S. 23.
· MarineForum, 6/2010, S. 47.
· Leinen Los!, 2/2010, S. 52.
Robert B. Thiele, Die Treuhänderin, Berlin 2012 (als Taschenbuch 2013 erschienen mit dem Titel "Der General").
· Die Bundeswehr, 4/2012, S. 98.
· Loyal 3/2012, S. 90.
Ausgewählte Rezensionen zu unseren Büchern. Weitere Rezensionen finden Sie auf der linken Seite
Bohnert/Reitstetter (Hg.), Armee im Aufbruch
Bundeswehr-Universität
Keiner weiß, wie der Landser tickt
Studenten der Bundeswehr schreiben in einem Sammelband ihre Gedanken über die Gesellschaft nieder. Es ist die Abrechnung mit einer dekadenten Bevölkerung, für die sie sich im Grunde zu schade sind.
26.02.2015, von GERALD WAGNER
Wenn sich irgendwo an einer deutschen Hochschule ein paar Studenten zusammensetzen und ein Buch schreiben über ihre „Gedankenwelt“, dann müssen weder diese Gedanken noch die Welt dahinter von herausragender Bedeutung sein. Der Fall liegt anders, wenn diese Studenten Offiziere sind und sich als die zukünftigen Führungskräfte der Bundeswehr betrachten. Das Buch „Armee im Aufbruch: Zur Gedankenwelt junger Offiziere in den Kampftruppen der Bundeswehr“ (hrsg. von Marcel Bohnert und Lukas J. Reitstetter, Miles-Verlag 2014) versammelt die Beiträge von sechzehn Studierenden der Politikwissenschaft, Geschichte und Pädagogik. Die meisten dieser jungen Truppenführer studieren im Rang eines Leutnants an der HelmutSchmidt-Universität/Universität der Bundeswehr in Hamburg (HSU). Der Band sei „freiwillig und ohne Befehlsdruck“ entstanden, versichert Herausgeber Bohnert, und mit wenigen Ausnahmen kennzeichnen die Autoren ihre Texte auch mit vollem Namen und Dienstgrad. Sie bieten ein bisher einzigartiges Porträt der „Generation Einsatz“.
Bundeswehroffiziere müssen in der Regel ein Studium absolvieren. Doch auch als Studenten bleiben sie eingegliedert in militärische Befehlsstrukturen. So arbeitet Bohnert derzeit als einer der studentischen Führungsoffiziere an der HSU. Mit überfüllten Hörsälen, schlechter Betreuung, Wohnungsnot und Jobben zum Lebensunterhalt müssen sich seine Studenten allerdings nicht herumschlagen - den Sold zahlt die Truppe, das Apartment stellt die Universität, und das Verhältnis von Lehrenden zu Studenten ist nahezu paradiesisch. Man sollte sich den studierenden Offizier also recht zufrieden denken können. Die Beiträge dieses Buches sprechen eine andere Sprache. „Armee im Aufbruch“ ist ein Dokument der Verunsicherung, Enttäuschung und Abgrenzung. Verbissener Stolz nach innen paart sich mit scharfer Polemik gegen das Außen. Trotzig bekennt man sich zum Selbstverständnis des Auftraggebers - „Wir.Dienen.Deutschland.“ Aber es wird deutlich: „Wir“ sind das andere Deutschland, das die deutsche Gesellschaft gar nicht verdient.
Am Anfang war Afghanistan. Der Kampfeinsatz am Hindukusch ist der gemeinsame Identifikationskern. Für Bohnert war er nach den „Dekaden der theoretischen Bedrohung die Feuertaufe, die diese Armee zu ihren militärischen Wurzeln zurückgeführt“ habe. Mit „Stolz und Selbstbewusstsein“ blickten Afghanistan-Veteranen wie er auf ihre Erlebnisse im Einsatz zurück. Frustrierend sei nur die „mangelnde Teilhabe“ der „lethargischen“ Öffentlichkeit. Was hier anklingt - militärische Selbstvergewisserung als Abgrenzung von der Gesellschaft -, wird in den darauffolgenden Beiträgen vertieft.
Verachtung für die Hedonisten
Es mag ja sein, dass der heutige Offizier, wie Mitherausgeber Lukas Reitstetter beklagt, nicht „weiß, wie ,die Landser‘ ticken“. Dafür weiß man in diesem Buch umso mehr darüber, wie die normalen Leute so „ticken“. Florian Rotter zufolge ist die deutsche Gesellschaft „hedonistisch und individualistisch“, die „Essenz der gesellschaftlichen Werte“ seien „Selbstverwirklichung, Konsumlust, Pazifismus und Egoismus“. Jan-Philipp Birkhoff erkennt eine „postheroische Gesellschaft“, geprägt von einer „grundsätzlich dekadenten Haltung, unkontrollierter Gewalt und Rücksichtslosigkeit“. Bevölkert sei sie von „radikalen Hedonisten und arroganten Selbstdarstellern“.
Das „Streben nach Ehre durch eine hohe Opferbereitschaft“ werde nicht mehr akzeptiert. Diese Gesellschaft sei das „Produkt der stetig stärker werdenden Verdrängung von Leid, Tod und Elend aus dem Raum der öffentlichen Wahrnehmung“. Eine Akzeptanz militärischer Verluste fehle ganz; es dominiere das öffentliche Misstrauen „gegenüber jedem kriegerischen Altruismus“ und die „Entzauberung des Helden an sich“. Max Pritzke schildert die „individualisierte Gesellschaft“ als „breite Masse“, von der sich die „Elite des deutschen Offizierskorps abheben“ müsse.
Und so geht das über viele Seiten. Was verlangt diese angebliche Elite von sich? Rotter ermahnt zur „patriotischen Einstellung zu Volk und Vaterland“ und Werten wie „Mut, Treue oder Ehre“ als „permanentem Gegenpol zur Gesellschaft.“ Birkhoff spitzt das noch zu im Bekenntnis zur „Parallelgesellschaft Bundeswehr“ - schließlich sei die „Masse“ der Bevölkerung „völlig inkompatibel mit dem soldatischen Wesen selbst“. Dass die Öffentlichkeit militärischen Erfolg an einer „Null-Tote-Linie“ messe und Opfer nur beklage, müsse für einen ausgebildeten Soldaten geradezu „irrational“ sein. Dagegen helfe dem Offizier nur noch eine „mentale Reinigung“ und ein „neues Berufsethos“ zur Stärkung der „geistigen Kampfkraft“. Die „kollektive Furcht vor einem Staat im Staate“ sei dabei „sowohl unbegründet als auch veraltet“. Ganz „losgelöst von den Übeln der Vergangenheit“ müsse auch die Bundeswehr heute gar keine „Angst vor sich selbst haben“. Für uns Hedonisten ist das natürlich sehr beruhigend.
Dienst am verachteten Auftraggeber
Zugestanden - der Band enthält auch weniger schneidige Einlassungen. Es finden sich auch Autoren, die Nachdenklichkeit und Zweifel äußern und warnen, sich nicht vor der Bevölkerung zu verstecken. Manche Beiträge schwanken noch zwischen Mensa und Feldlager, während für einige der Aufbruch vom Hörsaal in den Schützengraben gar nicht schnell genug gehen kann. Dabei bekennen sie sich zwar zu Deutschland, aber nur, wenn sie es „Volk und Vaterland“ nennen dürfen. Das suggeriert Einheit und Tradition - und bleibt doch Semantik.
Das einzig Reale jedoch ist die Gesellschaft - also auch all die Hedonisten, Defätisten und konsumorientierten Egoisten, von denen man sich so vehement abgrenzen will und für die man im Ernstfall doch kämpfen müsste. Die nehmen sich übrigens eben jene Freiheit Deutschlands, die angeblich am Hindukusch verteidigt wird: die Freiheit, anders zu sein. Wenn Max Pritzke in seinem Beitrag behauptet, sie seien „keine Studenten im üblichen Sinne“, dann hat das seinen Grund nicht darin, dass sie in den Semesterferien weniger an ihren verspäteten Referaten, sondern ihren Fertigkeiten im Umgang mit dem Sturmgewehr arbeiten. Unüblich an ihrer akademischen Ausbildung ist vielmehr, dass sie sich schon vor ihrem ersten Semester freiwillig zum Verzicht auf maßgebliche Freiheiten „normaler“ Akademiker entschieden haben. Also auf die Freiheit, sich ihren Auftraggeber selbst auszusuchen. Für die Kompatibilität dieser Verpflichtung mit der gleichzeitigen Herabwürdigung des Auftraggebers bleiben die Autoren den Beweis allerdings schuldig.
Bohnert nennt das Buch ein Gesprächsangebot, wenn auch ein unbestreitbar provokantes. So wichtig wissenschaftliche Beiträge seien, Aufmerksamkeit bekäme in dieser Debatte nur der, der auch Polemik nicht scheue. Für diesen Charakter als ehrliche Wortmeldung und Gesprächsangebot ist das Buch trotz allen geistigen Säbelrasselns zu loben. Man sollte den Autoren den Respekt dafür nicht versagen. Im Bereich der Analyse hätte ihm dennoch mehr Wissenschaft gutgetan. Vielleicht ließen sich dadurch Schnittmengen der übrigen Staatsbürger mit den Uniformierten erkennen? Etwa der Begriff des Helden - gibt es die wirklich nur beim Militär? Tut außer den Soldaten keiner etwas aus freiwilligem Pflichtbewusstsein? Oder Individualismus - wie verträgt sich der mit der angeblichen Massengesellschaft? Und ein Vergleich mit der gesellschaftlichen Einbettung der Armeen anderer westlicher Länder könnte die eigentliche Frage des Buches beantworten helfen, ob die hier beschworene Abgrenzung des Militärs funktionale Notwendigkeit beanspruchen kann oder doch nur Selbststilisierung ist.
Im Grunde alles Themen der Militärsoziologie, die an den Bundeswehr-Universitäten aber nicht gelehrt wird. So bemängelt Uwe Hartmann, bis 2013 selbst militärischer Leiter der HSU, das Fehlen einer spezifisch militärischen Ausrichtung des Studienangebotes in den Gesellschaftswissenschaften der HSU. Auch für Kai-Uwe Hellmann, der von 2010 bis 2014 an der HSU Soziologie gelehrt hat, ist dies eine fragwürdige Unterlassung. „Das Militärisch-Soldatische wird als eigener Reflexionsgegenstand in der Lehre fast gänzlich ausgespart. Dabei sollte die Gründung der Bundeswehrhochschulen unter Helmut Schmidt 1973 gerade dazu beitragen, die Offiziere der Bundeswehr im Sinne der Inneren Führung dafür zu sensibilisieren, dass sie fest integrierter Bestandteil der bundesrepublikanischen Gesellschaft sind.“ Seit mittlerweile 2007 kann man an einer deutschen Hochschule tatsächlich „Military Studies“ belegen, freilich nicht an einer der beiden Bundeswehrhochschulen, sondern an der Universität Potsdam. Vielleicht könnten deren Verantwortliche das Buch zum Anlass nehmen, ein neues Curriculum für die „Generation Einsatz“ zu entwerfen. Reflexionsbedarf jedenfalls ist reichlich vorhanden
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Klaus Grot, So war's, damals
Rezension: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9.12.2014, S. 6
http://www.faz.net/aktuell/politik/politische-buecher/so-war-s-damals-als-wehrbauer-im-elbtunnel-13309683.html
Hans EHLERT
Als Wehrbauer im Elbtunnel
In Hamburg, wo der Pionieroffizier Klaus Grot bis 1991 das letzte Jahrzehnt seiner Dienstzeit verbrachte, waren - bis auf eine - alle Brücken zur Sprengung vorbereitet, der neue Elbtunnel sollte durch Betonhindernisse unpassierbar gemacht werden, um das Vorrücken eines potentiellen Gegners aufzuhalten.
Schriftliche Zeugnisse aus dem Innenleben der frühen Bundeswehr finden sich selten. In diese Lücke stößt jetzt Klaus Grot mit der „Dienstchronik eines Pionieroffiziers im Kalten Krieg“. Der Autor, Jahrgang 1934, trat 1954 zunächst in den Bundesgrenzschutz (BGS) ein und wurde 1956 in die Pioniertruppe der Bundeswehr übernommen. Seine Karriere verlief wenig spektakulär. Auf die Offizierausbildung folgten einige Truppenkommandos, zuletzt als Kompaniechef. Von 1965 an wurde er bis zu seiner Pensionierung 1991 auf verschiedenen Führungsebenen in Stäben verwendet. Mit dem Dienstgrad Oberstleutnant erfüllte er eine durchschnittliche Laufbahnerwartung ohne große Höhepunkte.
Beginnend mit dem Eintritt beim BGS, behandelt die Chronik die Stationen der Laufbahn. Neben wichtigen Informationen zur militärischen Lagebeurteilung im Kalten Krieg enthält der Bericht auch eine Fülle von Informationen aus dem Truppenalltag. Dazu gehören Probleme beim Aufbau von Standorten und Kasernen, die hohes Improvisationstalent erforderten. Auch das heterogen zusammengesetzte Personal von Soldaten mit Reichswehr-, Wehrmachts-, Kriegs- und BGS-Erfahrung sowie Ungedienten führte häufig zu Friktionen. In den Berichten wird die phasenweise konservative Unternehmenskultur der Bundeswehr deutlich. Ein Kommandeur stellte den Autor wegen seiner Konfessionslosigkeit zur Rede, ein anderer versuchte, den „Häuslebauern“ unter seinen Untergebenen mit dem Argument entgegenzuwirken, „er wünsche keine Wehrbauern“.
In einem Exkurs schildert Grot sein parteipolitisches Engagement im Sicherheitspolitischen Arbeitskreis der Bremer SPD. Die dort damals strittig behandelten Fragen zur Tradition der Bundeswehr oder zu Kasernennamen sind offenkundig langlebig und scheinen auch in den aktuellen Diskussionen immer wieder auf. Aufschlussreich sind die Informationen zum Thema „Sperren und Lähmungen“, das im Zentrum der militärischen Aufgaben Grots stand. Wer weiß heute schon, dass in der Bundesrepublik eine Fülle von Brücken und Straßen zur Sprengung vorbereitet war, um das Vorrücken eines potentiellen Gegners aufzuhalten. In Hamburg, wo Grot das letzte Jahrzehnt seiner Dienstzeit verbrachte, waren - bis auf eine - alle Brücken entsprechend vorbereitet, der neue Elbtunnel sollte durch Betonhindernisse unpassierbar gemacht werden. In diesem Zusammenhang erwähnt Grot auch Überlegungen, ganze Geländeabschnitte durch Atomminen (ADM) - aus amerikanischen Beständen - zu sperren, und hebt die Sorglosigkeit der Militärs bei der Behandlung dieser Frage hervor: „Der Gedanke, dass mit den ADM große Verstrahlungen und Verwüstungen angerichtet werden könnten, kam nicht auf.“
Mit seiner sehr speziellen Materie richtet sich Grot sicher nicht an eine breite Leserschaft. Leider erliegt er auch immer wieder der Versuchung, eigene Leistungen hervorzuheben. Überdies lädt der hölzerne Stil des mit zahlreichen Fotos und wenig aussagekräftigen Faksimiles von Vorträgen, Beurteilungen und Urkunden aus der Handakte des Autors angereicherten Bandes nicht gerade zur Lektüre ein. Die zahlreich verwendeten Abkürzungen dürften darüber hinaus unkundigen Lesern das Verständnis erschweren. Trotz dieser Einschränkungen liefert das Buch aus einer Perspektive des Alltags in einer Truppengattung neue Einblicke in die Geschichte der Bundeswehr und leistet einen Beitrag zu einer „Militärgeschichte von unten“.
Klaus Grot: So war’s, damals. Dienstchronik eines Pionieroffiziers im Kalten Krieg 1954-1991. Miles Verlag, Berlin 2014. 283 S., 22,80 €.
Ingo Pfeiffer, Gegner wider Willen
Rezension: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.02.2013, S. 8
Pfeiffer, Ingo: Gegner wider Willen. ISBN 978-3-937885-57-5, 978-3-937885-50-6
Bundeswehr und Nationale Volksarmee (NVA) standen sich als Streitkräfte, die im Kalten Krieg antagonistischen Bündnissystemen angehörten, in der Mitte Europas hochgerüstet gegenüber. Dieses Szenario bildet die Folie, auf der Ingo Pfeiffer die Konfrontation von Bundesmarine und Volksmarine der DDR (VM) auf See betrachtet. Pfeiffer, zunächst Schiffstechnischer Offizier, war als Fregattenkapitän Fachlehrer für Geschichte an der Offiziershochschule der VM. In die Bundeswehr konnte er aus strukturellen Gründen nicht übernommen werden. Der Titel des Buches gibt den eigentlichen Inhalt nur begrenzt wieder. Zunächst beschreibt Pfeiffer die Geschichte der beiden
Seestreitkräfte bis 1990, mit klarem Schwerpunkt bei der VM. Dabei bringt er sich immer wieder als Zeitzeuge aus seiner Dienstzeit bei der VM ein. Der Neuigkeitswert dieses Zusammenschnitts bleibt begrenzt. Auffällig ist der Detailreichtum bei der Darstellung von Strukturen, technischen Daten zu Schiffstypen, Schiffbestand bis hin zu den
Namen von Kommandanten.
