Buchlemmi im Juni 2016
Lernen von Afghanistan
Marc-André Walther, Frank Pieper, Uwe Hartmann und Fouzieh
Melanie Alamir stellen vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen in Afghanistan das breite Spektrum der Aufgaben der Bundeswehr exemplarisch am Konzept der Security Force Assistance, der Information und Kommunikation, der Reintegration von Aufständischen sowie der zivil-militärischen Zusammenarbeit dar.
Es gibt viele innovativere Wegen, die kinetische und nicht-kinetische Mittel zu synchronisieren und damit einen wichtigen, manchmal sogar wirksameren Beitrag für das Erreichen der politischen Zwecke und militärischen Ziele leisten als die einseitige Fokussierung auf Gefechte oder Wiederaufbau.
Dieses Büchlein wirft ein neues Licht auf den Einsatz in Afghanistan.
Selbst für Veteranen dürfte es viele neue Ideen zum Weiterdenken anbieten.
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Afghanistan-Einsatz
Weder originell noch neu . . .
Wenn auf einem Dorfplatz die Tötung eines Taliban-Führers zur Ermordung einer unschuldigen afghanischen Familie uminterpretiert wird, hat die Sicherheitsoperation mehr Schaden als Nutzen erzeugt.
26.05.2015, von HANS-DIETER WICHTER
© DPA
Kleines Büchlein, großer Anspruch: Lehren aus dem unvollendeten Afghanistan-Einsatz ziehen. Die brauchbarste Erkenntnis aus der Verteidigung deutscher Sicherheit am Hindukusch trägt die Politikberaterin Fouzieh Melanie Alarmir leider erst zum Schluss bei. Der weitere Aufbau eines afghanischen Staates nur mit Hilfe von Nichtregierungsorganisationen (NGO) und international ausgeliehenen Beamten wird ohne die beendete militärische Unterstützung der Nato-Mission Isaf noch schleppender und weniger erfolgreich sein. Sie trug zum Schutz der NGO und des mühseligen zivilen Aufbaus bei. Das Bündnis half mit personellen und materiellen Ressourcen. Der jahrelange Einsatz im archaischen Afghanistan wurde aber zu teuer - bei überschaubaren Erfolgen. Deshalb das Ende.
Ist die Alternative für Interventionen „schnell rein, befrieden, rasch wieder raus“ eine Lehre aus Afghanistan? Eigentlich nicht. Denn ohne Stabilisierung werden Konflikte nach Abzug der Interventionskräfte wieder sofort und härter ausbrechen. Die von Bundeswehroffizieren verfassten drei weiteren Beiträge behandeln Teilaspekte des ISAF-Einsatzes. Marc-André Walter untersucht die Ausbildungs- und Führungszusammenarbeit mit den afghanischen Sicherheitskräften. Isaf bildete aus und führte gemeinsame Operationen. Jetzt wird von der Nato nur noch ausgebildet und beraten. Das neue Konzept sei vielversprechend. Ob es funktioniert, liege aber am Willen der Politik. Frank Pieper widmet sich der „Information und Kommunikation in Einsätzen“. Wie findet die Vermittlung in einer misstrauischen Gesellschaft statt, in der neben Mobiltelefon, Radio und TV auch Hörensagen und Palaver als wichtige Methoden der Wahrheitsfindung angesehen werden? Wenn auf dem Dorfplatz die Tötung eines Taliban-Führers zur Ermordung einer unschuldigen afghanischen Familie uminterpretiert wird, hat die Sicherheitsoperation mehr Schaden als Nutzen erzeugt. Leider kommt die Analyse dieser Mechanismen zu kurz. Schließlich geht Uwe Hartmann der Frage nach, wie ehemalige Aufständische wieder in den afghanischen Staat integriert werden können. Er meint, dass diese Reintegration doch eigentlich erfolgreich war. In der Einleitung empfiehlt Hartmann als Herausgeber, sich bei Einsätzen nicht allein auf „kinetische Operationen“ zu verlassen. Innovative Lösungen wie die im Büchlein beschriebenen seien gefragt. Aber die sind weder originell noch wirklich neu. Fazit: Zu Isaf wenig Neues!
Uwe Hartmann (Herausgeber): Lernen von Afghanistan. Innovative Mittel und Wege für Auslandseinsätze. Miles-Verlag, Berlin 2015. 128 S., 9,80 €.
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Quelle: F.A.Z.
http://www.faz.net/aktuell/politik/politische-buecher/lernen-von-afghanistan-kleines-buch-grosser-anspruch-13599068.html