Klaus-Jürgen Bremm in MGZ 70 (2011)

 

Die Grenzen des Militärischen. Hrsg. von Helmut R. Hammerich, Uwe Hartmann und Claus von Rosen, Berlin: Hartmann Miles Verlag 2010, 300S. (=Jahrbuch Innere Führung, 2010), EUR 24.80 [ISBN 978-3-937885-30-8]

Militärische Mittel können kein Ersatz für politische Strategien sein. Der laufende Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan scheint diese Aussage seit nunmehr neun Jahren mit aller Deutlichkeit zu belegen. Soldaten könnten mit ihren Waffen, so die Herausgeber des neuen Jahrbuchs Innere Führung in ihrem Vorwort, den politischen Entscheidungsträgern nur Zeit verschaffen, wirkliche Lösungen aber müssten auf wirtschaftlicher oder diplomatischer Ebene gefunden werden. Wo aber liegen genau die Grenzen des Militärischen? Können sogenannte asymmetrische Kriege ohne den Einsatz von Massenvernichtungsmitteln noch gewonnen werden? Was können Streitkräfte 20 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges in einem sich dramatisch gewandelten sicherheitspolitischen Umfeld überhaupt noch leisten und wie müsste ihre Unterstützung seitens Politik, Medien und der Wissenschaft aussehen?

Die im vorliegenden Band versammelten Autoren versuchen nicht nur im Hinblick auf das aktuelle deutsche Engagement am Hindukusch eine Antwort zu geben. Sie stellen die Frage auch grundsätzlich für eine Bundeswehr als Teil einer Zivilgesellschaft, die militärischen Lösungsmustern größtenteils kritisch gegenübersteht. Analog zu dieser doppelten Perspektive ist der Band in zwei Hauptschritte gegliedert.

Während sich der erste Hauptteil mit der sichtbar gewandelten Rolle des Soldaten in Staat und Gesellschaft befasst, versucht der zweite unter dem Leitmotiv der "Kleinen Kriege" einen historischen Überblick über eine gar nicht so neuartige Konfliktform zu geben.

Die insgesamt 16 Verfasser - deren akademischer oder beruflicher Hintergrund leider nicht genannt werden - beschränken sich nicht nur auf die Wiederholung der häufig vernehmbaren Klage, dass die Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung dem Einsatz der NATO- Verbündeten in Afghanistan oder in anderen entfernten Zonen gleichgültig oder gar ablehnend gegenübersteht. Vielmehr versuchen sie Strategien aufzuzeigen, mit deren Hilfe sich die zunehmende Isolation der Streitkräfte im eigenenLand überwinden ließe.

Dass die Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht hierzu wenig zielführend ist, betont Klaus Wittmann in seinem von der politischen Entwicklung allerdings schon überholten - gleichwohl engagierten - Plädoyer für die alte Wehrverfassung. Das Beispiel anderer Streitkräfte zeige doch ganz klar, so Wittmann, dass Berufsarmeen nicht notwendig professioneller agieren als die bisher noch in der Bundeswehr praktizierte und bewährte Mischung aus Wehrpflichtigen, Zeit- und Berufssoldaten.

Uwe Hartmann betont in seinem Beitrag die wichtige Rolle deutscher Intellektueller bei einem möglichen militärischen-zivilen Brückenschlag und sieht trotz hoffnungsvoller Ansätze dafür vor allem die Bundeswehrführung in der Pflicht, die notwendige Debatten bisher allerdings nach Möglichkeit unterdrückt hat. Klaus Naumann wiederum sähe das Primat des Politischen durchaus nicht infrage gestellt, wenn sich die deutsche Militärelite in strategischen Fragen häufiger zu Wort melden und sich endlich als eigenständiger Ratgeber der Politik positionieren würde. Dass angesichts vielfältiger Empfindlichkeit auf Seiten der gewählten Entscheidungsträger so manche militärische Karriere rasch beendet sein könnte, lässt er nicht gelten und vertraut auf das Fingerspitzengefühl des Militärs.