Ausführlich wird der Zeitraum 1989/90 behandelt. Hier überträgt der Autor seine persönliche Überzeugung, mit dafür gesorgt zu haben, "dass diese vom Volk ausgelöste revolutionäre Bewegung friedlich verläuft", auf die gesamte VM. Deren Soldaten hätten den "Einsatz gegen das Volk entschieden" abgelehnt. Sehr kritisch geht Pfeiffer
mit Rainer Eppelmann, dem letzten Verteidigungsminister der DDR, um. Dessen Taktik hätte zunächst zu viel versprochen, schließlich aber "zur kalten Abwicklung von Tausenden von Berufssoldaten der NVA" geführt. Die Übernahme der Soldaten der VM durch die Bundesmarine habe man mit Erwartungen verbunden, die sich vielfach nicht erfüllten. Das "NVA-Soldaten zugeschriebene Stigma, Angehöriger einer Parteiarmee und Systemstütze gewesen zu sein", habe zu einer radikalen Entlassungswelle geführt. Diese Sicht erscheint nzutreffend, denn zweifellos gab es unter den Berufssoldaten der DDR stramme Systemgänger. Überdies waren Strukturen und Verwendungsmöglichkeiten in beiden Armeen wenig kompatibel. Die vertragliche Obergrenze für gesamtdeutsche Streitkräfte zwang zu drastischen Reduzierungen.
Dem Thema "Konfrontation auf See" ist nur ein Teil des Buchs gewidmet. Dabei ist der Begriff weit gefasst. Beschreibt Pfeiffer doch eine Fülle von Episoden und wenig spektakulären Einzelereignissen: Verweigern des üblichen Gruß-Zeremoniells, Beschimpfungen, aber auch Provokationen, etwa durch gefährliche Manöver oder
Überflüge in niedriger Höhe, Rettung von Flüchtlingen, Rammings oder Kollisionen. Beide Marinen waren permanent in der Ostsee präsent, um Flagge zu zeigen und Informationen über die jeweils andere Marine zu gewinnen. Vieles gibt Pfeiffer nach Erzählungen von Kameraden aus Volksmarine oder Bundesmarine wieder. Über
die Quellen erfährt man leider nichts.
Seine zentralen Aussagen hat Pfeiffer in "Thesen zur Konfrontation von Volksmarine und Bundesmarine auf See" zusammengefasst. Unbeschadet der beschriebenen Konfliktsituationen hätten sich danach beide deutsche Marinen "in ihrer Systemeinbindung und ihrem Selbstverständnis" als "Friedensstreitmacht" verstanden, deshalb dürften zu Recht auch ihre Angehörigen in Ost und West in gleicher Weise für sich in Anspruch nehmen, "für den Frieden eingetreten und dafür Militärdienst geleistet zu haben". Es entspräche "einem schlechten Stil", den Angehörigen der VM "wegen der Andersartigkeit des politischen Systems in der DDR" im Nachhinein einen Vorwurf zu machen; erst mit der Wiedervereinigung habe sich "die Frage nach dem Sinn des Dienstes" gestellt. Damit kann man pauschal alle Soldaten und Verantwortungsträger der VM entlasten, selbst wenn sie überzeugte Anhänger des SED-Systems waren. Zu hinterfragen ist deshalb auch Pfeiffers weitere These, an Bord habe sich jenseits "des
ideologischen Wunschdenkens" der SED "ein maritimes Eigenleben" entwickelt, viele Marinesoldaten hätten "mehr an Seefahrt und weniger an den Sozialismus auf See" gedacht. Obwohl der Autor rückblickend kritisch anmerkt, die Friedenspolitik der DDR habe im Gegensatz zu den eingeschränkten Freiheiten der Bürger gestanden, lassen seine Aussagen Äquidistanz beim Blick auf die Systemunterschiede erkennen.
Weitere Abschnitte befassen sich mit Möglichkeiten und Praxis der Aufklärung in beiden Marinen sowie mit dem Thema "Militärpropaganda und psychologische Kampfführung". Hier erfährt man, mit welchen Mitteln beide Seiten wechselseitig versuchten, Soldaten und Bevölkerung zu beeinflussen. Pfeiffers Buch vermittelt - bei begrenzter wissenschaftlicher Bedeutung - interessante Einblicke in ein weniger bekanntes Kapitel der deutschen Militärgeschichte. Es dürfte seine Leser vor allem unter ehemaligen Marineangehörigen finden.
HANS EHLERT.
Ingo Pfeiffer: Gegner wider Willen. Konfrontation von Volksmarine und Bundesmarine auf See. Carola
Hartmann-Miles Verlag, Berlin 2012. 376 S., 24,80 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main
Jochen Wittmann, Auftragstaktik.
Von Friedrich Jeschonnek im Hardthöhenkurier 2013-04
Jochen Wittmann, Auftragstaktik, Miles Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-937885-58-2, in englischer Sprache, 108Seiten, einige Grafiken und Tabellen im Text, Abkürzungs-, Literatur- und Quellenverzeichnis und Index. Vorwort von Generalmajor a.D. Christian Milotat.
Auftragstaktik ist ein Führungsprinzip, das durch die Art der Auftragsvergabe nur zwingend notwendige Vorgaben macht und mehr oder minder große Freiräume zu einer flexiblen und situationsgerechten Durchführung einräumt.
Das Werk konzentriert sich auf Anwendung der Auftragstaktik im Allgemeinen und im besonderen in der operativen Ebene. Ausgehend von den Definitionen Operativer Führung und Auftragstaktik wird der Bogen von der historischen Entwicklung bis zu heutigen Rahmenbedingungen, Anwendungsmerkmalen und konzeptionellen Grundlagen gespannt. Darauf aufbauend werden Anwendungsbereiche und Relevanz für die Führung im heutigen militärischen Umfeld und darüber hinaus analysiert und diskutiert bzw. sich daraus ergebende Schlussfolgerungen gezogen.
Eberhard Birk / Winfried Heinemann / Sven Lange (Hrsg.)
Tradition für die Bundeswehr. Neue Aspekte einer alten Debatte.
Rezension von Oberst a.D. Friedrich Jeschonnek in Hardthöhenkurier 2/2013, S. 136
Der Sammelband beleuchtet die alte Streitfrage nach der Tradition der Bundeswehr anhand aktueller Fragestellungen. Vierzehn Autoren schreiben zu Traditionsentwicklung, gesellschaftlichen Rahmenbedingungen bzw. Öffentlichkeit, sich verändernden Konflikt- und Einsatzformen, Relevanz der Einsätze, Bedeutung von Werten, Tugenden und Ethos für die Traditionsgestaltung, Traditionswerte aus der NVA, Neuausrichtung und Tradition, Rolle von Kasernennamen bzw. Traditionsräumen und Bedeutung von Symbolik, Brauchtum, Zeremonien für die Bundeswehr.
Ausgehend von der Rede von Verteidigungsminister de Maizière zur Tradition im Oktober 2011 in Dresden werden Vorschläge für ein europäisches Traditionsverständnis und Prolegomena für neue Traditionsrichtlinien entwickelt. Im Anhand sind neben der Rede des Verteidigungsministers die bisherigen Erlasse zur Tradition, darunter der immer noch gültige aus dem Jahre 1982, abgedruckt.
In Zeiten der Neuausrichtung der Bundeswehr gewährt der Sammelband eine profunde Standortbestimmung bei der unverändert aktuellen Suche nach dem gültigen geistigen Erbe unserer Soldaten. Dabei wird auf Fragen eingegangen: Wie verändern die neuen Aufgaben der Streitkräfte und Herausforderungen das Verständnis von Tradition? Welche eigene Tradition hat die Bundeswehr in den fünfzig Jahren ihres Bestehens entwickeln können?
Das Werk ist ein wichtiger Beitrag zur Traditionsdiskussion. Der Sammelband wird deshalb unseren Lesern zur Lektüre empfohlen.
Gedanken zum Buch von GenMaj a.D. Christian E.O. Millotat
Das Buch, "Tradition für die Bundeswehr", will zur Diskussion über eine neu akzentuierte, die Erfahrungen aus den internationalen Krisenreaktions-einsätzen der Bundeswehr berücksichtigende und Denkmuster des Kalten Krieges ablegende Traditionspflege in der Bundeswehr im Einsatz nach Aussetzung der Allgemeinen Wehrpflicht anregen. Es soll auch konkrete Anstöße zur Neufassung des Traditionserlasses von 1982 geben. Nachdem der Aufruf von Verteidigungsminister Dr. Thomas de Maizière zu einer erneuerten Traditionsdebatte bei der Wiedereröffnung des Militärhistorischen Museums in Dresden am 14. Oktober 2011 bei der Truppe und in der Öffentlichkeit ohne Echo verhallt ist, wollen die 15 Autoren des Buches mit nicht miteinander verzahnten Beiträgen diese vom Minister gewollte Diskussion anregen helfen.
Das Autorenteam besteht aus sechs Offizieren der Bundeswehr, einem Marineoffizier der früheren Nationalen Volksarmee sowie neben dem Abteilungsleiter Politik im Verteidigungsministerium in der Materie bewanderten „Schlachtrössern" wie Donald Abenheim ( USA), Rolf Clement, Herfried Münkler, Cora Stephan und Rüdiger Wenzke. Unter den Autoren befindet kein höherer Truppenführer mit Einsatzerfahrung. Die Herausgeber schließen ihr Buch mit einem Entwurf eines zukünftigen Traditionserlasses ab.
Die Autoren sind von der Notwendigkeit einer aktualisierten Traditionspflege in der Bundeswehr überzeugt und grenzen Tradition von militärischem Brauchtum ab. Sie halten einen neuen Traditionserlass für erforderlich. Sie verweisen darauf, dass Traditionspflege in den verbündeten Streitkräften einfacher und mehr an Offizierpersönlichkeiten und Kriegshelden ausgerichtet ist als in der Bundeswehr. Sie konstatieren die anhaltenden Wirkungen des Schattens von Stalingrad, der in Deutschland die Traditionspflege der Bundeswehr in unserer postheroischen Gesellschaft noch immer beeinflusst. Sie stellen die Abneigung der deutschen Bevölkerung gegen in bewaffneten internationalen Konflikten und Kriegen kämpfende Soldaten der Bundeswehr heraus und fragen, was für einen Soldatentypus die deutsche Bevölkerung wolle, den privaten Krieger, den archaischen Kämpfer oder den technokratisch-ökonomischen Macher. Sie arbeiten heraus, dass sich die Traditionspflege in der Bundeswehr an dem Wertekatalog des Grundgesetzes orientieren muss, stellen im Bereich des Themas rigides Schwarz-Weiß – Denken fest und bemängeln das Fehlen von Zwischentönen.
Ein Autor entwickelt Traditionsfelder für heutige Soldaten: Die Bewährung im Einsatz, die Tradition des Helfens, die Tradition des Führens mit Auftrag, die Tradition multinationaler Zusammenarbeit und die Tradition des Dienens. Ein anderer stellt eine Traditionsliste der Einsätze der beiden letzten Jahrzehnte auf und bewertet ihre Erfolge. Auch untragbare Benennungen von Kasernen nach Offizieren, die sich zum Nationalsozialismus bekannten und Kriegsverbrechen begangen haben und Traditionsräume in den Kasernen werden behandelt.
Ein Autor entwickelt Gedanken für ein europäisches Traditionsverständnis, ein anderer stellt heraus, dass Verbündete die deutsche Traditionspflege nie verstanden hätten und plädiert für eine Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der Inneren Führung als deutschem Markenzeichen auch im Zeitalter internationaler Krisenreaktionseinsätze.
Die Tendenz einer Internationalisierung der Armee im Einsatz und die umstrittenen Reizbegriffe „Gefallene", „Krieg", „Veteranentag", „militärische Auszeichnungen" sowie die große Ablehnung der deutschen Bevölkerung von internationalen Krisenreaktionseinsätzen sowie seine Gründe werden überzeugend diskutiert. Dieser unvollständige Streifzug durch Inhalte der Beiträge des Buches zeigt, wie umfassend das Thema Tradition in der Bundeswehr behandelt worden ist. Keiner der Autoren befasst sich mit der Frage, ob die Bundeswehr Traditionserlasse braucht und nimmt vertieft Stellung zu den beiden Erlassen von 1985 und 1982, ihren Zielen und Wirkungen in Truppe und deutscher Öffentlichkeit.
Im Juli 1965 hat Verteidigungsminister Kai - Uwe von Hassel mit dem Erlass "Bundeswehr und Tradition" versucht, den in der jungen Bundeswehr praktizierten Traditionsformen Richtung und Grenzen vorzugeben. Er wollte damit den an einigen Stellen entstandenen „Wildwuchs" im Bereich gepflegter Kontakte mit früheren Soldaten der Wehrmacht einhegen. Es wäre besser gewesen, wenn ein solcher Erlass 1957, im Jahr der Aufstellung der Bundeswehr, vorgelegen hätte. 1965 hatte er den Charakter einer Reaktion auf unerwünschte Entwicklungen im Bereich der Traditionspflege. Tradition wurde als Überlieferung des gültigen Erbes der Vergangenheit und Teil der soldatischen Erziehung definiert. Das Verbot, Traditionen ehemaliger Truppenteile der Wehrmacht an Truppenteile der Bundeswehr zu verleihen, führte zu Protest und Unverständnis. Truppenteile der jungen Bundeswehr hatten solche Traditionen seit 1957 übernommen und pflegten sie rege. Der Erlass trieb zwischen frühere Wehrmachtsoldaten und Bundeswehr einen Keil. Er hinterließ eine Wunde, die nie mehr vollständig geschlossen werden konnte.
1) Die Wehrmachtsregelung des Erlasses wurde vielfach als ungerecht und unkameradschaftlich von der Truppe und den früheren Soldaten empfunden. Aus deren Sicht bewährte Traditionsverbindungen mussten aufgelöst werden. Der Erlass war in der Aufbauphase des Offizierkorps der Bundeswehr aus Sicht der politisch-strategischen Führung der Bundesrepublik Deutschland wahr-scheinlich notwendig. 1963 dienten in der Bundeswehr 22800 Offiziere. 13000 stammten aus der Wehrmacht, andere aus der Gruppe der Beamten, die 1957 aus dem Bundesgrenzschutz freiwillig in die Bundeswehr eingetreten waren, dem Reichsarbeitsdienst, den Bereitschaftspolizeien der Länder, den Dienstgruppen der alliierten und eine kleine Zahl aus der Waffen SS. Einige waren erst Anfang 1956 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrt und hatten nicht am Aufbau der Bundesrepublik Deutschland teilnehmen können. Von den übernommenen Wehrmachtsoffizieren kamen 2. 750 aus der Unteroffizierlaufbahn, 400 waren in der Bundeswehr Offiziere geworden. Der Anteil früherer Reserveoffiziere ohne systematische Ausbildung zum Erzieher und Ausbilder war hoch. Hinzu kamen mit steigender Zahl die ersten in der Bundeswehr ausgebildeten jungen Offiziere. Mit Idealismus, Schwung sowie Improvisationsvermögen haben diese Offiziere die junge Bundeswehr aufgebaut und auf Kriegstüchtigkeit ausgerichtet.
2) In der Traditionspflege waren sie aber aus Sicht der Führung unsicher, hatten Irrwege beschritten und bedurften der Führung durch den Bunde-sminister der Verteidigung. Am 20. September 1982, in seinen letzten Tagen als Bundesminister der Verteidigung, erließ Hans Apel die noch immer gültigen "Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege in der Bundes-wehr", die den Erlass von 1965 ablösten. In ihnen wurde angeordnet, dass Begegnungen im Rahmen der Traditionspflege nur mit solchen Verbänden und Personen erfolgen dürfen, die in ihrer politischen Grundeinstellung den Werten und Zielvorstellungen unserer verfassungsmäßigen Ordnung verpflichtet sind. Das Verbot des Vorgängererlasses, Traditionen ehemaliger Truppenteile der Wehrmacht zu verleihen, wurde auf alle früheren deutschen Streitkräfte ausgedehnt. Es sollen nur solche Zeugnisse, Haltungen und Erfahrungen aus der Geschichte bewahrt werden, die als ethische und rechtsstaatliche, freiheitliche und demokratische Traditionen auch für unsere Zeit beispielhaft und erinnerungswürdig sind, also vor allem Geschehnisse, in denen Soldaten über die militärische Bewährung hinaus an politischen Erneuerungen teilhatten, die zur Entstehung einer mündigen Bürgerschaft beitragen und den Weg in ein freiheitliches, republikanisches und demokratisches Deutschland gewiesen haben. 3) Der "Aufstand des Gewissens" gegen Hitler vom 20. Juli 1944 wird im Erlass nicht erwähnt. Der Passus über ihn, erklärte später sein Verfasser, sei im Zeitalter von Klebstoff und Schere im Verteidigungs-ministerium auf dem Vorlageweg verloren gegangen. Vor der Übernahme des Bundesministeriums der Verteidigung kündigte Manfred Wörner mehrfach an, er werde den Apelschen Traditionserlass sofort aufheben. Offenbar hat die sogenannte Kießlingaffäre, aus der sich der Minister nur mühsam retten konnte, diesen Plan in den Hintergrund treten lassen. Wörner und später Verteidigungsminister Volker Rühe betonten aber häufig, dass Soldaten der Wehrmacht, die weder exponierte Nationalsozialisten waren noch Verbrechen begangen hatten und durch herausragende Taten im Krieg hervorgetreten sind, Vorbilder für Soldaten der Bundeswehr sein können, auch wenn die Wehrmacht als Ganzes nicht tradierwürdig sein könne. Sie stellten sie neben die Soldaten, die am 20. Juli 1944 Hitler beseitigen wollten. Diesen Weg ging auch Staatspräsident Mitterrand bei der Feier zum fünfzigjährigen Ende des Zweiten Weltkriegs in Berlin, wo er über die Soldaten der Wehrmacht sagte: "… Sie waren tapfer. Sie nahmen den Verlust des Lebens hin. Für eine schlechte Sache, aber diese ihre Heldentat hatte damit nichts zu tun. Sie liebten ihr Vaterland. Das muss man sich klarmachen. …"
4) Siebzehn Jahre später, am 22. November 2012, sagte Staatsminister a.D. Klaus von Dohnanyi über die Soldaten der Wehrmacht: … Weil der Zweite Weltkrieg… von so unvorstellbaren deutschen Verbrechen begleitet war, fällt es der Öffentlichkeit heute schwer, dennoch der Tapferkeit und des Mutes der toten Soldaten auch dieses … Weltkrieges in Ehren zu gedenken. … Ich möchte … heute sagen, dass solche Bedenken unbegründet sind. Denn die weitaus größte Zahl der deutschen Soldaten des Zweiten Weltkrieges war genauso ehrenhaft, genau so tapfer und genauso pflichtbewusst wie die Soldaten Polens, Frankreichs, Englands, Russlands oder der USA, und aller anderen kriegsteilnehmenden Nationen. … Im Krieg selbst, an der Front, standen … alle Soldaten … in der Pflicht der Kameradschaft und schließlich hatten sie auch das Gefühl, ihr Vaterland vor dem Eindringen der Kriegsgegner schützen zu sollen. …"
5) Diese Aussagen beider Politiker sollten für die Einbeziehung von Soldaten der Wehrmacht in die zukünftige Traditionspflege der Bundeswehr Richtschnur werden. Nachdem in einer Ansprache an der Führungsakademie der Bundeswehr Verteidigungsminister Rudolf Scharping die Traditionspflege auf die Inseln „Befreiungskriege", "20. Juli 1944" und "in der Bundeswehr entwickelte Tradition" reduziert hatte, erließ 1999 der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Helmut Willmann, einen „Wegweiser für die Traditionspflege im Heer", der die Traditionspflege auf diese drei Inseln reduzierte. Was diesen außerordentlich verdienstvollen Inspekteur des Heeres hierzu bewegt und wer ihn dabei beraten hat ist nicht bekannt.
