Kurier der Mellrichstädter Panzergrenadiere 5-2010
Oberst Artur Schwitalla war von Dezember 2006
bis Mitte 2007 als Kommandeur des Provincial Reconstruction Teams (PRT) Feyzabad im Afghanistan-Einsatz. Tagebuchartig,mit Fakten und Kommentaren unterfüttert, schildert er seine Erfahrungen. Es ist jedoch aufschlussreich, seine Erfahrungen vor dem Hintergrund der Medienveröffentlichungen der Jahre 2009/2010 zu lesen: Die Lage in Afghanistan hat sich offensichtlich seit 2006 dramatisch verändert.
Schwitalla liefert ein sehr anschauliches und unverfälschtes Bild der Erlebniswelt an der Basis des Afghanistan-Einsatzes, für Bundeswehr-Insider mit einem hohen Wiedererkennenswert. Die Welten des Bundeswehralltags und der singulären Herausforderungen in einer exotischen Umwelt prallen aufeinander oder stehen manchmal merkwürdig fremd nebeneinander. Banale Truppenbesuche werden mit gleichem Bemühen als Herausforderungen angegangen wie exzeptionelle
lebensbedrohende Ereignisse. Dies ist allerdings weniger auf persönliche Einstellungen zurückzuführen als auf eingeschliffene Verfahrensweisen des Systems Bundeswehr. Der Eindruck drängt sich auf, dass trotz der viel gelobten sorgfältigen vorbereitenden Ausbildung für den Einsatz die Aufgaben eine permanente Überforderung darstellen und allenfalls sehr
oberflächliche Erfolge erzielt werden.
Schwitalla hat ein sympathisches, lebendig improvisiertes, lesenswertes Buch geschrieben. Es ist nicht die Absicht des Autors, tiefschürfende
sicherheitspolitische Erkenntnisse zu vermitteln. Es wäre zu wünschen, dass sich viel häufiger einsatzerfahrene Soldaten als Autoren versuchen
und dabei vielleicht noch deutlicher ihre alles andere
als belanglosen kritischen Ansichten veröffentlichen.
Hans Bösenberg
Amazon vom 24.11.2010
Oberst Artur Schwitalla war vom 6. Dezember 2006 bis 12. Juli 2007 als Kommandeur des PRT (Provincial Reconstruction Team) FEYZABAD in Afghanistan eingesetzt.
Bei diesem Buch ist der Titel Programm. Dachte ich vor dem Lesen, dass ich doch recht gut über den Sinn und Zweck des Einsatzes der Bundeswehr am Hindukusch informiert sei - schließlich habe ich doch einiges an Reportagen gesehen - so wird mir schon während der Lektüre klar, wie wenig ich doch wusste.
Erwartet habe ich ein Buch eines Oberst der Bundeswehr, gelesen habe ich das Buch eines Menschen, der mit großer Verantwortung und Augenmaß einen Job erledigt, an dem "normale" Menschen wie ich zerbrechen würden.
Das zentrale Thema des Buches liegt nicht bei medial populären Kampfhandlungen, Überfällen oder Hinterhalten, sondern bei den Menschen, die in Afghanistan ihren Dienst tun oder dort als Landeseinwohner leben. Dem Leser wird die Mentalität dieser Landesbewohner nahegebracht, vorhandene Hierarchien erklärt, Abhängigkeiten erläutert - jedoch ohne ins Klischeehafte zu verfallen.
Auch wird klar, welche Leistung jeder einzelne Soldat dort vollbringt, was ihm abgefordert wird und wie sich - hier geschildert am Beispiel des PRT Feyzabad - der Zusammenhalt und die Zusammenarbeit der aus verschiedenen Nationen bestehenden Truppe in vielen Situationen darstellt.
Das wichtigste aber ist - ich habe eine befriedigende Antwort auf die Frage aller Fragen gefunden. Nämlich die, warum wir "unsere Freiheit am Hindukusch verteidigen".
Das tun wir nicht, sondern wir zeigen Verantwortung, die eine Exportnation mit dem Wunsch auf einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat nun mal hat. Wir leisten in erster Linie humanitäre Hilfe - somit also Hilfe zur Stabilisierung des Landes Afghanistan. Unsere Soldaten wollen nicht kämpfen, sie wollen die Hilfe für Afghanistan helfen zu sichern und zu fördern.
Was durch dieses Buch sehr deutlich wird ist, dass Übergriffe auf die UN-Schutztruppe nichts damit zu tun haben, dass diese Truppen im Land und bei den Afghanen nicht wohl gelitten wären. Sie sind vielmehr auf kriminelle Organisationen, die Taliban und temporäre Zweckbündnisse zurückzuführen.
Der einfache Afghane lebt in so großer Not, dass er für jegliche Hilfe dankbar ist.
Die Errichtung von Schulen und Kindergärten zeigen schon erste Früchte. Stammesälteste schicken ihre Kinder in Schulen - vermehrt werden sogar Töchter. So wird es kommen, dass in einigen Jahren die Kinder über mehr Bildung verfügen als die Erwachsenen. Das wissen viele Afghanen - und freuen sich, weil ihnen auch klar ist dass Bildung ein erheblicher Anteil am Weg aus der Not ist.
Insgesamt hat sich mein Bild über den Einsatz unserer Truppe in Afghanistan gehörig geändert. War ich vorher eher skeptisch, bin ich nun mächtig stolz auf unsere Jungs, die in Afghanistan erhebliches leisten.