Hans-Joachim Reeb lotet mit Hilfe einer Reihe militärischer Schlüsselbegriffe Trends der Berichterstattung hiesiger Medien aus und konstatiert, dass der Soldat der Bundeswehr zunehmend als aktiver Kämpfer oder als traumatisierter Heimkehrer wahrgenommen wird, so dass eine noch weiter "wachsende Distanz zu einer überwiegend zivil sozialisierten und friedensorientierten Bevölkerung" zu befürchten sei. Eindeutig zu unkritisch im Tenor fällt der Beitrag von Jörn Ungerer und Peter Zimmermann aus, die sich mit den psychischen Grenzbelastungen der Soldaten in Afghanistan befasst. Wenn hier von umfassenden Präventions- und Behandlungskonzepten der Bundeswehr die Rede ist, sollte auch der Wahrheit zuliebe die Zahl derjenigen genannt werden, die wegen einer Posttraumatischen Belastungsreaktion inzwischen aus der Bundeswehr entlassen wurden und danach jahrelang und oft auch vergeblich auf die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung warten mussten. Deren Leidensgeschichten (z.B. Andreas Timmermann-Levanas, Die reden - Wir sterben, Frankfurt a.M. 2010) füllen inzwischen die Regale der Buchhandlungen.

Claus von Rosen schließt den zweiten Abschnitt des Bandes mit einem längeren Beitrag über Clausewitz und den "Kleinen Krieg" ab. Hierbei kann er mithilfe zahlreicher Passagen aus dessen Hauptwerk belegen, dass der preußische Militärphilosoph sich auch ausführlich mit dieser - im Zertalter Napoleons - eher als nebensächlich eingestuften Erscheinung befasst hat. Nähme man allerdings daraus ernst, dass es im Nuklearzeitalter eher drauf ankomme, Kriege nicht mehr zu verlieren, anstatt sie im klassischen Sinn zu gewinnen, würde sich das Afghanistan-Engagement der Bundeswehr auf eine zeitlich möglichst ausgedehnte militärische Präsenz am Hindukusch reduzieren, die außer dem regelmäßigem Body-Count erledigter Gegner keine konstruktiven Ziele mehr verfolgt.

Insgesamt bietet der von den drei Herausgebern präsentierte Band einen brauchbaren Diskussionsbeitrag zur aktuellen Lage der Bundeswehr im Spannungsfeld zwischen exterritorialem Auftrag und zivil geprägter Heimatgesellschaft. Der vor einem halben Jahrhundert mit dem Konzept der Inneren Führung gewagte Spagat zwischen Armee des Kalten Krieges und einer sich ins Postheroische flüchtenden Nachkriegsgesellschaft funktioniert offenbar nicht mehr. Territorial, personell und mental scheint die Bundeswehr sich weiter als je zuvor von den deutschen Verhältnissen zu entfernen.

Wäre ein grundsätzlicher Einwand zu formulieren, so müsste er sich gegen die etwas einseitige thematische Ausrichtung des Bandes richten: Der ausschließliche Bezug auf das aktuelle Einsatzspektrum der Bundeswehr dürfte wohl kaum die Zukunft unserer Streitkräfte erfassen. Militärische Interventionen in Übersee könnten sich sogar schon bald als eine bloße Episode der deutschen Militärgeschichte herausstellen. Angesichts des Klimawandels und der zu erwartenden - noch dramatisch anschwellenden - Migrantenströme aus dem Maghreb und dem Nahen Osten werden andere, heimatnähere Einsatzszenarios zunehmend wahrscheinlicher.

 

Kevin Vogel in Die Bundeswehr, September 2010, S, 66

Rezension des Jahrbuchs Innere Führung 2010, Die Grenzen des Militärischen, Berlin 2010

 

Große Veränderungen im Bereich der Inneren Führung

Die Innere Führung der Bundeswehr macht seit dem Umschwenken der sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen große Veränderungen durch. Helmut R. Hammerich, Uwe Hartmann und Claus von Rosen haben mit dem ‚Jahrbuch Innere Führung 2010’ eine Sammlung von Texten herausgegeben, die zur deutschen Sicherheits- und Streitkräftepolitik im 21. Jahrhundert interessante Denkanstösse liefert. Hierbei bedienen sich die Autoren insbesondere der Felder Politikwissenschaft, Militärgeschichte und Pädagogik.