6) Der Traditionserlass von Minister Apel und Willmanns „Wegweiser" sind Kinder des untergegangenen utopischen, ideologischen und pädagogisch - moralisierenden Zeitalters und seiner retrospektivischen Traditions-konstruktionen voller Gebote, Verbote und Gängelungen.
7) Im Traditionserlass von 1982 befinden sich keine Hinweise auf ethische sowie berufsfachliche tradierwürdige Elemente der deutschen Militärkultur und ihrer Schöpfer wie das preußisch- deutsche Generalstabssystem, die in ihm entwickelten Verfahren der Stabsarbeit sowie Befehlstechniken und das Prinzip Führen mit Auftrag. Im Traditionserlass angelegt und in Willmanns „Wegweiser" weiter ausgeführt, werden alle bedeutenden deutschen Soldaten, die unsere Militärkultur zwischen den preußischen Heeresreformen und dem 20. Juli 1944 entwickelt und gestaltet haben, der römischen „Damnatio Memoriae" unterworfen, im antiken Rom die höchste Strafe für einen Bürger. Herausragende deutsche Soldaten zwischen diesen Traditionsinseln wurden fortan vor allem nur noch in den Militärakademien, höheren militärischen Ausbildungsstätten sowie Universitäten der Verbündeten behandelt. Das hat bei deutschen Offizieren zu historischen Defiziten geführt und erschwert das Finden ihres Selbstverständnisses als in der internationalen Soldatenfamilie von heute.
Beide Erlasse und Willmanns "Wegweiser" wirkten auf viele frühere Soldaten verstörend und verletzend. Es muss bei Neuregelungen der Traditionspflege vermieden werden, dass zwischen früheren Soldaten aus der Zeit des Kalten Krieges ohne Einsatzerfahrung und heutigen Soldaten, die von den internationalen Krisenreaktionseinsätzen geprägt sind, erneut ein spaltender Keil getrieben wird.
Eine historisch fundierte, Soldatenherzen erwärmende Traditionspflege soll heutigen Soldaten beim Bewältigen der Gegenwart helfen und ihr soldatisches Selbstverständnis schärfen. Das sind vor allem die heutigen internationalen Krisenreaktionseinsätze, in denen sie sich Seite an Seite mit ihren Verbündeten bewähren. Die emotionale Seite der Traditionspflege ist in der Bundeswehr lange unterschätzt worden. Ihre ideologische Einhegung sowie alle Versuche, sie umzusetzen, haben hierzu beigetragen. Traditionspflege in der Bundeswehr im Einsatz schärft die Konturen der deutschen, von bedeutenden Soldaten entwickelten Militärkultur, die ihren Charakter bestimmt und für die uns unsere Verbündeten beneiden. Der Orientierungspunkt sowie Eckpfeiler einer solchen Traditionspflege als Maßstab für deutsche Soldaten sind das Grundgesetz und die Regelungen für unsere Parlamentsarmee durch das Bundesverfassungsgericht. Auch aus diesem Grunde können die Traditionen der in NATO und Europäischer Union verbündeten Armeen nicht miteinander verschmolzen werden, wie es einem der Autoren in seinem Aufsatz offenbar vorschwebt. Es wird aber eine weitgehende Annäherung und gegenseitige Ergänzung geben, bei der jede Armee ihre spezifische Militärkultur bewahrt und pflegt wie die vielen Armeen und Kontingente in Kriegen der Vergangenheit, beispielsweise zur Zeit Napoleons, Wellingtons , Kaiser Wilhelms I. , in den beiden Weltkriegen und in vielen weiteren Kriegen. Diese frühen Formen der Multinationalität warten noch immer auf eine wissenschaftliche Untersuchung. Diese könnte tradierwürdige Felder für die Traditionspflege in unserer Zeit herausfinden.Ein zukünftiger Traditionserlass, wenn er denn für unerlässlich gehalten wird, sollte dem Clausewitzischen Axiom folgen, nur Grundsätze zu formulieren. Gebote und Verbote, Wörter wie "soll", "muss" oder Aussagen einschränkende Formulierungen sollten in ihm vermieden werden. Er muss in evozierendem Deutsch abgefasst werden. Die Prolegomena für neue Traditionsrichtlinien der Bundeswehr am Ende des Buches sollten unter Berücksichtigung dieser Feststellungen und Linien überarbeitet werden.
Das Buch erreicht das von seinen Autoren formulierte Ziel. Es regt durch eine breitgefächerte Bestandsaufnahme zum Bereich Tradition in der Bundeswehr zum Nachdenken an. Es ist ihm zu wünschen, dass es hilft, die Diskussion über die Traditionspflege in der Bundeswehr anzuschieben. Hierbei besteht aber kein Zeitdruck. Es sollte abgewartet werden, bis die Einsatzerfahrungen, vor allem aus Afghanistan, für den Bereich der Traditionspflege der Bundeswehr wirklich tragfähig sind. Die aufgelöste Nationale Volksarmee bietet keine tradierwürdigen Elemente für die Bundeswehr.
Anmerkungen:
1)Vgl. Bundeswehr und Tradition, Erlass des Bundesministers der Verteidigung, Fü B I4 – Az. 35-08-07 vom 02. Juli 1965.
2) Offizierzahlen der frühen Bundeswehr bei Georg Meyer, Zur inneren Entwicklung der Bundeswehr, in: Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik, Band 3, hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, München 1993, S. 1152 – 1161.
3) Vgl. Bundesministerium der Verteidigung, FüS I 3 – Az 35 – 08 – 07, Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege in der Bundeswehr, in: Der Bundesminister der Verteidigung, Führungsstab der Streitkräfte ( Fü S I 4), ZDv 10/1, Innere Führung, Selbstverständnis und Führungskultur der Bundeswehr, Bonn, 28. 01. 2008.
4) Francois Mitterand, Ansprache Über Deutschland. Insel- Verlag, Frankfurt amMain und Leipzig 1995, S.199 ff.
5) Totengedenken, Gedenkansprache von Klaus von Dohnanyi bei der zentralen Gedenkfeier am Ehrenmal des Heeres auf dem Ehrenbreitstein in Koblenz am 22. November 2012, in: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., Arbeit für den Frieden 2013, Band 111.
6) Vgl. Bundesministerium der Verteidigung, Inspekteur des Heeres, Fü H I 1 – Az 35-31-01, Wegweiser für die Traditionspflege im Heer.
7) Zum Begriff des utopischen Zeitalters vgl. Joachim Fest, Der zerstörte Traum, vom Ende des utopischen Zeitalters, Berlin 1991. Ich habe ihm die Begriffe "ideologisch" sowie "pädagogisch- moralisierend" zur Verdeutlichung dieses Zeitabschnitts hinzugefügt, der mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der deutschen Wiedervereinigung zu Ende gegangen ist.
Robert B. Thiele, Die Treuhänderin
Thriller mit Bundeswehrbezug
Eine echte „Räuberpistole“ hat Robert Thiele (ein Pseudonym) mit „Die Treuhänderin“ verfasst. Aktionen von Geheimdiensten, veruntreute Treuhandvermögen, dubiose Geschehnisse in Bundeswehrkreisen, sogar der versuch eines Staatsstreichs – all das mischt sich in dem Roman zu einem Thriller, der als Urlaubslektüre durchaus kurzweilig sein dürfte. Vorzuwerfen ist dem Buch allenfalls, dass möglicherweise zu viele Handlungsstränge den berühmten „Roten Faden“ ersetzen. Wer die Schnittstellen von Politik und Militär kennt, wird aber an der einen oder anderen Stelle ein „déja-vu“-Erlebnis haben.
In: Die Bundeswehr 4-2012, S. 99
Jahrbuch Innere Führung 2011
Klaus-Jürgen Bremm in den Militärgeschichtlichen Mitteilungen (MGZ) 70 (2011)
Die Grenzen des Militärischen. Hrsg. von Helmut R. Hammerich, Uwe Hartmann und Claus von Rosen, Berlin: Hartmann Miles Verlag 2010, 300S. (=Jahrbuch Innere Führung, 010), EUR 24.80 [ISBN 978-3-937885-30-8]
Militärische Mittel können kein Ersatz für politische Strategien sein. Der laufende Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan scheint diese Aussage seit nunmehr neun Jahren mit aller Deutlichkeit zu belegen. Soldaten könnten mit ihren Waffen, so die Herausgeber des neuen Jahrbuchs Innere Führung in ihrem Vorwort, den politischen Entscheidungsträgern nur Zeit verschaffen, wirkliche Lösungen aber müssten auf wirtschaftlicher oder diplomatischer Ebene gefunden werden. Wo aber liegen genau die Grenzen des Militärischen? Können sogenannte asymmetrische Kriege ohne den Einsatz von Massenvernichtungsmitteln noch gewonnen werden? Was können Streitkräfte 20 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges in einem sich dramatisch gewandelten sicherheitspolitischen Umfeld überhaupt noch leisten und wie müsste ihre Unterstützung seitens Politik, Medien und der Wissenschaft aussehen?
Die im vorliegenden Band versammelten Autoren versuchen nicht nur im Hinblick auf das aktuelle deutsche Engagement am Hindukusch eine Antwort zu geben. Sie stellen die Frage auch grundsätzlich für eine Bundeswehr als Teil einer Zivilgesellschaft, die militärischen Lösungsmustern größtenteils kritisch gegenübersteht. Analog zu dieser doppelten Perspektive ist der Band in zwei Hauptschritte gegliedert.
Während sich der erste Hauptteil mit der sichtbar gewandelten Rolle des Soldaten in Staat und Gesellschaft befasst, versucht der zweite unter dem Leitmotiv der "Kleinen Kriege" einen historischen Überblick über eine gar nicht so neuartige Konfliktform zu geben.
Die insgesamt 16 Verfasser - deren akademischer oder beruflicher Hintergrund leider nicht genannt werden - beschränken sich nicht nur auf die Wiederholung der häufig vernehmbaren Klage, dass die Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung dem Einsatz der NATO- Verbündeten in Afghanistan oder in anderen entfernten Zonen gleichgültig oder gar ablehnend gegenübersteht. Vielmehr versuchen sie Strategien aufzuzeigen, mit deren Hilfe sich die zunehmende Isolation der Streitkräfte im eigenenLand überwinden ließe.
Dass die Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht hierzu wenig zielführend ist, betont Klaus Wittmann in seinem von der politischen Entwicklung allerdings schon überholten - gleichwohl engagierten - Plädoyer für die alte Wehrverfassung. Das Beispiel anderer Streitkräfte zeige doch ganz klar, so Wittmann, dass Berufsarmeen nicht notwendig professioneller agieren als die bisher noch in der Bundeswehr praktizierte und bewährte Mischung aus Wehrpflichtigen, Zeit- und Berufssoldaten.
Uwe Hartmann betont in seinem Beitrag die wichtige Rolle deutscher Intellektueller bei einem möglichen militärischen-zivilen Brückenschlag und sieht trotz hoffnungsvoller Ansätze dafür vor allem die Bundeswehrführung in der Pflicht, die notwendige Debatten bisher allerdings nach Möglichkeit unterdrückt hat. Klaus Naumann wiederum sähe das Primat des Politischen durchaus nicht infrage gestellt, wenn sich die deutsche Militärelite in strategischen Fragen häufiger zu Wort melden und sich endlich als eigenständiger Ratgeber der Politik positionieren würde. Dass angesichts vielfältiger Empfindlichkeit auf Seiten der gewählten Entscheidungsträger so manche militärische Karriere rasch beendet sein könnte, lässt er nicht gelten und vertraut auf das Fingerspitzengefühl des Militärs.
Hans-Joachim Reeb lotet mit Hilfe einer Reihe militärischer Schlüsselbegriffe Trends der Berichterstattung hiesiger Medien aus und konstatiert, dass der Soldat der Bundeswehr zunehmend als aktiver Kämpfer oder als traumatisierter Heimkehrer wahrgenommen wird, so dass eine noch weiter "wachsende Distanz zu einer überwiegend zivil sozialisierten und friedensorientierten Bevölkerung" zu befürchten sei. Eindeutig zu unkritisch im Tenor fällt der Beitrag von Jörn Ungerer und Peter Zimmermann aus, die sich mit den psychischen Grenzbelastungen der Soldaten in Afghanistan befasst. Wenn hier von umfassenden Präventions- und Behandlungskonzepten der Bundeswehr die Rede ist, sollte auch der Wahrheit zuliebe die Zahl derjenigen genannt werden, die wegen einer Posttraumatischen Belastungsreaktion inzwischen aus der Bundeswehr entlassen wurden und danach jahrelang und oft auch vergeblich auf die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung warten mussten. Deren Leidensgeschichten (z.B. Andreas Timmermann-Levanas, Die reden - Wir sterben, Frankfurt a.M. 2010) füllen inzwischen die Regale der Buchhandlungen.
Claus von Rosen schließt den zweiten Abschnitt des Bandes mit einem längeren Beitrag über Clausewitz und den "Kleinen Krieg" ab. Hierbei kann er mithilfe zahlreicher Passagen aus dessen Hauptwerk belegen, dass der preußische Militärphilosoph sich auch ausführlich mit dieser - im Zertalter Napoleons - eher als nebensächlich eingestuften Erscheinung befasst hat. Nähme man allerdings daraus ernst, dass es im Nuklearzeitalter eher drauf ankomme, Kriege nicht mehr zu verlieren, anstatt sie im klassischen Sinn zu gewinnen, würde sich das Afghanistan-Engagement der Bundeswehr auf eine zeitlich möglichst ausgedehnte militärische Präsenz am Hindukusch reduzieren, die außer dem regelmäßigem Body-Count erledigter Gegner keine konstruktiven Ziele mehr verfolgt.
Insgesamt bietet der von den drei Herausgebern präsentierte Band einen brauchbaren Diskussionsbeitrag zur aktuellen Lage der Bundeswehr im Spannungsfeld zwischen exterritorialem Auftrag und zivil geprägter Heimatgesellschaft. Der vor einem halben Jahrhundert mit dem Konzept der Inneren Führung gewagte Spagat zwischen Armee des Kalten Krieges und einer sich ins Postheroische flüchtenden Nachkriegsgesellschaft funktioniert offenbar nicht mehr. Territorial, personell und mental scheint die Bundeswehr sich weiter als je zuvor von den deutschen Verhältnissen zu entfernen.
Wäre ein grundsätzlicher Einwand zu formulieren, so müsste er sich gegen die etwas einseitige thematische Ausrichtung des Bandes richten: Der ausschließliche Bezug auf das aktuelle Einsatzspektrum der Bundeswehr dürfte wohl kaum die Zukunft unserer Streitkräfte erfassen. Militärische Interventionen in Übersee könnten sich sogar schon bald als eine bloße Episode der deutschen Militärgeschichte herausstellen. Angesichts des Klimawandels und der zu erwartenden - noch dramatisch anschwellenden - Migrantenströme aus dem Maghreb und dem Nahen Osten werden andere, heimatnähere Einsatzszenarios zunehmend wahrscheinlicher.