Hans Bösenberg auf "Sicherheitspolitik Bremen"
Oberst Artur Schwitalla war von Dezember 2006 bis Mitte 2007 als Kommandeur des Provincial Reconstruction Teams (PRT) Feyzabad im Afghanistan-Einsatz. Tagebuchartig, mit Fakten und Kommentaren unterfüttert, schildert er seine Erfahrungen.
Es ist jedoch aufschlussreich, seine Erfahrungen vor dem Hintergrund der Medienveröffentlichungen der Jahre 2009/2010 zu lesen: Die Lage in Afghanistan hat sich offensichtlich seit 2006 dramatisch verändert.
Schwitalla liefert ein sehr anschauliches und unverfälschtes Bild der Erlebniswelt an der Basis des Afghanistan-Einsatzes, für Bundeswehr-Insider mit einem hohen Wiedererkennenswert. Die Welten des Bundeswehralltags und der singulären Herausforderungen in einer exotischen Umwelt prallen aufeinander oder stehen manchmal merkwürdig fremd nebeneinander. Banale Truppenbesuche werden mit gleichem Bemühen als Herausforderungen angegangen wie exzeptionelle lebensbedrohende Ereignisse. Dies ist allerdings weniger auf persönliche Einstellungen zurückzuführen als auf eingeschliffene Verfahrensweisen des Systems Bundeswehr. Der Eindruck drängt sich auf, dass trotz der viel gelobten sorgfältigen vorbereitenden Ausbildung für den Einsatz die Aufgaben eine permanente Überforderung darstellen und allenfalls sehr oberflächliche Erfolge erzielt werden.
Schwitalla hat ein sympathisches, lebendig improvisiertes, lesenswertes Buch geschrieben. Es ist nicht die Absicht des Autors, tiefschürfende sicherheitspolitische Erkenntnisse zu vermitteln. Es wäre zu wünschen, dass sich viel häufiger einsatzerfahrene Soldaten als Autoren versuchen und dabei vielleicht noch deutlicher ihre alles andere als belanglosen kritischen Ansichten veröffentlichen.
Hans Bösenberg, August 2010
Joachim Hoppe in "Kompass" 7-8/2010
Seit mehr als 8 Jahren sind deutsche Soldaten am Hindukusch. Die Meldungen über Verwundete, Traumatisierte und Getötete rücken zunehmend ins Blickfeld der Öffentlichkeit und untermauern die seit Jahren konstant skeptischen Umfrageergebnisse.
Demgegenüber steht eine Informationspolitik aller Bundesregierungen, die Realitäten und Gefahren des ISAF-Einsatzes tendenziell zu verharmlosen und lediglich anlässlich jährlich wiederkehrender Mandatsdebatten im Parlament zu thematisieren.
Zivile und militärische Entscheidungsträger mit eigenen Erfahrungen aus Afghanistan kamen und kommen zudem in den Medien höchst selten zu Wort. Ein breites Wissens- und Informationsdefizit – in weiten Teilen der Bevölkerung wie auch in den Medien selbst – ist die Folge. Mit der Publikation der Afghanistan-Erinnerungen von Artur Schwitalla setzt
der Carola HartmannMiles Verlag einen bemerkenswerten Gegenakzent. Der Autor ist Oberst des Heeres und war im Jahr 2006 verantwortlicher Kommandeur des Provincial Reconstruction Team, kurz: PRT, in Feyzabad, das neben dem PRT in Kunduz die zweite entscheidende Säule in Nordafghanistan bildet, auf der das militärische Engagement Deutschlands ruht.
Was bewegt den Autor zu diesem Buch?
„Weit ab vom Gedanken literarischer Anerkennung oder dem Anspruch akademischen Tiefgangs will ich mir und dem Kreis, der sich für diese Zeilen interessiert, diese unvergessliche Zeit und diesen einmaligen Auftrag einfach nur ein wenig näher bringen (...).“ Dies
gelingt – und zwar in sehr anschaulicher und ganz unmittelbar ansprechender Weise! Es stimmt: Schwitalla
ist kein hochtrabender Akademiker,wohl aber ein engagierter militärischer Lehrer, der dem Leser etwas über „seine“ Gebirgsprovinz hoch im Nordosten Afghanistans erklären möchte. Er berichtet von vielfältigen Begegnungen mit zivilen und militärischen Amts- und Würdenträgern,von ihrer uns fremden Mentalität,ihrer Menschlichkeit genauso wie von ihrer Unmenschlichkeit,von Unehrlichkeit,Korruption und Verbrechen. Schwitalla wird dabei immer wieder enttäuscht – oft von seinen hochrangigen afghanischen Mit- und Gegenspielern, aber mitunter auch von deutscher (Militär-) Bürokratie und den deutlich sichtbaren Grenzen der eigenen Entwicklungshilfe.
Von seinen Soldatinnen und Soldaten ist er nie enttäuscht – für sie wie für die hilfsbedürftigen Menschen Afghanistans,denen er in Feyzabad z. B.
den ersten Kindergarten seit Menschengedenken
baut, schlägt deutlich hörbar das Herz dieses engagierten Kommandeurs.
Ein sehr persönliches, ehrliches, humorvolles und lehrreiches Buch, unmissverständlich, schnörkellos und mit Herzblut geschrieben – für und
über sich selbst, seine Soldaten, den gemeinsamen unglaublich herausfordernden militärischen Auftrag – und mit klaren Botschaften für jeden interessierten Leser.
(Joachim Hoppe)
Rezension zu Artur Schwitalla: Afghanistan, jetzt weiß ich erst... Gedanken aus meiner Zeit als Kommandeur des Provincial Reconstruction Team Feyzabad, Berlin 2010, Carola Hartmann-Miles Verlag, ISBN 978-3-937885-21-6, 268 S., € 24,80