Das aktuell diskutierte Thema der Zukunft der Wehrpflicht wird bereits eingangs aufgegriffen. Klaus Wittmann äußert sich kritisch gegenüber einer möglichen Aussetzung der Wehrpflicht, da er hierdurch schwerwiegende Probleme erkennt. Er warnt vor allem davor, dass ein neuerliches Umschwenken der sicherheitspolitischen Lage, ähnlich der Zäsur des 11. September 2001, niemals ausgeschlossen werden kann und sich Deutschland der eigenen Möglichkeit beraube, im Notfall einen schnellen Ausbau der Streitkräfte zur Landesverteidigung zu vollziehen. Weiterhin argumentiert er, dass eine Abschaffung nicht einfach damit begründet werden dürfe, dass deutsche Nachbar- und Partnerstaaten ähnlich vorgegangen wären. Stattdessen müsse sich Deutschland die Frage nach dem Wert der Wehrpflicht selbst stellen und auf Grundlage eigener Antworten handeln. In ähnlicher Manier liefern die Autoren Diskussionsstoff zur soldatischen Mentalität, dem Soldat in den Medien, der Zukunft der Auftragstaktik, der moralischen Herausforderungen des militärischen Tötens, den psychologischen Folgen des ISAF-Einsatzes sowie zur Partisanen- und Aufständischenbekämpfung in der Militärgeschichte.

Jedem, der an solchen Beiträgen interessiert ist und sich gern in Fragen der zukünftigen Ausrichtung des deutschen Militärs informiert, ist das ‚Jahrbuch Innere Führung 2010’ sehr zu empfehlen.“ (Kevin Vogel in Die Bundeswehr, September 2010, S, 66)

 

 

 

 

Dr. Moerchel in IF 2010

 

Jahrbuch Innere Führung 2010. Die Grenzen des Militärischen

Medium: Buch

Themenbereich: Innere Führung

Einsatzgebiet: Weiterbildung

Kosten: 24,80 EUR

 

Dieses jetzt zum zweiten Mal erschienene Jahrbuch Innere Führung 2010 widmet sich deren schwierigen Fragen, die der Soldatenberuf aktuell aufwirft. Wichtig ist den Autoren um die Herausgeber Helmut R. Hammerich, Uwe Hartmann und Claus von Rosen dabei, dass sich die Diskussion nicht allein im beengten Raum von Soldaten und militärpolitisch-wissenschaftlicher community bewegt, sondern Öffentlichkeit und Politik erreicht.

Mit dem Aufgebot namhafter Autoren aus den Bereichen Sozialwissenschaft, Militärgeschichte, Pädagogik, Psychologie sowie dem Militär decken die Beiträge das weite Spektrum der aktuell brennenden Fragen ab, die letztlich darin münden, welche Aufgaben hat die Bundeswehr in Zukunft zu bewältigen und welche Rolle müssen Soldaten und Soldatinnen dabei übernehmen. Es wird nicht an den schwersten Belastungen vorbeigeschaut, denen sich Soldaten in den deutschen Streitkräften immer häufiger und konkret betroffen stellen müssen, nämlich der Auseinandersetzung mit dem bewaffneten Kampf und seinen bitteren Folgen: Verwundung, Tod, dem Töten und Getötetwerden.

Das Afghanistanengagement offenbart die Grenzen des Militärischen, dort wo „Soldaten durch ihr Eingreifen die Waffen zwar zum Schweigen bringen (können), für einigermaßen stabile Verhältnisse sorgen und dadurch der Politik Zeit verschaffen.“(S.9) In der Natur des Krieges liegt aber auch die „Entgrenzung“, also das Ausufern militärischer Macht einerseits und die Überschätzung der Möglichkeiten des Waffeneinsatzes durch die politisch Handelnden.

Diese Grenze beschreiben die Autoren und zeigen die Konsequenzen für die soldatische Ausbildung und deren Vorbereitung auf den Einsatz auf. Als Beispiel sei hier der Aufsatz von Dietrich Ungerer hervorgehoben, der in nüchternen Sätzen den Finger in die Wunde bisheriger Einsatzvorbereitungen und -begründungen legt, es jedoch nicht allein bei der Kritik belässt, sondern Anregungen und Hilfen für Ausbilder und auszubildende Soldaten gibt. Die Autoren liefern Diskussionsstoff zur Mentalität von Soldaten, ihr Bild in den Medien, der Auftragstaktik und zu den psychischen und physischen Folgen des Einsatzes unter Kriegsbedingungen. Abgerundet wird der Band mit einem Kapitel über den sogenannten Kleinen Krieg und diskutiert mit einer Replik von A. Dörfler-Dierken auf U.Hartmann auch die gegensätzlichen Positionen in der Erziehung zu Disziplin und Härte von Bundeswehrsoldaten.

Dieses Buch ist keine leichte Kost, aber notwendig und hilfreich, um die Entwicklung des Innenlebens unserer Streitkräfte zu begleiten und zu bewerten. (moe)

Helmut R. Hammerich,Uwe Hartmann, Claus von Rosen (Hrsg.)