Klaus-Jürgen Bremm in MGZ 70 (2011)
Adenauers vergessener Retter - Major Fritz Schliebusch
Mit einer biographischen Studie erinnert Dieter E. Kilian an den Mann, der im Herbst 1944 die Flucht Konrad Adenauers aus dem St.-Elisabeth-Krankenhaus in Hohenlind organisierte. Fritz Schliebusch war Journalist und von 1933 bis 1937 Syndikus der Kölner Handwerkskammer. Die Rettung des späteren Bundeskanzlers kostete ihn letztlich sein Leben. Erinnerungen an Schliebusch gibt es kaum, offiziell gewürdigt wurde er für seine mutige tat nie. Für Adenauer war die Zeit im September 1944 eine Zeit der Furcht vor den Nazis, die nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler gnadenlos Jagd auf Gegner des Regimes machten. So gerät auch der Alt-OB in die Fänge der NS-Schergen, wird in seinem Haus in Rhöndorf verhaftet und schließlich in einem Gefangenenlager in Deutz eingekerkert. Als Major der Luftwaffe fasst Schliebusch den Entschluss, Adenauer zu retten, Die erste Chance ergibt sich, als dieser nach einer angeblichen Herzattacke ins Krankenhaus gebracht wird. Letztendlich scheitert die Flucht, beide werden von der Gestapo verhaftet und kommen nach Brauweiler. Während Adenauer aus der Haft entlassen wird, erkrankt Schliebusch schwer und stirbt in Gefangenschaft. Mit seinem Buch will Kilian nun an den vergessenen Retter erinnern.
In: WZ vom 2. April 2012
Reiner Pommerin (ed.), Clausewitz goes global
Oberst a.D. Jeschonnek in Hardthöhenkurier 2-2012
General Carl von Clausewitz hat mit seinem Werk „Vom Kriege“ einen zeitlosen Maßstab für strategisches, sicherheitspolitisches und militärstrategisches Denken, Planen und Handeln geschaffen. Mehr noch: Er zieht noch nach zwei Jahrhunderten diejenigen in seinen Bann, die sich 1961 in Deutschland in der Clausewitz-Gesellschaft zusammengefunden haben. Mitglieder
sind Politiker, Wissenschaftler und Offiziere. Anlässlich des nun schon fünfzigjährigen Bestehens der Clausewitz-Gesellschaft, hat der MILES Verlag einen beachtenswerten Festband zum weltweiten Verständnis von Clausewitz in englischer Sprache herausgegeben.
Es werden der derzeitige Umgang sowie die aktuellen Interpretationen und Wertschätzungen von Clausewitz Werk in verschiedensten Ländern präsentiert. Hierzu gehören die Darstellung
der Bedeutung seines Werkes in Österreich, Belgien, China, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Israel, Italien, Japan, Niederlande, Norwegen, Slovenien, Südafrika, Spanien, Schweden, Schweiz und in den USA. Damit wird der Wert des Werkes „Vom Kriege“ aus globaler Perspektive deutlich.
Neben den Darstellungen zur Verbreitung, Einschätzung, zum Stellenwert und Nutzen werden einführend auch die Geschichte der Clausewitz-Gesellschaft, deren internationale
Beziehungen und die Bedeutung von Clausewitz Werk in der heutigen Welt und Zeit herausgestellt.
Auf weiterführende Literatur wird in Anmerkungen unmittelbar hinter den einzelnen Aufsätzen hingewiesen. Ein äußerst lesenswertes, einmaliges Werk, das aufzeigt, wie weit heute und vermutlich auch in Zukunft die Aussagen von Clausewitz weltweit Politik, Wissenschaft und
Militär unverändert in ihren Bann ziehen. Damit hat die Gesellschaft sich und allen Interessierten ein würdiges „Geburtstagsgeschenk“ gegeben.
Dr. Gerd Portugall, KOMPASS 1/2012, S. 25
Dass der Militärtheoretiker Carl von Clausewitz (1780-1831) nach fast 200 Jahren nicht nur in seiner Heimat ‚angesagt’ ist, belegt dieser Sammelband, der aus Anlass der Gründung der Clausewitz-Gesellschaft e.V. vor genau 50 Jahren erschienen ist.
Diese in Hamburg ansässige Vereinigung besteht zum Großteil aus aktiven und ehemaligen hohen Offizieren, die sich nach eigener Aussage die Aufgabe gestellt haben, aus der Begegnung mit den Gedanken des preußischen Generals Nutzen für die Gegenwart zu ziehen, insbesondere durch die kritische Auseinandersetzung mit aktuellen strategischen und sicherheitspolitischen Fragen.
Laut Herausgeber Pommerin, Geschichtsemeritus und langjähriger Vorsitzender des Beirats Innere Führung, soll mit dem Buch das Studium des Clausewitz’schen Werkes möglichst weltweit angeregt und vernetzt werden. Neben mehreren Deutschen schildern Autoren aus insgesamt 17 anderen Staaten von vier Kontinenten in englischer Sprache Rezeption und Wirkungen insbesondere des posthum erschienenen Werkes „Vom Kriege“ (1832) in ihren Heimatländern. Darunter finden sich so wichtige Staaten wie die USA, China, Japan und Frankreich sowie so ‚exotische’ Staaten wie Slowenien, Südafrika und Israel. Leider fehlen Russland – dessen Uniform Clausewitz einst selbst getragen hatte – und Großbritannien.
Interessanterweise schlagen sich historisch schwierige Beziehungen zu Deutschland auch auf die Aufnahme von Clausewitz nieder, wie die Beispiele Österreich, Frankreich, Israel und selbst die USA anschaulich belegen. Interessant sind auch die Verbreitungswege, die sein Werk nahm. So erreichte Anfang des 20. Jahrhunderts eine japanische Version von „Vom Kriege“ China, die dann ihrerseits dort ins Chinesische übersetzt wurde und so u. a. Mao Zedong beeinflusste. Nach Yu Tienjun von der Universität Peking stellt der preußische General das wichtigste nicht-kommunistische Bindeglied in der Ableitung einer marxistischen Militärtheorie dar.
Claus von Rosen und Uwe Hartmann betonen im deutschen Beitrag die doppelte Bedeutung des Clausewitz’schen Werkes als sozialwissenschaftliche Theorie des Funktionszusammenhangs ‚Krieg’ einerseits und als wehrwissenschaftliche Theorie strategischen Denkens und Handelns andererseits. In den USA wurde er deshalb insbesondere nach dem Debakel in Vietnam wiederentdeckt, wie Christopher Bassford, Betreiber einer amerikanischen Clausewitz-Homepage, feststellt. Überhaupt scheinen gerade militärische Niederlagen häufig den Griff zu „Vom Krieg“ zu bewirken. So beschreibt Avi Kober von der Universität Bar-Ilan, wie die Probleme der israelischen Armee im Libanonkrieg 2006 zu einer Renaissance des adeligen Theoretikers im Heiligen Land führte.
Insgesamt betrachtet, ist der Sammelband so gut gelungen, dass ihm auch eine deutschsprachige Ausgabe zu wünschen wäre.
Reinhard Schneider, Neuste Nachrichten aus unseren Kolonien
Oberst a.D. Jeschonnek im Hardhöhenkurier 5/2011 über unser Buch "Reinhard Schneider, Neueste Nachrichten aus unseren Kolonien in Afrika" geschrieben hat.
"Basierend auf einer Sammlung von Zeitungsberichten aus den deutschen Kolonien in den Jahren 1905 und 1906 erarbeitete der Autor eine Chronologie der Einsätze und des Dienstalltags der deutschen Schutztruppen und Polizeikräfte in Afrika. Er ruft in Erinnerung, dass vor mehr als hundert Jahren militärische Kräfte weit entfernt von der Heimat eingesetzt waren, um deutsche "Innere Sicherheit" zu exportieren.
Das Werk konzentriert sich auf die chronologische Berichterstattung des Hottentottenkrieges in Deutsch-Südwestafrika (1904-07) und des Maji-Maji-Aufstandes in Deutsch-Ostafrika 1905/06. Es werden Gefechtsberichte abgedruckt, Truppenstärken dargestellt, Kontingentwechsel beschrieben und an Gefallene erinnert. Die Originalberichterstattung wird durch Fotos, Zeichnungen und Karten ergänzt. Die Qualität der abgedruckten Berichte erlaubt einen tiefen Einblick in Absichten, Ereignisse und Erfahrungen. Insgesamt ein liebevoll zusammengestelltes Werk über einen brutal geführten Kolonialkrieg der Deutschen in Südwest- und Ostafrika. Es stellt eine wertvolle Ergänzung der in den letzten Jahren entstandenen Literatur über die ehemaligen deutschen Kolonien und ihre Geschichte dar.
Lebendige Kolonialvergangenheit
Gerhard Kümmel
Der Klappentext des Buches von Reinhard Schneider machte neugierig, heißt es dort doch, dass der Band „in Erinnerung [ruft], dass auch schon vor 120 Jahren junge deutsche Soldaten und Polizeibeamte auszogen, um ‚innere Sicherheit‘ zu exportieren. Für Deutschland waren 30 Jahre Kolonialzeit volkswirtschaftlich kein Geschäft. Dennoch taten die deutschen Soldaten und Polizisten, die in die Kolonien gingen, ihren Dienst dort mit der gleichen Überzeugung, Sinnvolles und Gutes in fremden Ländern zu tun, wie die Bundeswehrsoldaten und BGS‐Beamten heute in Afghanistan, in Bosnien und in Afrika.“ Diese These wäre es zweifellos wert gewesen, vertiefend behandelt und diskutiert zu werden, doch wird man diesbezügliche Ausführungen zwischen den beiden Klappendeckeln vergeblich suchen. Auch eine Kontextualisierung der abgedruckten Pressemeldungen in das deutsche militärische Kolonialabenteuer unterbleibt bedauerlicherweise.
Wer nun aber versucht ist, ob dieser Kritik die Dokumentensammlung Schneiders in toto zu verwerfen, ist gut beraten, sich dieses noch einmal zu überlegen. Denn Reinhard Schneider lässt seine Pressemeldungen, die vorrangig aus der Deutschen Zeitung Berlin, aber auch aus anderen, vornehmlich Berliner, Zeitungen stammen, für sich sprechen. Und das tun diese ganz beredt! So erfährt man bei der Lektüre der Dokumente viel Neues und Interessantes, einmal über den Hottentottenkrieg in Deutsch‐Südwestafrika in den Jahren 1904 bis 1907 und zum anderen über den Maji‐Maji‐Aufstandin Deutsch‐Ostafrika in den Jahren 1905/06.
Manche dieser Pressemeldungen Dokumente sind sachlich‐bürokratisch‐kurz und stimmen doch nachdenklich. Ein Beispiel ist die Notiz „Deutsch‐Südwestafrika“ in der Deutschen Zeitung Berlin vom Januar 1906: „Nach Mitteilungen des Generalstabs (…) betragen die deutschen Verluste bis zum 26. Januar 1906 an Offizieren, Aerzten und Beamten 88 Tote, darunter 23 an Krankheiten Verstorbene und 73 Verwundete, an Mannschaften 1192 Tote, darunter 615 an Krankheiten Verstorbene und 646 Verwundete.“ (S. 107) Andere sind regelrechte Stimmungsberichte, die die gefährlichen Seiten des kolonialen Lebens deutlich werden lassen. Eindrückliches Beispiel hierfür ist der Brief einer deutschen Frau aus dem ostafrikanischen Kilwa vom 4. August 1905, abgedruckt in der Kölner Zeitung,in dem sie von ihren Ängsten, Sorgen und Nöten angesichts des Aufstandes im Gebiet der Matumbi berichtet. (S. 181f.) Hinzu kommt, dass die abgedruckten Pressemeldungen durch Fotos und Zeichnungen sehr schön illustriert werden. Reinhard Schneider hat somit eine Dokumentensammlungvorgelegt, die zwar auf Erläuterungen und Kontextualisierungen kompromisslos verzichtet, gleichwohl aber das Herz eines jeden Militärhistorikers ob des präsentierten Quellenmaterials höher schlagen lässt und auch von dem vielzitierten ‚Otto‐Normalverbraucher‘ mit großem Gewinn gelesen werden kann. (AMS Newletter 1/2012)
Hans-Christian Beck / Christian Singer, Entscheiden - Führen - Verantworten, Berlin 2011
Den Wandel gestalten. Innere Führung ist wichtiges Fundament des soldatischen Selbstverständnisses. Berlin.
Das Umfeld des ,,Staatsbürgers in Uniform" hat sich seit Gründung der Bundeswehr bedeutsam verändert. Die Einsätze im Ausland bestimmen ganz wesentlich den Dienst der Soldaten und auch die Neuausrichtung der Bundeswehr zu einer Freiwilligenarmee verändern die Strukturen. Und auch die Führungskultur der Bundeswehr muss sich diesen neuen Bedingungen anpassen. Hans Christian Beck, Generalmajor a.D., und Christian Singer, Oberstleutnant der Reserve, haben diesen Wandel als Anlass für ihr Buch genommen: In diesem betrachten sie das Konzept der Inneren Führung genauer und vertiefen und entwickeln die Idee ,,vom Einsatz her zu denken" weiter. Das Buch ,,Entscheiden ¬ Führen ¬ Verantworten" soll Impulse für eine Diskussion innerhalb und außerhalb der Streitkräfte setzen. Neben einer kurzen historischen Betrachtung und der Darstellung der aktuellen Situation der Inneren Führung, beschreiben zahlreiche Autoren die Anforderungen an eine zeitgemäße Führungsphilosophie der Bundeswehr ¬ vor allem in der militärischen Praxis. So wird die Frage gestellt, ob das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform überhaupt noch gelte und was getan werden müsse, um eine gesellschaftliche Anerkennung zu erreichen. Christian Thiels, Fernsehkorrespondent des ARD-Hauptstadtstudios, macht unter anderem deutlich welche Rolle die Medien auch für die Innere Führung spielen. ,,Das Internet und der damit verbundene globale Informationsaustausch in Echtzeit haben auch für den militärischen Führer und seine Entscheidungen enorme Konsequenzen. Denn alles was er entscheidet, wird zwangsläufig früher oder später an die Öffentlichkeit kommen", so Thiels. Er sagt aber auch, dass gerade Transparenz zu Akzeptanz führe. Dass der Fokus von ,,Entscheiden ¬ Führen ¬ Verantworten" vor allem auf den Einsatz gerichtet ist, macht gerade das letzte Kapitel deutlich. So schildern vorwiegend Soldaten ihre Einsatzerfahrung mit dem Blick auf die Führungsphilosophie. Hauptfeldwebel Stefan Schultze, der bereits viermal im Auslandseinsatz war, erinnert sich: ,,Es war die Ehrlichkeit und die realistische Beurteilung der Lage, welche uns geholfen hat, das Kommende zu meistern." Schultze wurde 2009 selbst bei einem Gefecht im Raum Kunduz verwundet. ,,Die Aufgabe des militärischen Vorgesetzten und Führers ist es, durch Kompetenz, Ehrlichkeit, Ruhe, Gelassenheit, Ernst und Fürsorge die Soldaten zu einer Einheit zusammenzuschweißen", betont er. ,,Entscheiden ¬ Führen ¬ Verantworten" zeigt, dass die Thematik der Inneren Führung für den Soldatenberuf im 21. Jahrhundert komplexer und anspruchsvoller geworden ist. Aber die Konzeption selbst ¬ als nationale Führungskultur ¬ bleibt nach wie vor unverzichtbares Fundament für das soldatische Selbstverständnis. (sja/eb)
Hans-Christian Beck, Christian Singer: ,,Entscheiden ¬ Führen ¬ Verantworten. Soldat sein im 21. Jahrhu n der t"; Miles-Verlag; Berlin 2011; 292 Seiten; 19,80€ ; ISBN: 3-9378-8542.
http://www.streitkraeftebasis.de/portal/a/streitkraeftebasis/!ut/p/c4/NYvLCsIwEEX_aCb1gcWdsRvBlRutG0nSWIe2SZikFcSPN1l4D5zN4eIdM04t1KtE3qkRb9ga2us3xEE_An0gWl7IALmnj6Bn88JrOXUWjHc2FSfrEmX3rJJnCJ7TWMrMnAtQh62oGik24r_qW5_lcb3abevmJC8YpunwA_xs2TY!/
Peter Heinze, Bundeswehr "erobert" Deutschlands Osten
Auf fast 300 hochinteressanten Seiten, illustriert mit 32 Fotos, beschreibt der Autor Peter Heinze seine Erlebnisse in und um die Bundeswehr in den neuen Bundesländern seit dem Tag der Wiedervereinigung.
Als ehemaliger Berichterstatter über die NVA für die Nachrichtenagentur ADN und später als freier Journalist gerät er dabei oftmals ins Staunen: Jeder zweite Offizier der Bundeswehr diente zunächst als Rekrut; an Wochenenden sind die Kasernen leer. Beim Essen sieht er keine Klassenunterschiede. Das war bei der NVA ganz anders: Aluessbesteck für Wehrpflichtige, in allen Einheiten 85 Prozent Anwesenheit an den Wochenenden und „null Bock“ nach der Wehrpflicht länger zu dienen. In elf Kapiteln hat Heinze in Artikeln, Berichten und Reportagen eine Fülle von wissenswerten, bislang unbekannten Einzelheiten zum Zusammenwachsen Deutschlands und zur Rolle der Bundeswehr in diesem Prozess in Schlaglichtern, Anekdoten und Erfahrungsberichten zusammengetragen.
Dabei hat der Autor in den Jahren nach der Wiedervereinigung vor Ort mit Soldaten aller Dienstgrade, Politikern und anderen Menschen im Umfeld der Bundeswehr gesprochen. Der Bogen spannt sich von der Situation in der NVA in den Jahren vor 1990 über die, wie es der Autor nennt, „gesamtdeutschen Streitkräfte ohne feindliche Übernahme“ und die gravierenden Strukturveränderungen innerhalb der Bundeswehr in den neuen Ländern, bis hin zum Abzug der Truppen des Warschauer Paktes von deutschem Boden, der wohl größten Militärbewegung im Nachkriegs-Europa.
Die Bilanz des Autors lautet: Aus ehemaligen Gegnern wurden Kameraden. Die neuen Soldaten in NATO-Oliv lernen mit der Inneren Führung den Geist der Parlamentsarmee kennen. Die Angehörigen der nun gesamtdeutschen Bundeswehr genossen im Osten Deutschlands schon lange vor ihrem Einsatz beim Oder-Hochwasser 1997 hohes Ansehen. Peter Heinze trifft die Atmosphäre und die Stimmung in den Streitkräften in der spannenden Epoche nach der Wiedervereinigung wirklich vortrefflich.
(Peter Behrens in Zeitschrift für Innere Führung (IF) 2/2011)
Peter Heinze
Bundeswehr „erobert“ Deutschlands Osten
Carola Hartmann Miles-Verlag,
Berlin 2010,
292 Seiten
ISBN 978-3-937885-32-2
Artur Schwitalla, Afghanistan, jetzt weiß ich erst..., Berlin 2010
Amazon vom 24.11.2010
Oberst Artur Schwitalla war vom 6. Dezember 2006 bis 12. Juli 2007 als Kommandeur des PRT (Provincial Reconstruction Team) FEYZABAD in Afghanistan eingesetzt.
Bei diesem Buch ist der Titel Programm. Dachte ich vor dem Lesen, dass ich doch recht gut über den Sinn und Zweck des Einsatzes der Bundeswehr am Hindukusch informiert sei - schließlich habe ich doch einiges an Reportagen gesehen - so wird mir schon während der Lektüre klar, wie wenig ich doch wusste.
Erwartet habe ich ein Buch eines Oberst der Bundeswehr, gelesen habe ich das Buch eines Menschen, der mit großer Verantwortung und Augenmaß einen Job erledigt, an dem "normale" Menschen wie ich zerbrechen würden.
Das zentrale Thema des Buches liegt nicht bei medial populären Kampfhandlungen, Überfällen oder Hinterhalten, sondern bei den Menschen, die in Afghanistan ihren Dienst tun oder dort als Landeseinwohner leben. Dem Leser wird die Mentalität dieser Landesbewohner nahegebracht, vorhandene Hierarchien erklärt, Abhängigkeiten erläutert - jedoch ohne ins Klischeehafte zu verfallen.
Auch wird klar, welche Leistung jeder einzelne Soldat dort vollbringt, was ihm abgefordert wird und wie sich - hier geschildert am Beispiel des PRT Feyzabad - der Zusammenhalt und die Zusammenarbeit der aus verschiedenen Nationen bestehenden Truppe in vielen Situationen darstellt.
Das wichtigste aber ist - ich habe eine befriedigende Antwort auf die Frage aller Fragen gefunden. Nämlich die, warum wir "unsere Freiheit am Hindukusch verteidigen".
Das tun wir nicht, sondern wir zeigen Verantwortung, die eine Exportnation mit dem Wunsch auf einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat nun mal hat. Wir leisten in erster Linie humanitäre Hilfe - somit also Hilfe zur Stabilisierung des Landes Afghanistan. Unsere Soldaten wollen nicht kämpfen, sie wollen die Hilfe für Afghanistan helfen zu sichern und zu fördern.
Was durch dieses Buch sehr deutlich wird ist, dass Übergriffe auf die UN-Schutztruppe nichts damit zu tun haben, dass diese Truppen im Land und bei den Afghanen nicht wohl gelitten wären. Sie sind vielmehr auf kriminelle Organisationen, die Taliban und temporäre Zweckbündnisse zurückzuführen.
Der einfache Afghane lebt in so großer Not, dass er für jegliche Hilfe dankbar ist.
Die Errichtung von Schulen und Kindergärten zeigen schon erste Früchte. Stammesälteste schicken ihre Kinder in Schulen - vermehrt werden sogar Töchter. So wird es kommen, dass in einigen Jahren die Kinder über mehr Bildung verfügen als die Erwachsenen. Das wissen viele Afghanen - und freuen sich, weil ihnen auch klar ist dass Bildung ein erheblicher Anteil am Weg aus der Not ist.
Insgesamt hat sich mein Bild über den Einsatz unserer Truppe in Afghanistan gehörig geändert. War ich vorher eher skeptisch, bin ich nun mächtig stolz auf unsere Jungs, die in Afghanistan erhebliches leisten.
Peter Heinze, Bundeswehr "erobert" Deutschlands Osten. Ein ostdeutscher Reporter im Einsatz, Berlin 2010
Die Vereinigung Deutschlands jährt sich zum 20. Mal. Das ist ein Grund zum Feiern. Daneben bietet der zeitliche Abstand von 20 Jahren Gelegenheit für eine unverblümte Bestandsaufnahme, die das damalige Versprechen der blühenden Landschaften mit den bisherigen und künftig wahrscheinlichen Entwicklungen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen konfrontiert.
Von Anfang an galt der Aufbau der "Armee der Einheit" als ein vergleichsweise erfolgreicher Beitrag zur Wiedervereinigung. Darum geht es in dem Buch von Peter Heinze, das den provokanten Titel „Die Bundeswehr ‚erobert’ Deutschland trägt“. Und wenn es dann im Untertitel heißt „Ein ostdeutscher Reporter im Einsatz“, dann vermutet so mancher, dass es um die Zerstörung einer Legende über die Erfolge der Bundeswehr geht. Gab es auch hier, im militärischen Bereich, mehr einen Anschluss als eine Integration?
Peter Heinze kannte sich gut mit dem Militär aus, als der Aufbau der Armee der Einheit begann. Sein Erfahrungshintergrund war die Nationale Volksarmee. Wenn er nun über den Prozess des Aufbaus der Armee der Einheit schreibt, dann merkt man nicht nur, dass er hautnah dabei war, sondern vor allem auch, dass er vielfach positiv überrascht wurde – von den Soldaten aus dem Westen, vor allem den Generalen, die das vertrauensvolle, partnerschaftliche Gespräch auch mit den Journalisten suchten; von der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr, die die ehemals verschlossenen Kasernentore auch für die Bürger und Bürgerinnen öffnete; von dem Engagement der vielen Soldaten aller Dienstgradgruppen, die das Zusammenrücken von Ost und West vorlebten; und auch über die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, die sich den ehemaligen Soldaten der NVA in der Bundeswehr eröffneten. Für den Autor ist die Integration der ostdeutschen Streitkräfte in die Bundeswehr also eine wunderbare Erfolgsgeschichte; und wenn er im Titel seines Buches von „Eroberung“ spricht, so zeigt dies nicht nur die Souveränität des Autors im Umgang mit dem sensiblen Thema der Wiedervereinigung, sondern auch seinen ansteckenden Sinn für Humor.
Peter Heinze ist ein großartiges Buch gelungen. Es beschreibt mit einer Mischung aus persönlichen Erfahrungen, profunden Fachkenntnissen und liebevollen Beschreibungen der handelnden Akteure, welche großartige Leistung damals vollbracht wurde. Es verdient besondere Aufmerksamkeit – weit über die diesjährigen Jubiläumsfeierlichkeiten hinaus.
(Carl Gustafson in Amazon vom 2. Oktober 2010)
Helmut R. Hammerich, Uwe Hartmann, Claus von Rosen (Hrsg.), Jahrbuch Innere Führung 2010. Die Grenzen des Militärischen, Berlin 2010
Große Veränderungen im Bereich der Inneren Führung
Die Innere Führung der Bundeswehr macht seit dem Umschwenken der sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen große Veränderungen durch. Helmut R. Hammerich, Uwe Hartmann und Claus von Rosen haben mit dem ‚Jahrbuch Innere Führung 2010’ eine Sammlung von Texten herausgegeben, die zur deutschen Sicherheits- und Streitkräftepolitik im 21. Jahrhundert interessante Denkanstösse liefert. Hierbei bedienen sich die Autoren insbesondere der Felder Politikwissenschaft, Militärgeschichte und Pädagogik.
Das aktuell diskutierte Thema der Zukunft der Wehrpflicht wird bereits eingangs aufgegriffen. Klaus Wittmann äußert sich kritisch gegenüber einer möglichen Aussetzung der Wehrpflicht, da er hierdurch schwerwiegende Probleme erkennt. Er warnt vor allem davor, dass ein neuerliches Umschwenken der sicherheitspolitischen Lage, ähnlich der Zäsur des 11. September 2001, niemals ausgeschlossen werden kann und sich Deutschland der eigenen Möglichkeit beraube, im Notfall einen schnellen Ausbau der Streitkräfte zur Landesverteidigung zu vollziehen. Weiterhin argumentiert er, dass eine Abschaffung nicht einfach damit begründet werden dürfe, dass deutsche Nachbar- und Partnerstaaten ähnlich vorgegangen wären. Stattdessen müsse sich Deutschland die Frage nach dem Wert der Wehrpflicht selbst stellen und auf Grundlage eigener Antworten handeln. In ähnlicher Manier liefern die Autoren Diskussionsstoff zur soldatischen Mentalität, dem Soldat in den Medien, der Zukunft der Auftragstaktik, der moralischen Herausforderungen des militärischen Tötens, den psychologischen Folgen des ISAF-Einsatzes sowie zur Partisanen- und Aufständischenbekämpfung in der Militärgeschichte.
Jedem, der an solchen Beiträgen interessiert ist und sich gern in Fragen der zukünftigen Ausrichtung des deutschen Militärs informiert, ist das ‚Jahrbuch Innere Führung 2010’ sehr zu empfehlen.“ (Kevin Vogel in Die Bundeswehr, September 2010, S, 66)
Ingo Werners, Fahren, Funken, Feuern. Hinweise für die Einsatzvorbereitung, Berlin 2010
In: FMF Newsletter 8/2010
Militärische deutschsprachige Literatur für die Einsatzausbildung ist selten, zumeist auf die Ebene Einzelschütze beschränkt und auf taktischer Ebene Gruppe oder Zug nahezu nicht existent.
Militärische oder polizeiliche Ausbildungszeitschriften wie die „Truppenpraxis“ oder „Wehrausbildung“ sind vom Markt verschwunden.
Um diesen Mangel abzustellen verfasste Ingo Werners das hier vorliegende Werk. Dank der hohen Praxisorientierung und des gut strukturieren Aufbaus, bietet diese Buch die ideale Grundlage für Informationen aus einem Guss, ohne langwierig Vorschriften durchsuchen zu müssen. Neben Einsatzumfeld, Vorbereitung und Nachbereitung des Einsatzes liegt der Schwerpunkt des Buches auf dem Einsatz der Gruppe und des Zuges. Zur besseren Verständlichkeit sind einfache und verständliche Skizzen im Buch enthalten.
Sascha Brinkmann, Joachim Hoppe (Hrsg.), Generation Einsatz. Fallschirmjäger berichten ihre Erfahrungen aus Afghanistan, Berlin 2010
http://www.bundeswehr.de/fileserving/PortalFiles/C1256EF40036B05B/W285BFUW907INFODE/18_Gesamtausgabe_G.pdf
Fallschirmjäger berichten über ihre Erfahrungen aus dem Afghanistan-Einsatz. Von Sylvia Jaeck
Seedorf. Feyzabad im Juni 2006. Stabsgefreiter David Böhm ist mit seinen Kameraden in einem Konvoi unterwegs auf Patrouille. Sie beobachten die Umgebung, den Straßenverlauf, halten Ausschau nach möglichen Auffälligkeiten und überwachen den Funkverkehr. „Wie wir es immer taten, also ein Tag, wie wir schon etliche erlebt hatten. Mir kam nicht in den Sinn, dass es an diesem Tag anders sein sollte. Plötzlich riss mich eine laute Detonation aus diesem Irrglauben.“ So schildert der heute 27-Jährige den Tag, der sein Leben verändern sollte – Böhm wurde durch einen IED-Anschlag schwer verwundet: „Ich sah auf mein rechtes Bein. Es war ab dem unteren Drittel des Oberschenkels um 180 Grad verdreht.“ Die Explosion schleuderte ihn durch das Fahrzeug, mit dem Hinterkopf schlug er gegen die Rückseite der Fahrerkabine des Lastkraftwagens und zerbiss sich dabei die Zunge. 19 Operationen hat der Berliner seit diesem Tag über sich ergehen lassen.
Böhm ist einer von 18 Soldaten des Fallschirmjägerbataillons 313 aus Seedorf, die im Buch „Generation Einsatz“ über ihre Erlebnisse und Eindrücke in Afghanistan berichten. Oberstleutnant Joachim Hoppe und Hauptmann Sascha Brinkmann sind die Herausgeber der Erfahrungsberichte. Die Soldaten aus dem Norden Deutschlands waren im Januar 2002 als erste deutsche Soldaten am Hindukusch und seitdem immer wieder in Afghanistan im Einsatz. „Mit den Berichten der Soldaten wollten wir vor allem das Wissen an diejenigen weitergeben, die zum ersten Mal in den Einsatz gehen“, erläutert Hoppe, bis März Kommandeur des Fallschirmjägerbataillons 313, die Idee des Buches. Dabei sollen keine Heldengeschichten erzählt, sondern echte Erfahrungen weitergegeben werden. „Die Beiträge sollen nach innen und außen wirken“, erklärt Hoppe. „Die Soldaten tragen damit als ‚Staatsbürger in Uniform’ eben auch zur öffentlichen Diskussion bei.“
Böhm hat lange überlegt, ob er von seinen Erfahrungen als verwundeter Soldat zu diesem Buch beitragen soll. Doch dann wollte er auch anderen Betroffenen eine Perspektive geben, ihnen seine Erfahrungen mitteilen und aufzeigen, was nach einem Anschlag folgt. Er selbst sei eher naiv in den Einsatz gegangen. Nach seiner Verwundung dachte er „na gut, das wird ein paar Wochen dauern – aber dann bist du wieder dabei.“ Vier Jahre sind nun schon vergangen, seine letzte Operation ist erst einige Woche her. „Ich empfinde eine ganz große Hochachtung für David Böhm, wie er damit umgegangen ist“, sagt Hoppe und freute sich über dessen Entscheidung, einen Teil zum Buch beizutragen.
Während Böhm sich vor allem an Betroffene wendet, wollte Hauptfeldwebel Steffen Palmroth die beruflichen und menschlichen Perspektiven seiner Aufgabe als Scharfschütze erläutern. In „Sniper at work“ berichtet er über die Sicherung einer Operation italienischer Kräfte in Kabul, aber auch von der Anspannung „wenn man auf seiner Nachtpatrouille in die Rohrmündung einer Kalaschnikow schaut, gehalten von einem etwa 18-jährigen, unter ‚Stoff’ stehenden Hilfspolizisten.“ 16 Jahre ist Palmroth schon Soldat. Als Scharfschütze hat er mit den Anforderungen und Herausforderungen seine Berufung gefunden. Demnächst geht er in seinen siebten Auslandseinsatz. „Wir erfüllen unseren Auftrag und gehen. Aber zuhause bleibt meine Frau zurück. Sie muss sich dann allein um die zwei Kinder kümmern“, sagt der 37-Jährige. Sein Beitrag in „Generation Einsatz“ soll auch ein Dankeschön an seine Familie sein.
Verschiedene Berufsgruppen – vom Kompaniefeldwebel, über den Hundeführer bis hin zum Sanitäter – berichten in „Generation Einsatz“ von ihren Erfahrungen aus insge¬samt sieben Jahren Auslandseinsatz in Kabel, Kunduz oder Fey-zabad. Gezielt haben die Herausgeber die Autoren angesprochen und um Mitarbeit gebeten. Auf Wunsch der Autoren geht der gesamte Erlös des Buches an das Soldatenhilfswerk. Das Buch soll jedoch nichtprovozieren. Es soll zur öffentlichen Diskussion des Afghanistaneinsatzes beitragen und „ist ein Gesprächsangebot“, sagt Mitherausgeber Brinkmann.
Offen und ehrlich berichten die Soldaten aus ihren Erlebnissen. Der Leser ist erstaunt, betroffen und manchmal auch sprachlos. Aber es sind Erfahrungen über die es sich zu lesen lohnt!
Sascha Brinkmann und Joachim Hoppe (Hrsg.): „Generation Einsatz – Fallschirmjäger berichten ihre Erfahrungen aus Afghanistan“; Carola Hartmann Miles Verlag, Berlin 2010; 252 Seiten; 24,95 Euro; ISBN 978-3-937885-25-4.
Uwe Hartmann (ed.), Connecting NATO. NCSA under the leadership of Lieutenant General Ulrich Wolf, Eschede 2009
AMS-Newsletter 02/2010
Die NATO im Kommunikationszeitalter
Uwe Hartmann (Hg.) (2009): Connecting NATO. NCSA under the Leadership of Lieutenant General Ulrich H. Wolf. Berlin: Carola Hartmann Miles-Verlag, 200 Seiten, 29,80€.