Jahrbuch Innere Führung 2010

Die Grenzen des Militärischen

Miles Verlag Berlin 2010

303 S.

ISBN 978-3-937885-30-8

 

 

 

Bundeswehr aktuell 6.09.2010

 

Neu erschienen

Berlin. Die Autoren des kürzlich erschienenen „Jahrbuch Innere Führung

2010“ haben in ihrem Sammelband die „Grenzen des Militärischen“

aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert. Sie beschäftigen sich

mit der Allgemeinen Wehrpflicht, mit der Rolle von Intellektuellen

in Fragen von Krieg und Frieden, mit Fragen soldatischer Mentalität,

mit der Verantwortung der Militärelite, dem Bild des Soldaten in der

Medienberichterstattung, der Auftragstaktik angesichts zunehmender

Technologisierung, dem Töten im Krieg, Posttraumatischen Stresssyndromensowie der Erziehung zur Härte für den Einsatz. Mehrere

Beiträge widmen sich zudem dem Phänomen des „kleinen Krieges“

in der Militärgeschichte seit dem 18. Jahrhundert. (eb)

 

Helmut R. Hammerich, Uwe Hartmann,

Claus von Rosen (Hrsg.):

„Jahrbuch Innere Führung 2010“;

Miles Verlag, Berlin 2010; 304

Seiten; 24,80 Euro; ISBN 978-3-

937885-30-8.

 

 

Oberst a.D. Reinhart Ostermeyer in "Der Panzerspähtrupp"

 

Helmut R. Hammerich, Uwe Hartmann, Claus von Rosen (Herausg.): „Jahrbuch Innere Führung 2010 - Die Grenzen des Militärischen“, Berlin 2010, Miles Verlag, 304 Seiten, ISBN-10: 3937885307, 24,80 Euro

 

Zum zweiten Mal gibt der Miles Verlag auch in diesem Jahr ein „Jahrbuch Innere Führung“ heraus, diesmal mit dem Untertitel und Leitthema Die Grenzen des Militärischen.

Wie schon im „Jahrbuch Innere Führung“ des vergangenen Jahres lässt weniger der Titel als viel mehr das in diesem Jahr gewählte Leitthema aufhorchen. Dazu wird in der Einleitung ausgeführt:

„ Die Grenzen des Militärischen zu erkennen und bei der Planung militärischer Einsätze alle Mittel, die der Politik zur Verfügung stehen, umfassend zu berücksichtigen, sind Absicherungen gegen die dem Soldaten nur zu gut bekannte Tendenz zur Entgrenzung, wie sie in der Natur des Krieges liegt.“

Auf dem Hintergrund der aktuellen Auseinandersetzungen zum Strategiewechsel in Afghanistan und der Umsetzung des Konzepts der „Vernetzten Sicherheit“ möchte das Jahrbuch mit diesem Ansatz zur Vertiefung der Diskussion auf wissenschaftlichem Niveau beitragen.

Ist dieser Ansatz gelungen? Um es gleich vorweg zusagen - überwiegend ja.

Mit insgesamt acht Einzelbeiträgen in einem ersten Kapitel „Der Soldat in Politik und Gesellschaft“ wird eine breite Themenpalette behandelt: Wehrpflicht / der Soldat in den Medien / Auftragstatik im Blick auf die zunehmende vernetzte Operationsführung / psychische Grenzbelastungen im Einsatz / Töten und Überleben / Militär und Intellektuelle / Mentalität und Motivation im Einsatz und die Frage der politischen Verantwortung der Militäreliten im veränderten strategischen Umfeld.

Zu diesem letzteren Thema sei der Beitrag von Prof. Klaus Naumann „Wie viel politische Verantwortung für die Militärelite?“ herausgehoben, der sich - wie bereits sehr gut in der Einleitung dargestellt - damit beschäftigt, ob auf Grund der gewandelten strategischen Lage die in Deutschland politisch sehr eng gezogenen Grenzen zwischen der politischen Führung und den Streitkräften überwunden werden müssen. Er plädiert dafür, zu einer gemeinsamen Verantwortung und Partnerschaft an der Nahtstelle von Politik und Militär zu kommen. Das ist in der Tat diskussionswürdig und ein spannendes Thema auf dem Hintergrund der anstehenden Entscheidungen zu einer neuen Struktur der Bundeswehr ! Wie wird die neue Spitzengliederung aussehen, wird das Amt des Generalinspekteurs zu einem wirklichen „Chief of Defence“ ausgestaltet werden ? Wird aus der bisher reinen militärischen Funktionselite zu mindest in Teilen auch eine Verantwortungselite ? Über welche Qualifikationen sollte eine solche Militärelite zukünftig verfügen ? Dieser Beitrag sei der Lektüre besonders empfohlen.