Anfang August des Jahres 2004 nahm die NATO Communication and Information Systems Services Agency (NCSA) im belgischen Mons ihren Betrieb auf. Die NCSA gehört zur NATO C3 Organization und fällt dort in die Verantwortlichkeit des NATO C3 Board. Operativ jedoch steht sie unter der Lei-tung des SACEUR. Im Gründungsdokument für die NCSA wird ihr Betätigungsfeld als „the provision of secure end-to-end information exchange services and information processing services required for NATO Consultation, Command and Control using fielded CIS systems in the most effective manner“ benannt (S. 17); die Einrichtung selbst versteht sich mit ihrem Leitspruch ‘Connecting NATO’ als eine Art Kommunikationszentrale des Bündnisses. Die NCSA kann damit ohne jeden Zweifel als eines der wichtigsten Rädchen im Getriebe der NATO gelten.
Geleitet wurde die NCSA bis zum April 2009 von dem deutschen General Ulrich Wolf, dem der vor-liegende Sammelband, geschrieben von Angehörigen der NCSA, gewidmet ist. Die insgesamt 18 Beiträge des von Uwe Hartmann im Miles-Verlag herausgegebenen Buches beschäftigen sich mit einer Vielzahl von Aspekten der Organisation und der Tätigkeit der NCSA. Da geht es beispielsweise um die Organisationsstrukturen der NCSA, ihren Beitrag zu den internationalen Einsätzen der NATO, etwa in Afghanistan, ihre Rolle im Informationskrieg und in der Cyber-Verteidigung, um ihre Corporate Identity und ihr Selbstverständnis, um die multinationale Zusammenarbeit in der NCSA wie auch, neben anderem mehr, um die Kooperation und Kooperation in einer Einrichtung, die nicht nur aus Soldaten besteht, sondern bei der Zivilisten aus der Industrie integraler Bestandteil sind. Deutlich wird in all diesen Beiträgen die Wertschätzung, die General Wolf als Direktor der NCSA entgegengebracht wird und die dessen um- und weitsichtige Steuerung der Geschicke der NCSA reflektiert.
Der Band ist jedoch weit mehr als ein Lobgesang der Mitarbeiter auf ihren – ehemaligen – Chef. Er liefert reichhaltiges und eben wissenschaftlich auswertbares Anschauungsmaterial für die Anpassung einer Organisation an ein sich veränderndes Umfeld, gerade auch im technologischen Bereich. In dieser Hinsicht kann das Buch organisationssoziologisch als ein Beitrag zum Organisationswandel gelesen werden. Des Weiteren gewähren die Beiträge einen tiefen Einblick in die Praxis militärischer multinationaler Zusammenarbeit und liefern dabei wichtige Anhaltspunkte für das diversitätssoziologische Problem der Produktion von Arbeitseffektivität und Output in heterogen zusammengesetzten Gruppen. Ähnliches gilt für die Kooperation von Soldaten und Zivilisten in einer Gruppe, wobei hier noch ein zusätzliches Problem studiert werden kann, nämlich das der militärischen Abhängigkeit von privat-wirtschaftlichen Leistungen. Vor allem aber richten die Beiträge sozusagen subkutan und indirekt den Blick auf die organisationssoziologische Frage nach den Parametern, Bedingungen und Determinanten einer erfolgreichen Führung von Organisationen. Der Hartmannsche Sammelband ist damit weitaus vielschichtiger als es auf den ersten Blick erscheinen mag, so dass er eine breite Leserschaft anspricht – und zweifellos auch verdient!
Gerhard Kümmel
Rezension zu Christoph Karich, Bewährung im Grünen Meer
Carl Gustafson auf AMAZON.de
Endlich. Lange haben wir darauf gewartet: Auf einen spannungsgeladenen Roman über das, was unsere Marine schon seit einigen Jahren am Horn von Afrika tut. Dabei ermöglicht uns das Buch von
Christoph Karich nicht nur, tief in die vielen ja unbekannte Welt der Bundesmarine einzutauchen und die Erlebniswelt ihrer Soldatinnen und Soldaten mitzuerleben, sondern liefert auch einen
kenntnisreichen sicherheitspolitischen Rahmen, in dem unsere Schiffe und ihre Besatzungen eingesetzt sind. Das Personal der Fregatte im Einsatz im Roten Meer, das Einsatzführungskommando in
Potsdam, Ministerien, Nachrichtendienste, der Außenminister auf Reisen ... und dann natürlich der Gegner: islamistische Terroristen, die sich viele hinterhältige Anschläge einfallen lassen, um
der deutschen Fregatte und anderen Schiffen der Allianz möglichst großen Schaden zuzufügen.
Sicherlich: der Roman ist erst mal ein Thriller, der den Leser fesselt und sich bestens für einen Kino- oder Fernsehfilm eignen würde. Man kann den Roman aber auch als Lehrbuch lesen: über unsere
Marine und ihre Soldatinnen und Soldaten, über die vernetzte Sicherheitspolitik, mit der die Bundesregierung Krisen und Konflikte bewältigen möchte; und natürlich auch als Verstehenshilfe für die
soldatische Lebens- und Gedankenwelt, die sich ja doch oftmals von zivilen Maßstäben und Orientierungen unterscheidet. Vielleicht liegt hier der einzige kleine Kritikpunkt: Die handelnden
Personen der Marine sind ein wenig zu gut. Vielleicht wäre ein wenig mehr Idealismus bei der Beschreibung der Motive und Motivation der Soldatinnen und Soldaten überzeugender gewesen.
Schlussendlich: Ja, dieses Buch gehört nach oben auf die Bestsellerlisten - nicht nur bei den Angehörigen der Marine.
Rezension zum "Jahrbuch Innere Führung 2009"
Freundeskreis Heeresaufklärer
Der Panzerspähtrupp
Nachrichtenblatt Nr.46, Oktober 2009-11-04
Von Oberst a.D. Hubertus Greiner
Offengestanden - ein „Jahrbuch Innere Führung" vermag den Leser per se nicht aus dem Sessel zu reißen! Die Vermutung liegt nahe, dass erneut das Bild vom „Staatsbürger in Uniform" in
perfektionierter politischer Korrektheit die so-und-sovielte Auflage erhält, erweitert um die Erfahrungen der Auslandseinsätze. In denen sich unsere Soldaten in positivem Zugehen auf die
Bevölkerung berechtigterweise bewährt haben...
Aufhorchen lässt jedoch der Untertitel „Rückkehr des Soldatischen". Und tatsächlich: Die aktuelle Verschärfung der Lageentwicklung auch in dem deutschen Verantwortungsbereich Afghanistans wirft
vermehrt Fragen auf, die man in der Öffentlichkeit, aber auch in Teilen des Militärs eher verdrängt hat. „Willkommen in der Wirklichkeit" wurde in der Presse provokant formuliert.
Das vorliegende Jahrbuch trifft also den Kern einer zunehmenden Diskussion - unter den Soldaten wie auch in der Gesellschaft, wenngleich mit unterschiedlicher Zielrichtung.
Zu welchen Ergebnissen kommt das Buch?
Drei Themenkreisen widmen sich die Beiträge der Autoren:
• Der Gedanke der Spannung einer „Armee im Einsatz".
• Notwendige Veränderungen oder Transfers auf den Ebenen Politik und Militär sowie
• Die einsatzbestimmte Sinnfrage für den Soldaten einer friedensbetonten Zivilgesellschaft.
Bedauerlich nur, dass diese Themenkreise nicht auch die Gliederung des Jahrbuches bestimmt haben. Anstelle der sehr allgemeinen Untergliederung in „Politik und Gesellschaft" und „Führung,
Ausbildung und Erziehung".
Folgende ausgewählten Autorenbeiträgen mögen exemplarisch die breite, wertvolle Diskussion mit ihren besonderen Erkenntnissenn, wiedergeben:
1. Prof. Dr. Christian Walther, ehemaliger Inhaber des Lehrstuhles „Evangelische Theologie" an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg, stellt unter dem Titel „Militär, Zivilgesellschaft,
Staat. Zur Bedeutung von Streitkräften" die Frage, ob die „Innere Führung" als die „Philosophie der Bundeswehr" ihr angestrebtes Ziel wirklich erreicht hat, „Soldaten keine Sonderrolle mehr
spielen, sondern sie in erster Linie „cives" sein zu lassen. Denn - „der Zivilgesellschaft ist der Soldat fremd", sodass „es nicht ohne Probleme abgehen wird, zwischen Soldat und
Zivilgesellschaft eine direkte Beziehung herzustellen", insbesondere in einem "pazifistisch bestimmten Allgemeinklima" wie der bundesrepublikanischen Gesellschaft. Stattdessen bedarf „ein von
Gesinnung, Takt, Empathie und Humanität geprägtes Verhalten des Soldaten zu seiner Begründung nicht erst der Zivilgesellschaft. Dafür gäbe es auch andere Bezugsgrößen wie Elternhaus, Erziehung,
Bildung, schließlich aber auch die Armee selbst."
Soldaten stehen - anders als eine Zivilgesellschaft - zum Staat in einer direkten Beziehung und werden benötigt, weil sie „a basic element of our lives fort two generic overarching purposes -
defence and security" sind (General Smith). Der Spannungsbogen eines asymetrischen Krieges zwischen „Kampf" und dem Gewinnen der „Herzen der Bevölkerung" verlangt jedoch inzwischen im Blick auf
den Schutzauftrag des Staates eine Neubestimmung bloßer militärischer Stärke. So ist „Terrorismus" eben auch ein hochgradig politisches Problem, bei dem „unsere Interessen und unsere Ethik
eindeutig im Einklang stehen" müssen. In dieser politischen Auseinandersetzung sind „Soldaten implizit (zwar) auch am Aufbau und der Förderung der Zivilgesellschaft beteiligt" - in der Konzeption
dieser Gesellschaft jedoch spielt der Soldat keine oder allenfalls eine Nebenrolle.
Diese von Prof. Walther vorgenommene Abgrenzung und Klarstellung ist eine hilfreiche Wegweisung für die Rolle des Staates als Auftraggeber und die Art einer differenzierenden Auftragstellung im
Einsatz.
2. Einen weiteren Aspekt von Spannungen einer „Armee im Einsatz" kennzeichnet Prof. Dr. Dietrich Ungerer, Sicherheitswissenschaftler an der Universität Bremen, mit seinen Untersuchungen zum Thema
„Menschenbild und Kampfverhalten". Unterschiedliche, ja konträre Menschenbilder, geprägt durch Kultur, Religion, Weltanschauungen, Erziehung und Lebensraum, haben für den Soldaten nachhaltigen
Einfluss auf sein „kampftaktisches" Verhalten. Wie wird er damit fertig - wie sind Erfolg oder Misserfolg damit verbunden? Lässt sich ein Gegner besser bekämpfen, wenn sein Kampfverhalten
angenommen wird? Wie kann in einem „Partisanenkrieg" eine Umsteuerung der Menschenbilder erfolgen, um diesen Krieg zu „gewinnen"?
„Menschenbildanalysen für Kampfeinsätze stehen erst am Anfang", so Prof. Ungerer. Es ist dringend geboten, sie weiter auszubauen, um vertiefende Kenntnisse für das Bestehen in einem Kampfeinsatz
zu erhalten.
3. Mit der spannungsreichen Frage „Staatsbürger in Uniform" oder „Kämpfer" setzt sich Dr. Klaus Naumann, Historiker und Mitarbeiter in Hamburger Institut für Sozialforschung in seinem Beitrag
„Die Bundeswehr im Leitbilddilemma" auseinander. Er stellt fest, dass „weder die schlechte alte noch die gute neue Tradition die aktuellen Probleme" löst. Weder die „Wehrmachtsgläubigkeit", die
in einer „Sehnsucht nach Vereinfachung und Eindeutigkeit" einen Zielkonflikt heutiger Einsatzrealität herbeiführt, noch die „Staatsbürgerbeschwörung", die zu einer Art „Neoorthodoxie der
Gutgesinnten" wird, führt aus der Problematik heraus. Verschärft kann man sagen, dass sich die „strukturelle Distanz zwischen der Gesellschaft und dem Militär vergrößert - der
„civil-miltary-gap...
Ist ein Problem auf Gegenseitigkeit".
- So entstehen folgende Traditionsdilemmata in der Moderne:
Einerseits die Suche nach einer Traditionspflege, die geeignet ist, Soldaten ein untrügliches Gefühl dafür zu geben, „was geht und was nicht geht". - Andererseits das Gegenüber von professionellen, gruppenspezifischen - also „partikularistischen" Traditionssträngen und „universalistischen" Werthaltungen, die „streng normativ auf das Grundgesetz ausgerichtet" sind.
- Schließlich die Feststellung, dass der „Staatsbürger als Soldat" und der „Soldat als Kämpfer" aus Traditionsbeständen leben, „die der Staat nicht rechtlich dekretieren kann, auf die er aber dringend angewiesen ist".
„Die eigentliche Herausforderung des Traditionsproblems und des Leitbildes (aber) besteht nicht darin, die Unvereinbarkeiten zum Verschwinden zu bringen, sondern einen neuen Modus ihrer
Verträglichkeit auszuhandeln" - denn beide werden gebraucht, der „Kämpfer" wie der „Staatsbürger in Uniform". So könnte sich am Ende zeigen, dass „der komplexe militärische Tugendkanon eng mit
den klassischen (Bürger-) Tugenden der Klugheit, der Gerechtigkeit, der Tapferkeit und des Maßes korrespondiert". Heraus käme dann ein Leitbild des „soldiers" und nicht des „warriors".
Die vorgestellten Autorenbeiträge machen durchweg deutlich, dass eine Weiterentwicklung der Inneren Führung dringend geboten ist und die Einsatzrealitäten ein erweitertes Denken erfordern, das
der Inneren Führung nicht in der Wiege gelegen hat.
Die neue ZDv 10/1 soll dazu Antworten für die Truppe geben. Ob das gelungen ist, damit befasst sich Oberstleutnant a.D. Prof. Dr. Claus v. Rosen, u.a. Leiter des Baudissin-Dokumentationszentrums
bei der Führungsakademie der Bundeswehr. Sein Beitrag „Die ZDv 10/1 Innere Führung von 2008. Vorschrift - Handbuch - Überbau" setzt sich umfangreich und kritisch mit Inhalt, Aufbau und
Zielrichtung der Vorschrift auseinander.
Unter dem Stichwort „Frieden" wirft er der neuen Vorschrift u.a. vor, „Abschied vom Soldat für den Frieden genommen" zu haben. Er verweist auf die Vorschrift von 1972 mit der dortigen Aussage,
„der Dienst ( des Soldaten) ist Friedensdienst" und verbindet das mit der Forderung, dass dieses Leitbild gerade auch im Einsatz gelte.
Mit dem Vorwurf, die Vorschrift huldige einem „hierarchisch-autoritären Verständnis von Führung", verbindet er die Kritik, „der Gedanke, dass Befehlen im Militär künftig mehr Koordinieren und
Gehorchen mehr Kooperieren bedeute, greift in so einem Vorgesetztenbild nicht". Die Vorschrift zeige sich als „ein Rückfall in altes Führungsdenken mit Hierarchie, autoritärem Führungsanspruch
und Führung als Einbahnstraße von Oben nach Unten". Sein Schlussurteil: „ Die neue Vorschrift hat sich... vom konflikttheoretischen Grundsatz für eine Führungsvorschrift verabschiedet". Dies
„...lenkt das notwendige Verständnis von Innerer Führung in eine falsche Richtung..."
Diese harsche Kritik ist erstaunlich, und der Rezensent fragt sich, ob es nicht eine Kritik ist, die in alten Dogmen stehengeblieben ist und die Fragen heutiger Einsätze nicht hinreichend
wahrnimmt oder die überhaupt nicht erkennt. Sie gibt eher das Gedankengut der 60er bis 80er Jahre wieder und ist für die soldatische Extremsituation von heute - auch im Gegensatz zu den anderer
Autorenbeiträgen - wenig zielführend.
Das Jahrbuch Innere Führung stellt in seiner Einleitung fest, dass „ über viele Jahre hinweg in der deutschen Gesellschaft ebenso wie in der Bundeswehr Spannungen und Reibungen verdrängt oder
nicht ernstgenommen wurden. Heute dagegen wächst wieder die Einsicht, dass die Existenz des Soldaten mit speziellen Herausforderungen verbunden ist" - für den Soldaten wie für Politik und
Gesellschaft.
Dieser (selbst-)kritische Ansatz ist den Herausgebern mit der Auswahl der Autorenbeiträge weit überwiegend gut gelungen. Das Jahrbuch wird so zu einer Fundgrube interessanter weiterführender
Betrachtungen. Die Herausgeber stellen sich damit einer besonderen Verantwortung und erreichen, dass auch das folgende Jahrbuch mit Spannung in die Hand genommen werden wird.
olgt in Kürze
Rezension zu Kay Kuhlen, Um des lieben Friedens willen, Eschede 2009
Nachrichten aus dem Einsatzgebiet
Kay Kuhlen, seit 1987 bei der Bundeswehr in verschiedenen Führungs-, Stabs- und Lehrverwendungen in der Truppe und im Generalstabsdienst tätig und derzeit Oberstleutnant und Referent für
Militärpolitik bei der Ständigen Vertretung Deutschlands bei der Europäischen Union in Brüssel, hat wie so viele Soldaten vor und nach ihm bei seinem Eintritt in die Streitkräfte gelobt, „der
Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen; eben so, wie es im Paragrafen 7 des Soldatengesetzes vorgegeben ist. Dass ich
dies allerdings auf dem Balkan würde tun müssen, hätte sich 1983 wohl keiner träumen lassen." (S. 14) An dieser Formulierung wird deutlich, welch weiten Weg die Bundeswehr seit Ende des
Ost-West-Konflikts zurückgelegt hat. Hier, in diesem Buch, erfahren wir darüber eine ganze Menge, und zwar, das macht seinen spezifischen Reiz aus, auf der Mikroebene eines erlebenden Soldaten,
der als Peacekeeper im Kosovo tätig war. Möglich wird dadurch, so die durchaus zutreffende Formulierung in dem Klappentext des Buches, ein „Blick hinter die Kulissen der Bühne internationaler
Konfliktverhütungspolitik", der uns, so der Text weiter, „den Alltag der Menschen in einer Welt voller Elend, Zukunftsangst und organisierter Kriminalität" miterleben lässt.
So erfahren wir also etwas über die Lebensumstände eines KFOR-Soldaten; über seinen beengten Wohncontainer, den Mangel an Privatheit - „Privatsphäre. Das war es in der Tat, was ich am meisten
vermisste." (S. 43) -, das penetrante Schnarchen des Mitbewohners, die Minengefahr bei Autofahrten, die Unmengen chemischer Zusätze, die dem Leitungswasser zu hinreichender Duschqualität
verhelfen wie auch über das Denken an und die Sorge um den Partner und die Familie zuhause.
Wir erhalten einen kleinen Einblick in die Lebensbedingungen der Menschen im Kosovo; in die organisierte Kriminalität, die dort herrscht und deren UNMIK mit Hilfe von KFOR Herr zu werden
versucht; über die Clanstrukturen, die das Zusammenleben prägen; über den Kanun, den Verhaltenskodex der Albaner; über den Müll, den die Menschen in der Landschaft entsorgen; über das
Allgemeindelikt des Elektrizitätsklaus und über die nicht gerade zimperlichen Versuche der Albaner, den Serben Haus und Hof abzukaufen und sie aus der Provinz zu vertreiben.
Wir bekommen eine Ahnung von der Tätigkeit eines KFOR-Soldaten, der in der Abteilung Militärischer Nachrichtendienst des UNMIK-Hauptquartiers arbeitet und die Einsatzpraxis am eigenen Leib
erfährt; von Personalüberprüfungen wegen eines Antrags auf Tragen einer Schusswaffe; von der Hektik, die um sich greift, wenn es Hinweise auf einen Anschlag gibt; von nächtlichen
Überwachungsflügen zur Unterbindung von Schmuggelaktivitäten wie auch von Straßenpatrouillen.
Und schließlich können wir uns auch ein plastisches Bild von den praktischen wie inhaltlichen Problemen multinationaler militärischer Zusammenarbeit machen, wenn etwa Sprache und Sprachkenntnisse
zur macht- und einflussverteilenden Schlüsselqualifikation wird; wenn von den „erhebliche[n] Nachteile[n]" (S. 88) die Rede ist, die bestehen, wenn der Personaldurchlauf durch diese Abteilung ein
hoher ist; wenn sich Spannungen zwischen Franzosen und Amerikanern auf den täglichen Dienst auswirken; wenn amerikanische Offiziere „ihr eigenes Befehlsrecht als Grundlage nahmen und oft
vergaßen, dass dies ein multinationales Hauptquartier war" (S. 68)
Kuhlen scheut kritische, bisweilen sogar provokante Einschätzungen und Beurteilungen wie diese nicht. So kommentiert er beispielsweise den Besuch des Verteidigungsausschusses des Deutschen
Bundestags im Kosovo mit den Worten: „Keine spezifischen Kenntnisse über sicherheitspolitische Zusammenhänge, kein haushaltspolitischer Background, um kompetent Einfluss auf die Struktur der
Streitkräfte zu nehmen?" (S.118) Er berichtet desillusioniert von dem Verpuffen von Großaktionen wie Razzien, bei denen 15.000 KFOR-Soldaten etwa nach Waffen suchen - „Ein totaler Reinfall eben!"
(S. 213) - wie auch davon, dass es 40.000 Soldaten und Polizisten vor Ort nicht gelingt, „Mord, Erpressung, illegale Straßensperren (...), Drogen-, Waffen-, Zigaretten-, Alkohol- und
Menschenschmuggel" zu unterbinden. (S. 222) Und er kritisiert, dass „von einem gemeinsamen Weg der Internationalen Gemeinschaft nicht die Rede sein [kann]. Das ist insbesondere deswegen schade,
da Hunderte Soldaten und Zivilisten über Monate hinweg Achtzehn-Stunden-Tage absolviert haben (oder noch werden), um etwas zu bewegen in dieser Provinz; und sei es nur zu beweisen, dass das Gute
über das Böse obsiegen wird." (S. 224) „Gezielte zusammengefasste Operationen gab es nicht." (S. 222)
Diese Kritik richtet sich auch an die politisch wie militärisch Verantwortlichen, denn das „hohe Maß an Inkompetenz fast aller politischen Strömungen in- und außerhalb der Provinz ließ mich das
eine oder andere Mal erschauern und machte auch vor den höchsten militärischen Führern dieser Friedensoperation nicht halt." (S. 206) Bei aller Kritik sieht Kuhlen aber auch den Wert der
KFOR-Mission: „Für die Menschen, die hier mit den Straßenpatrouillen lebten, war der KFOR-Soldat Garant für körperliche Unversehrtheit und vielleicht wichtiger, Wegbereiter in eine bessere
Zukunft." (S. 154)
Es sind wertende Passagen wie diese, die das Buch zu einem Gewinn und lesenswert machen, und kann folglich all jenen empfohlen werden, die sich über die Praxis deutscher Auslandseinsätze etwas
genauer informieren möchten.
Dr. Gerhard Kümmel im AMS Newsletter 03/04 2006
Rezension zu Uwe Hartmann, Innere Führung, Berlin 2007
Soldaten – Spezialisten für Menschenwürde
Der Berufssoldat Hartmann, gegenwärtig bei der NATO Communication and Information Systems Services Agency in Brüssel tätig, zuvor Referent im Planungsstab der Verteidigungsminister Struck und Jung, kennt die offizielle Rhetorik und die Schwierigkeiten für deren Rezeption und Kommunika-tion in Bundeswehr wie Gesellschaft. Ihm gelingt es, in einer anderen Sprache über die Konzeption Innere Führung nachzudenken als in derjenigen der Feiertagsrede. Mit seiner Studie zu den Möglichkeiten der Umsetzung und Weiterentwicklung der Konzeption Innere Führung unter den Bedingungen von Einsatz und Transformation versucht er, Begriffe und Diskurse neu zu prägen. Dass es ihm gelin-gen möge, sowohl bei den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr wie bei den verantwortlichen Verteidigungspolitikern und in breiteren Kreisen der Gesellschaft Gehör zu finden und so tatsächlich Diskussionen anzustoßen, ist herzlich zu wünschen.
Die zentrale Botschaft von Hartmann an seine Leser lautet, dass die Konzeption Innere Führung für den Einsatz, gegebenenfalls auch für den Kampfeinsatz deutscher Soldaten unverzichtbar ist. Denn sie leistet die Einbettung des einzelnen Soldaten wie der Bundeswehr als Organisation in die Bezugsfelder Politik und Gesellschaft: Parlamentarische Kontrolle, Wehrbeauftragter etc. sind die Sicherungen ge-gen eine Bundeswehr, die sich als Staat im Staate verstehen könnte. Der Austausch mit der Gesell-schaft ist für die Bundeswehr unverzichtbar, weil er sie davor schützt, zum reinen Instrument in den Händen von Politikern zu werden. Und schließlich ist die Konzeption Innere Führung hilfreich für den einzelnen Soldaten respektive die einzelne Soldatin selbst, die durch die Beschäftigung mit ihren Leh-ren und den Menschen, die diese entwickelt und vertreten haben, lernen können, dass sie in ihrer Menschlichkeit und Menschenwürde nicht nur ernst genommen werden, wenn sie sich die Gedanken der Inneren Führung zu eigen machen, sondern sich selbst und ihren Beruf ernst nehmen.
In der Gegenwart muss es nun darum gehen, diese drei Dimensionen der Konzeption Innere Führung für die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik fruchtbar zu machen. Diesen Schritt hat Hartmann jedoch noch nicht vollzogen. Ihm geht es erst einmal darum, bei den Kritikern und Veräch-tern der Inneren Führung deren scheinbar schlagendste Argumente: ‚Innere Führung ist etwas für die Linken!’ und ‚Innere Führung taugt nicht für den Einsatz!’ für die Konzeption Innere Führung zu wer-ben. Gerade für die Anforderungen im Einsatz sei die Innere Führung hilfreich, denn sie stärke die psychische Kraft der Soldatinnen und Soldaten, die beispielsweise auf Fußpatrouille sich hohen Belas-tungen aussetzen und schnell weit reichende Entscheidungen fällen müssten. Wenn die Soldatinnen und Soldaten sich von der Politik in ihren Ansprüchen ernst genommen fühlten, wenn sie Vertrauen zu ihrer politischen und militärischen Führung haben könnten, wenn sie sich überdies von der Gesell-schaft getragen wüssten und ethisch wie interkulturell gebildet seien, dann seien sie stärkere und bes-sere Soldaten als Befehlsempfänger einer Söldnertruppe. Für ein Führungsverhalten entsprechend der Inneren Führung spreche auch, dass alle jungen Menschen, die derzeit in der Bundeswehr Dienst tun, faktisch freiwillig dort seien. Junge Menschen, die das nötige Verantwortungsbewusstsein mitbringen oder entsprechend lernbereit sind, wollten sich in ihrem Beruf stärker als die Menschen früherer Gene-rationen selbst entfalten und auch tatsächlich Verantwortung übernehmen dürfen. Die Bundeswehr wird, so die Botschaft Hartmanns, ihren politisch und gesellschaftlich gewollten Auftrag nur dann erfüllen können, wenn sie ihre Soldaten darin unterstützt. Sie soll ihre Soldatinnen und Soldaten zu Spezialisten für Menschenwürde machen – und zwar für die je eigene wie für die anderer Menschen. Denn so gebildete Soldatinnen und Soldaten handeln gewissensgeleitet, gerade sie braucht die Bun-deswehr in der gegenwärtigen Lage. In den letztgenannten Überlegungen Hartmanns klingt an, dass er der ethischen und der lebenskundlichen Bildung in der Bundeswehr einen hohen Wert zumisst.
Seine besondere Stärke hat Hartmanns um Zustimmung bei rechts und links werbendes Pamphlet dar-in, dass es alte Streitthemen wieder aufnimmt, deren Diskussion in den letzten Jahren vermieden wur-de. Der Autor plädiert für die Wiederaufnahme des Erziehungsbegriffs im Sinne eines umfassenden Bildungsbegriffs und spricht sich für eine hemmungsfreiere Traditionspflege aus. So könne man doch auch Wehrmachtsoldaten in die Liste der traditionsfähigen Zeugen aufnehmen – zumindest dann, wenn sie auch in Konzentrationslagern eingesessen haben. Und ausgesprochen munter verteilt Hart-mann Arbeit an alle Einrichtungen und Personen, die im Feld und Umfeld der Inneren Führung tätig sind. Die Einrichtungen, die im Aufgabenverbund Innere Führung zusammengeschlossen sind, sollen gemeinsam eine Diskursoffensive in Bundeswehr und Gesellschaft starten. Sehr sinnvoll dürfte zudem Hartmanns Vorschlag sein, die Lehrpläne und Lehrgänge der Bundeswehr daraufhin zu überprüfen, wann in welcher Einrichtung was zur Inneren Führung vermittelt wird und angeeignet werden kann.
Die Brisanz des Themas und die Fülle der angesprochenen Problemfelder lässt über mache Dopplun-gen von Gedanken hinwegsehen; einige Wiederholungen von Leitmotiven bringen dem Leser sogar
einen Vorteil: Sie erlauben es, die einzelnen Abschnitte des Buches (Erfolge der Inneren Führung, ihre Defizite, aktuelle Handlungsfelder) unabhängig voneinander zu lesen.
Angelika Dörfler-Dierken
Rezension zu Klaus M. Brust, Ausverkauf der Exekutive?
Söldner oder unverzichtbare Dienstleistungsunternehmen?
Private Firmen übernehmen immer häufiger Kernaufgaben von Streitkräften. Über 30 Milliarden Dollar - etwa 10% des US-Verteidigungshaushalts - hat das Pentagon 2007 für Dienstleistungen von
privaten Militärfirmen, sogenannten Private Military Companies, kurz PMC, ausgegeben; der gesamte internationale Markt wird jährlich auf ca. 100-200 Milliarden Dollar geschätzt. Das „Outsourcing"
innerhalb der Militärapparate, also das Ausgliedern einzelner Aufgabenbereiche in den privatwirtschaftlichen Sektor, hat Konjunktur, insbesondere im anglo-amerikanischen Raum. Firmennamen wie
Blackwater oder Halliburton in ihrer Rolle im Irak sind auch in Deutschland mittlerweile zu einem Synonym für dieses umstrittene Phänomen geworden. Geben Staaten, die sich militärischer
Dienstleistungen von PMC bedienen, ihr Gewaltmonopol auf?
Mit der vorliegenden breit angelegten Studie versucht der Autor das weite Spektrum der PMC, die in Deutschland bisher weder eine Rolle spielen noch politisch thematisiert werden, aufzuschlüsseln:
Wo liegen die Gründe für diese Entwicklung, welche Konsequenzen hat sie, wie ist sie insgesamt zu bewerten, welche Konsequenzen sind zu ziehen, und wie positioniert sich Deutschland?
Ausgehend vom klassischen Verständnis des Söldners in der Renaissance über die Privatarmeen eines Wallenstein und die „Dogs of War" der nachkolonialen Epoche untersucht Brust die Gründe für den
Boom der PMC, der nach Ende des Kalten Krieges mit dem Jugoslawienkonflikt einsetzte und sich nach dem 11. September 2001 dramatisch beschleunigt hat. Das weit gefächerte militärische
Dienstleistungsangebot moderner PMC reicht von „Soldiers of Fortune" über Sicherheitsdienste bis hin zu hochprofessionellen und spezialisierten Unternehmen, die beispielsweise Aufklärungs-,
Planungs- oder Ausbildungsleistungen anbieten. Die wichtigsten PMC, vorwiegend aus den USA und Großbritannien, werden detailliert dargestellt und bewertet. Ihr Handeln, oft ohne wirksame
Kontrolle durch ihre Auftraggeber in politischen und rechtlichen Grauzonen, wird an fundierten, spannenden und gut lesbaren Fallbeispielen konkretisiert.
Der leicht reißerische Teil vom „Ausverkauf der Exekutive" ist leider etwas irreführend. Brust kommt trotz einiger subjektiver Bewertungen zu durchaus abgewogenen Urteilen und zu dem Schluss,
dass auch Streitkräfte demokratischer westlicher Industriestaaten wohl zukünftig ohne PMC ihre Aufgaben nicht mehr umfassend werden erfüllen können. Der Autor schlägt hierzu vor, ein System
umfassender nationaler und internationaler Zertifizierung und demokratischer Kontrolle von PMC zu entwickeln und einzuführen. Eine intensive politische Debatte und eine Überprüfung der
Gesetzeslage auch in Deutschland werden zu Recht angemahnt.
Leider werden die unterschiedlichen Traditionen im Verhältnis von Militär zu Gesellschaft und Wirtschaft nicht thematisiert. Großbritannien und die USA - in geringerem Umfang auch Frankreich -
als gewachsene Demokratien und global agierende Staaten sind die größten Auftraggeber und haben schon immer Legionäre, Söldner und private Unternehmen eingesetzt, wie immer man dazu stehen mag.
Das Verhältnis von Militär und Gesellschaft unterscheidet sich auch im Blick auf die Rolle von PMC wesentlich von der Wahrnehmung in Deutschland. In der Bundeswehr als Parlamentsarmee wird das
Outsourcing im militärischen Bereich weit vorsichtiger betrieben. Abgesehen von Informationstechnologie, Sicherheitsdiensten zur Bewachung, Kleiderversorgung oder kurzfristigen Verträgen für
logistische Aufgaben blieben die Streitkräfte in den Kernbereichen weitgehend autonom. Das schlägt sich jedoch im Vergleich mit vielen verbündeten Streitkräften in NATO und EU in vergleichsweise
hohen Kosten nieder. Wie lange wird die Bundeswehr dies bei weiter steigender Einsatzbelastung und begrenzter finanzieller Ausstattung noch durchhalten können?
Insgesamt eine sehr lesenswerte Studie, die erstmalig eine vollständige und fundierte Grundlage bietet, sich mit dieser Problematik auseinanderzusetzen.
von Oberst a. D. Reinhard Ostermeyer
(Der Panzerspähtrupp Nr. 43 (2008), S. 55)
Rezension zu Christian Walther, Im Auftrag für Freiheit und Frieden
Ein Buch zum richtigen Zeitpunkt
Auf den Umgang einiger deutscher Soldaten in Afghanistan mit den Gebeinen Verstorbener haben viele mit Unverständnis, teilweise mit Entsetzen reagiert. Es ist richtig, dass Politik, Öffentlichkeit und Bundeswehr dieses Verhalten scharf verurteilt haben. Denn es steht im Widerspruch zu den Werten und dem Menschenbild unseres Grundgesetzes und damit zu dem, wofür der Soldat dient.