In einem zweiten Kapitel „Der ‚kleine Krieg‘ in der Militärgeschichte“ versucht das Jahrbuch, die historische Dimension der Grenzen des Militärischen auszuloten. Dabei geht es den Herausgebern - richtigerweise - nicht darum, Lehren aus vergangenen Kriegen zu ziehen, sondern im Blick zurück Orientierungshilfen anzubieten. In insgesamt sechs Einzelbeiträgen

werden die Erscheinungsform des „kleinen Krieges“ in historischer Perspektive behandelt:

Der „kleine Krieg“ im 18.und19. Jahrhundert, der „kleine Krieg“ in der deutschen Militärpublizistik, die Wehrmacht und der „kleine Krieg“ am Fallbeispiel der 1.Gebirgsdivision auf dem Balkan 1943/44, die Bundeswehr und der „kleine Krieg“, die sowjetische Erfahrung in Afghanistan 1978-89 und Clausewitz und die neuen Kriege heute.

Leider wird die historische Perspektive mit dieser Auswahl begrenzt auf die Neuzeit nach Herausbildung des Westfälischen Staatensystems, in dem letztendlich stehende Heere und die von ihnen geführten „großen Kriege“ den Gang der Ereignisse bestimmt haben.

In diesem Kontext sei exemplarisch der Beitrag zu Clausewitz angesprochen. Claus v. Rosen entwickelt in seinem kenntnisreichen und detaillierten Beitrag “Die heutigen Kriege nach Clausewitz. Zum Verständnis der neuen Kriege heute“, Clausewitz´ Überlegungen zu Insurrektion und Volkskrieg. Leider lässt er bei allem Kenntnisreichtum die kritische Distanz zu seinem mit Recht bewunderten Autor Clausewitz etwas vermissen, wenn er etwa zu folgender Aussage kommt:“...Clausewitz´ Petitum für die Unterdrückten sowie, dass ein Volk unüberwindlich im Kampf für seine Freiheit sei, ist unmittelbar vergleichbar (Unterstreichung durch den Autor) mit dem, was München 1972 und den 11.September ausmacht...“ Den glühenden preußischen Patrioten Clausewitz im Kampf gegen Napoleon damit gewissermaßen auf eine Stufe mit gewissenlosen Terroristen und Massenmördern zu stellen, geht dem Rezensenten dann doch etwas zu weit.

Schade ist auch, dass dieser Betrag - abgesehen von einer kurzen Fußnote - sich nicht mit clausewitz-kritischen Thesen, wie z.B. denen des israelischen Militärhistorikers Martin van Creveld, auseinandersetzt. Auf dessen Buch „The Transformation of War“, Titel der deutschen Ausgabe Die Zukunft des Krieges, hier einzugehen, würde zu weit führen, sei dem interessierten Leser jedoch empfohlen.

Mit einem dritten Kapitel „Zur Diskussion gestellt“ wird das Jahrbuch abgeschlossen mit einer kritischen Replik der Theologin Dr. Angelika Dörfler-Dierken zu einem Beitrag von Dr. Uwe Hartmann im vergangenen Jahrbuch 2009 zum Thema Erziehung zu Disziplin und Härte in der Bundeswehr. Auf den Inhalt soll hier nicht weiter eingegangen werden, der Leser mag sich selbst ein Bild der konträren Meinungen zu diesem Thema machen. Es ist dem Jahrbuch zu wünschen, dass dieses Kapitel, mit dem gleichsam ein kleines Forum zum jeweiligen Leitthema eingeführt wird, auch in Zukunft beibehalten wird !

Insgesamt ist es auch diesem Jahrbuch nicht zuletzt mit der Aktualität des Leitthemas „Die Grenzen des Militärischen“ wiederum gelungen, mit dem gewählten breiten Themenansatz eine kleine Fundgrube für Leser zu schaffen, die zu bestimmten Thematiken nach vertiefenden, die Diskussion anregenden und substantiellen Aussagen suchen. Über den Titel „Jahrbuch Innere Führung“ sollten die Herausgeber vielleicht noch einmal nachdenken. Wie wäre es mit „Jahrbuch Bundeswehr im Einsatz 2011“?