Eine Ethik, die dem Soldaten Maßstäbe für gutes militärisches Handeln setzt, hat es in der Bundesrepublik Deutschland bisher nicht gegeben. Es herrschte die Meinung vor, dass der Soldat als "Staatsbürger in Uniform" einer gesonderten Ethik nicht bedurfte. Nun zeigt sich aber, dass dies in den kriegsähnlichen Einsätzen der Bundeswehr fern der Heimat nicht ausreicht. Die Soldaten benötigen eine zusätzliche "ethische Bremse", die über das "normale Gewissen", wie es in unserer modernen Gesellschaft ausgebildet wird, hinausgeht. Unsere Verbündeten mit mehr Kriegs- und Einsatzerfahrung wissen dies schon länger. Während bei ihnen Ethik verpflichtender Teil der Ausbildung vor allem der Führungskräfte ist, klafft in der Bundeswehr - sieht man einmal von den Lebenskundlichen Unterrichten durch die Militärpfarrer ab - eine Lücke. Eine Lücke, die geschlossen werden soll, wie es ja auch im neuen Weißbuch angekündigt wird.
Da kommt das Buch des emeritierten Theologieprofessors Christian Walther mit dem Titel "Im Auftrag für Freiheit und Frieden" gerade recht. Bescheiden trägt es den Untertitel "Versuch einer Ethik für den Soldaten der Bundeswehr". Dabei schafft es der Autor, auf knapp über 100 Seiten in einer gut lesbaren Sprache das Spektrum ethischer Bezugspunkte für die Soldaten der Bundeswehr anschaulich darzulegen.
Walther geht von der These aus, dass Ethik für deutsche Soldaten deshalb so wichtig ist, weil ihnen eine tragende und Orientierung gebende Tradition fehle, auf die etwa britische oder französische Soldaten wie selbstverständlich zurückgreifen könnten. Er versucht nicht, die spezifisch deutsche Last mit der Tradition zu überwinden, indem er einen metaphysischen Wertehimmel ewiger soldatischer Tugenden konstruiert. Er will vielmehr Hilfestellung für die Lebensführung des Soldaten vor allem im Einsatz leisten. Wenn der Autor über die multinationale Zusammenarbeit, die Begegnung mit fremden Kulturen oder die moralischen Herausforderungen im Angesicht asymmetrischer Kriegführung spricht, dann spürt man, wie hilfreich Ethik für den Soldaten in seinem konkreten Tun tatsächlich sein kann. Eingängig legt Walther dar, dass, auch wenn die eigenen Werte im Einsatzgebiet nicht immer Anwendung finden, dies nicht in kulturelle Überheblichkeit oder sogar Abwertung der einheimischen Bevölkerung münden darf. Erhellend sind seine Aussagen über die internationale Zusammenarbeit. Offiziere, die in multinationalen Stäben und Verbänden Dienst leisten, blieben Repräsentanten Deutschlands und benötigten klare Vorstellungen über ihre nationale Identität, so Walther. Seine Skepsis gegenüber einem opportunen Ausweichen in eine europäische Identität ist dabei wohltuend realistisch.
Über allen lebenspraktischen Hinweisen steht die allgemeine Zweckbestimmung des Soldaten, dass er der Vernichtung von Leben entgegen zu wirken habe, indem er Frieden erhält oder wiederherstellt. Als "Freund der Freiheit" sei der Soldat unverzichtbarer Helfer der Politik, einer Politik, so möchte man hinzufügen, die demokratisch legitimiert ist. In dieser Perspektive stehe der Soldat nicht für Krieg, Unterwerfung und Willkür, sondern für Frieden, Freiheit und Menschenrechte. Walther schafft es, diesen Paradigmawechsel konkret werden zu lassen. Indem er darauf hinweist, dass Soldaten in der Regel nur die Voraussetzungen für die Gestaltung der Freiheit schaffen, nimmt er die internationale Gemeinschaft wie auch die Menschen im Einsatzgebiet in die Pflicht, ihren Beitrag für einen sich selbst tragenden Frieden zu leisten. Walthers Buch ist nicht zuletzt eine ethische Begründung für das Konzept der vernetzten Sicherheitspolitik, das sich die Große Koalition auf ihre Fahnen geschrieben hat.
Viele Anregungen für seine ethischen Reflexionen findet Walther in der Führungsphilosophie der Bundeswehr, die als "Innere Führung" weithin bekannt ist. Er steht ihr durchaus kritisch gegenüber, indem er auf den historischen Kontext ihrer Entstehung und die Notwendigkeit ihrer zeitgemässen Aktualisierung hinweist. Weiterhin tragfähig sei jedoch ihr Bild des Soldaten als einer mit einem Gewissen ausgestatteten Persönlichkeit, die aus Einsicht Gehorsam leistet. Besonders eingängig ist seine Unterscheidung zwischen Kameradschaft und Kameraderie. Letztere sei auf ein fragloses und gedankenloses Mitmachen aus und könne dazu verleiten, bedenkenlos Handlungen zu rechtfertigen, obwohl sie verwerflich sind. Dann sei Mut erforderlich, um sich dagegen zu verwehren. Wenn Walther auf die hohe Bedeutung, die der preußische Heeresreformer Gerhard von Scharnhorst den Tugenden einräumte, hinweist, dann kritisiert er damit nicht nur das libertinistische Freiheitsverständnis in modernen Gesellschaften, sondern auch das Traditionsverständnis in der Bundeswehr. Er zeigt neue Perspektiven auf, indem er ethische Grundbegriffe wie Ehre, Würde, Fairness, Gerechtigkeit, Respekt gegenüber dem Gegner sowie Tapferkeit, Mut und Opferbereitschaft stärker in das Blickfeld rückt. Auch hier kommt Walther auf die praktischen Implikationen zu sprechen. Soldaten bräuchten Tugenden nicht zuletzt deshalb, um für die Menschen in den Einsatzgebieten glaubwürdig zu sein. Nur wenn die Würde der Menschen in den Einsatzgebieten jederzeit gewahrt wird, werden sie den ihnen möglichen Beitrag für die Sache des Friedens leisten. Wörtlich heißt es bei Walther: „Verletzungen der Würde, ob mit Bedacht oder Unbedacht vorgenommen, lassen den, der das tut, seine Würde in den Augen dieser Menschen verlieren. Er gewinnt nichts, nur Feinde.“
Kritisch steht Walther der Zivilgesellschaft in Deutschland gegenüber. Kann eine Gesellschaft ihre Soldaten überhaupt noch ausreichend unterstützen, wenn sie meint, auf Tugenden verzichten zu können, weil sie als Einschränkung persönlicher Wünsche und Vorlieben empfunden werden? Und wie steht es um die Integration des Soldaten in die Gesellschaft, wenn diese ihm einen besonderen Status aufgrund seiner besonderen Pflichten und Aufgaben nicht anerkenne? Wenn sie sich für die Soldaten nur dann interessiert, wenn es zu Skandalen kommt oder wenn ein neuer Einsatz bevorsteht? Die Soldaten der Bundeswehr kommen aus unserer Gesellschaft. Sie benötigen eine Hilfe, die engagiert und ehrlich ist. Wenn die Bilder mit den Skelettteilen nach dem ersten Entsetzen schließlich zu der kritischen Frage führen, inwieweit sich darin auch gesellschaftliche Fehlentwicklungen widerspiegeln, dann zeigt sich deutlich, dass die erforderliche sicherheitspolitische Debatte auch eine ethische Komponente haben muss. Wenn Ethik damit beginnt, dass sich der Mensch selber als eine Aufgabe versteht, dann stehen wir hier vor einer pädagogischen Herausforderung, die nicht nur den Soldaten betrifft. Es ist gut, dass Christian Walther diese Zusammenhänge klar gestellt hat.
Uwe Hartmann
Rezension zu Dietrich Ungerer, Der militärische Einsatz, Potsdam 2003
Dietrich Ungerer. Der militärische Einsatz. Bedrohung – Führung – Ausbildung. Potdam, Miles-Verlag, 2003, 227 S. Im vorliegenden Buch beschäftigt sich Dietrich Ungerer, der die Streitkräfte und die Polizei schon seit über 25 Jahre in der Ausbildung aber auch im Einsatz begleitet, mit den Anforderungen und Belastungen, mit denen der Soldat und insbesondere der militärische Führer im Einsatz konfrontiert werden können. In breiter Form geht er in einem ersten Kapitel auf gegenwärtige und zukünftige Bedrohungsszenarien und Einsätze wie z.B. den Kampf gegen Terroristen, die Partisanenbekämpfung, Search and destroy Operationen aber auch friedensschaffende und –erhaltende Maßnahmen ein. Er schildert die jeweiligen Einsatzgebiete, bewertet sie und gibt dieser Bewertung angepasste Empfehlungen für die militärische Ausbildung. In weiteren Kapiteln kommen Führungsverhalten und Führungsbelastungen, das Erleben von Stress und posttraumatische Belastungsstörungen zur Sprache. Die einzelnen Formen, Verläufe und Entstehungsbedingungen werden an Hand von Beispielen und oft eingebettet in militärische Lagen beschrieben und Empfehlungen zur Vorbeugung und für die Ausbildung werden hieraus abgeleitet. Ursachenanalysen haben zum Ziel, Risiken in den militärischen Führungs-entscheidungen zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren. Die einzelnen Kapiteln sind in sich relativ abgeschlossen. Sie lassen sich auch je für sich le-sen und auswerten und erlauben so eine individuelle Bearbeitung je nach Bedarf. Der Autor versucht, alle seine Vorschläge durch Erkenntnisse aus der Psychologie und insbe-sondere aus der Stressforschung zu untermauern. Das macht das Buch auch für einen wissen-schaftlich interessierten Leser interessant. In erster Linie sind die Ausführungen des Buches aber als eine praktische Hilfe für Soldaten und ihre Vorgesetzten gedacht. Ihnen kann das Werk von Dietrich Ungerer besonders empfohlen werden.
Dr. Paul Klein, AMS-Newsletter 2003.
Rezension zu Jens Bargmann, Ethik in der Offizierausbildung, Münster 2004
Die als Inaugural-Dissertation an der Philosophisch-Pädagogischen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt 2002 bei Prof. Alexius J. Bucher (Lehrstuhl für Praktische Philosophie und Geschichte der Philosophie) angenommene und inzwischen in der zweiten Auflage vorliegende Untersuchung des lutherischen Pfarrers Jens Bargmann (Missourisynode) verspricht, die berufsethische Ausbildung der Marineschule Mürwik und der U.S. Naval Academy in Annapolis, Maryland zu vergleichen. Dieses Versprechen wird nur bedingt eingelöst. Eklektizismus und Vermittlung des Unvergleichlichen schränken den Wert der Untersuchung ein.
Dafür wird der Bogen und Referenzrahmen weit aufgespannt: Die ersten 162 Seiten der Studie referieren die Probleme der Bundeswehr und ihrer Umstrukturierung zu einer Armee im Einsatz in mehr als gebotener Ausführlichkeit: „Bundeswehr im Wertespagat“, Integration der Soldaten der NVA, „Interkulturelles Erleben“ lauten einige der Stichworte. Hinweise auf die amerikanische Situation fehlen. Die Einleitung wird ergänzt durch grundsätzliche Überlegungen zum Thema „Macht und Moral“, zugespitzt auf soldatische Berufsethik. Diese stark referierenden Ausführungen können für alle diejenigen hilfreich sein, die noch nicht verstanden haben sollten, dass die Bildung und Förderung von Gewissensbindung und ethischem Urteilsvermögen bei Soldaten von großer Bedeutung ist (Beispiele S. 106-111). Schließlich wird jeder Soldat bzw. jede Soldatin mit großer Wahrscheinlichkeit in Situationen kommen, in denen sein bzw. ihr Handeln – mag es auch legal sein – Leid verursacht. Er oder sie wird sich deshalb möglicherweise mit Schuldgefühlen auseinandersetzen müssen. Ethische Bildung soll vor diesem Hintergrund dafür sorgen, dass die Soldaten mit den ihnen zur Verfügung stehenden Gewaltmitteln sensibel umgehen. Deshalb hält der Dienstherr ein Angebot zur ethischen Bildung von Soldatinnen und Soldaten bereit.
Bargmanns Beschreibungen des ethischen Curriculums an der U.S. Naval Academy und der Marineschule Mürwik stellen dar und vergleichen, was in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Deutschland den Offizieranwärtern der Marine in ethischer Hinsicht beigebracht wird (S. 163-256). Zwar kann niemand empirisch belegen, dass das Wissen um ethisch-philosophisch-religiöse Hintergründe tatsächlich zu rechtskonformem und moralisch angemessenem Handeln führt und damit auch zur Handlungssicherheit beiträgt. Es dürfte aber gesichert sein, dass wer sich nie mit den berufsethischen Fragen beschäftigt hat, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu Fehlurteilen neigt. Bargmann arbeitet heraus, dass das soldatische Leitbild sich grundsätzlich unterscheidet (dort „Krieger“, hier „Bürger in Uniform“), dass Inhalt, Dauer und Intensität der Ausbildung sehr unterschiedlich ist (dort akademisches Jahr mit drei Unterrichtseinheiten pro Woche, hier „Impuls-Seminartag“, dessen Inhalte in anderen Unterrichten aufgenommen werden sollen), dass Stellung und Rolle von Militärseelsorgern und zivilen Wissenschaftlern sowie die Abprüfung ethischen Wissens verschieden konzeptioniert sind. Es fehlt eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit den einschlägigen Fragen; Bargmann bleibt in der Auflistung von Themen und Zeitansätzen stecken. Die Interviews mit amerikanischen und deutschen Teilnehmern an den jeweiligen berufsethischen Angeboten bergen keine tiefergehenden Erkenntnisse. Abschließend fordert der Verfasser die Einführung eines spezifisch berufsethischen Unterrichts für deutsche Soldaten ergänzend zu den lebenskundlichen, politischen und rechtlichen Unterrichten in der Bundeswehr, verstärkte Bemühungen der akademischen Pädagogik, Computersimulationen zur Einübung ethischer Entscheidungen und vieles andere, was grundsätzlich diskussionswürdig und -bedürftig ist.
Die in sich facettenreiche, manchmal auch disparate Arbeit stellt den Forschungsstand angemessen dar und weist darauf hin, dass Soldaten Menschen mit all ihren Fehlern und Schwächen sind, Menschen allerdings, deren Fehlverhalten fatalste Konsequenzen für andere Menschen haben kann. Soldatinnen und Soldaten müssen für Machtgebrauch sensibilisiert und gegen Machtmissbrauch immunisiert werden – an diesem Ziel besteht kein Zweifel. Mit welchen Methoden es erreicht werden kann - das ist zu diskutieren. Auf die Notwendigkeit dieser Diskussion aufmerksam zu machen, ist das Verdienst dieser Dissertation.
Prof. Dr. A. Dörfler-Dierken im AMS-Newsletter 2/2006
Rezension zu Uwe Hartmann, Carl von Clausewitz and the Making of Modern Strategy, Potsdam 2002
Nachdem sich Uwe Hartmann bereits 1998 mit einer ersten Arbeit über Clausewitz, in deren Mittelpunkt das philosophische Werk des preußischen Reformers stand, an die Öffentlichkeit gewandt hat, legt er nunmehr ein zweites Buch vor, das sich vor allem mit Clausewitz als einem militärischen Strategen und seinen diesbezüglichen Nachwirkungen auf das Europa nach ihm und die heutige Zeit beschäftigt. Der Autor beginnt seine Arbeit mit einer kurzen Schilderung der Person und des Lebenswerks von Clausewitz. In einem zweiten Teil macht er den Versuch, seinen Einfluss auf das strategische Denken der Vergangenheit in Deutschland, Frankreich und England nachzuzeichnen. Dabei kommt er zu zahlreichen Gemeinsamkeiten, weist aber auch Unterschiede zwischen den drei Ländern nach, die den Primat der Politik berühren, das Verhältnis zwischen Strategie und Taktik zum Gegenstand haben und die vor dem Hintergrund verschiedener philosophischer und empirischer Traditionen zu sehen sind. Die Ursachen für diese Unterschiede sieht er in der verschiedenen geopolitischen Situation der drei Länder, der Veränderung der ausbalancierten Machtbeziehungen zwischen Deutschland, Frankreich und England aber auch in den verschiedenen Erziehungs- und Bildungssystemen in den drei Armeen und insbesondere in der Heranbildung der Offiziere. In einem dritten Teil seines Buches überträgt Hartmann das Gedankengebäude des preußischen Reformers auf die strategischen Vorstellungen in der Europäischen Union. Hierbei kommt er zu dem Schluss, dass die Vorteile und Probleme, die die wachsende multinationale Zusammenarbeit in Europa heute mit sich bringen, und die Meisterung von Krisensituationen sich durchaus bereits bei Clausewitz prognostiziert finden. Insgesamt beeindruckt das Buch von Uwe Hartmann durch eine konsequente Gedankenführung, eine klare Sprache in einem leicht verständlichen Englisch und eine breite Kenntnis der wichtigsten französischen und englischen Militärtheoretiker. Nach Meinung des Rezensenten, der allerdings kein Experte in strategischen Fragen ist und nie die höheren Weihen eines Generalstabsoffiziers genossen hat, ist es dem Autor auch gut gelungen, die Zeitlosigkeit der Gedanken von Clausewitz und ihre Anwendbarkeit auf die heutige Situation in der Welt und in Europa zu belegen. Vielleicht sieht dies in den Augen strategischer Experten aber anders aus. Die können sich aber dann mit ihrem Widerspruch gerne zu Wort melden.
Paul Klein im AMS-Newsletter 3/2002